#18: Autoindustrie: Wenn Menschen nur noch Zahlen sind
Shownotes
Die deutsche Automobilindustrie, ein Pfeiler der Exportindustrie, steckt in der (Absatz-)Krise. Verschlafene E-Mobilität, zu viel Fokus auf teure Luxusmodelle, zu hohe Lohnkosten - es mangelt nicht an Erklärungen, woran es angeblich hapert im unerbittlichen Wettrennen um globale Marktanteile. Doch wie geht es überhaupt den Beschäftigten in den Werkshallen? Wir schauen am Beispiel vom VW-Werk Baunatal bei Kassel genauer hin, sprechen über entfremdete Arbeit und wie sich Konflikte um die sozial-ökologische Transformation im Alltag der Belegschaften zeigen. Unser Interviewgast ist Rhonda Koch. Sie ist Referentin beim Betriebsrat in Baunatal und promoviert unter anderem zur Frage, wie Automobilarbeiter*innen die Klimakrise erfahren.
Schreibt uns an: armutszeugnis@rosalux.org
Shownotes:
Stephan Krull: Lohnraub und Arbeitszeitverlängerung bei Volkswagen, 1. Juli 2025
Thomas Goes: Eine andere Autowirtschaft ist möglich. Sozialökologische Wege aus der Krise der Fahrzeugindustrie. Neues Deutschland, 9. Januar 2025
Stephan Kaufmann: Autobranche: Krisenüberwindung auf Kosten der Beschäftigten. Neues Deutschland, 30.9.2024
Mario Candeias/Stephan Krull (Hrsg.): Spurwechsel. Studien zu Mobilitätsindustrien, Beschäftigungspotenzialen und alternativer Produktion. Januar 2022, Hamburg. Siehe auch das Dossier Spurwechsel der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Johannes Schulten/Jörn Böwe: Die Transformation der globalen Automobilindustrie. Trend, Deutungen, sozialökologische Handlungsstrategien. Ein Handbuch für die gewerkschaftliche und politische Praxis. März 2023. Châtelaine.
Richard Detje/Dieter Sauer: Solidarität in der Transformation. Fortschrittspotenziale in Zeiten der Krise. Juli 2021, Berlin
Klaus Dörre/Steffen Liebig/Kim Lucht/Johanna Sittel: Klasse gegen Klima? Transformationskonflikte in der Autoindustrie. Berliner Journal für Soziologie Nr. 34, Dezember 2023.
IG Metall/ADFC/Allianz pro Schiene/EVG/Zukunft Fahrrad: Die Verkehrswende starten. Ökologisch, ökonomisch, sozial. Januar 2024
„Vier Ideen, wie wir die AfD besiegen können“ – Klaus Dörre im Gespräch mit Elsa Koester. Der Freitag Podcast, 14. Februar 2024
Alle Podcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung: www.rosalux.de/podcasts
Du möchtest keine Podcast-Folge mehr verpassen? Abonniere unseren monatlichen Newsletter.
Transkript anzeigen
Sabine Nuss: Herzlich willkommen zur 18. Folge von Armutszeugnis, dem Wirtschaftspodcast
Sabine Nuss: der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Sabine Nuss: Hallo an alle, die uns gerade zuhören. Hallo, liebe Eva.
Eva Völpel: Hallo, Sabine.
Sabine Nuss: Wir wollen heute über die Autoindustrie sprechen. Warum?
Sabine Nuss: Expertinnen und Experten sagen, zumindest habe ich das so gelesen,
Sabine Nuss: dass die Autoindustrie sich derzeit in einer der größten Umbruchphasen ihrer Geschichte befindet.
Sabine Nuss: Im Wesentlichen hängt es am Wechsel vom Verbrennermotor zu Elektroantrieben.
Sabine Nuss: Das ist ja auch so ein bisschen so ein kleiner Kulturkampf mittlerweile.
Sabine Nuss: Es hängt natürlich auch die Digitalisierung damit zusammen, die Entwicklung
Sabine Nuss: neuer Mobilitätskonzepte.
Sabine Nuss: Aber was auch dazu kommt, jenseits dieser technischen Seite,
Sabine Nuss: ist, dass die Branche seit einiger Zeit unter einer sogenannten schwachen Nachfrage leidet.
Sabine Nuss: Ich habe mal nachgeguckt und habe gefunden, dass im Jahr 2023 weltweit vier
Sabine Nuss: Millionen Autos schlicht und ergreifend sich nicht verkauft haben,
Sabine Nuss: also klassische kapitalistische Überproduktion.
Sabine Nuss: Die vier Millionen, die ich gerade gesagt habe, beziehen sich übrigens auf die
Sabine Nuss: globale Produktion und wir richten den Fokus jetzt aber bei unserer Auseinandersetzung
Sabine Nuss: mit der Autoindustrie auf den Standort Deutschland.
Sabine Nuss: Und das führt unter anderem auch noch andere Aspekte, aber auch das zu einem
Sabine Nuss: Verlust an Arbeitsplätzen und die Tendenz sieht da eher nicht so gut aus.
Sabine Nuss: Hersteller- und Zuliefererplan weitere Entlassungen.
Sabine Nuss: Es wird auch von Standortverlagerungen ins Ausland geredet, wenn dort die Löhne
Sabine Nuss: billiger sind zum Beispiel, das heißt im Rahmen eines des üblichen unerbittlichen,
Sabine Nuss: kapitalistischen Konkurrenzkampfs um globale Marktanteile, wo auch die zentrale
Sabine Nuss: Frage ist, wer hat eigentlich die Nase vorn bei der E-Mobilität?
Sabine Nuss: Die Antwort jener, die von diesen Verhältnissen auch profitieren,
Sabine Nuss: also die Eigentümerinnen an den Fabriken, ist die Beschäftigten,
Sabine Nuss: die eben da noch übrig bleiben, sollen mehr arbeiten,
Sabine Nuss: effizienter arbeiten, verdichteter und natürlich für weniger Geld.
Sabine Nuss: Wir wollen jetzt in dieser Folge nicht diese große makroökonomische Perspektive
Sabine Nuss: einnehmen, sondern wir wollen mal in die Fabrik gehen und mal gucken,
Sabine Nuss: was das eigentlich mit den Menschen macht, die dort vor Ort arbeiten,
Sabine Nuss: weil diese Arbeitsrealitäten eigentlich in der öffentlichen Debatte viel zu selten vorkommen.
Sabine Nuss: Dabei ist es so, dass die Beschäftigten in der Autoindustrie mit den Zuliefererbetrieben
Sabine Nuss: insgesamt derzeit 780.000 Menschen ausmachen in Deutschland.
Sabine Nuss: Und genau die stehen mitten im Zentrum dieser großen Auseinandersetzung,
Sabine Nuss: von denen ich jetzt einleitend gesprochen habe.
Sabine Nuss: Eva, du hast zu diesem Thema ein Interview geführt mit Ronda Koch.
Sabine Nuss: Ronda arbeitet als Referentin für den Betriebsrat des VW-Werks Baunatal bei
Sabine Nuss: Kassel und sie forscht gleichzeitig in dem VW-Werk für ihre Dissertation.
Sabine Nuss: Wie bist du überhaupt auf Ronda gekommen und vor allen Dingen auf diesen ganz
Sabine Nuss: speziellen Zugriff auf das Thema?
Eva Völpel: Ja, wir haben ja das Thema Krise in der Autoindustrie immer mal wieder in unseren
Eva Völpel: Podcasts gestreift. Einmal, glaube ich, in der Folge zur Wettbewerbsfähigkeit
Eva Völpel: und dann auch in der Frage oder in der Folge zur Aufrüstung.
Eva Völpel: Und mich hat immer so ein bisschen auch die Frage umgetrieben,
Eva Völpel: oder sie treibt mich auch immer noch um, was macht es eigentlich,
Eva Völpel: wenn jetzt in den Kernzonen der Industriearbeit,
Eva Völpel: also bei gut bezahlten, meist noch mit einem hohen Status und sozialer Sicherheit
Eva Völpel: versehenen Jobs, wenn da Arbeitsplätze verloren gehen,
Eva Völpel: dass man unweigerlich denkt, okay, das ist auch ein weiteres Einfallstor für die Menschen.
Eva Völpel: Die AfD, also diese sozialen Abstiegsängste und die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust
Eva Völpel: sozusagen zu instrumentalisieren, auszunutzen, um neue WählerInnen für sich zu gewinnen.
Eva Völpel: Das heißt, mich hat die Frage beschäftigt, was macht man dagegen eigentlich, was kann man tun?
Eva Völpel: Und dann traf ich auf einer Geburtstagsfeier Ronda Koch und hatte die länger nicht gesehen.
Eva Völpel: Also man muss dazu sagen, Ronda ist eine ehemalige Kollegin,
Eva Völpel: auch aus der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Sie hat da auch mal gearbeitet und wir
Eva Völpel: kamen ins Gespräch und ich habe gefragt, was machst du eigentlich gerade?
Eva Völpel: Und dann erzählte sie von ihrer Arbeit in diesem VW-Werk.
Eva Völpel: Und ich fand es wahnsinnig spannend. Wir begannen also mit der AfD-Frage und
Eva Völpel: dann hat sie aber angefangen einfach zu erzählen, wie die Arbeit für die Kollegin da läuft.
Eva Völpel: Und es war eine wahnsinnig lebensnahe, einprägende Erzählung.
Eva Völpel: Und zum einen...
Eva Völpel: Es mir nochmal so klar gemacht, wie entfremdet und unter welchen Bedingungen
Eva Völpel: die Leute da eigentlich arbeiten.
Eva Völpel: Und zum anderen fand ich diesen Punkt so eindrücklich, wie sie geschildert hat,
Eva Völpel: dass diese große gesamtgesellschaftliche Transformation,
Eva Völpel: also der Wechsel hin zur E-Mobilität, wie sich das eigentlich in den Betrieben
Eva Völpel: übersetzt in die kleine Transformation auf betrieblicher Ebene und wie sozusagen
Eva Völpel: die schlechten Bedingungen zu denen auf der Betriebsebene die Leute transformiert werden,
Eva Völpel: wie sie dann auch sagen. Das erzählt auch Ronda später.
Eva Völpel: Wie das zurückwirkt auf die großen politischen Debatten wiederum um die sozial-ökologische Frage.
Eva Völpel: Also wo da auch eine Ablehnungshaltung dann zum Teil entsteht gegen irgendwie
Eva Völpel: den Wechsel hin zur E-Mobilität und warum dann auch teilweise rechte Kräfte Zulauf erhalten.
Eva Völpel: Und das fand ich so interessant, dass ich gedacht habe, wir müssen Ronda unbedingt
Eva Völpel: mal einladen, denn eine These von ihr ist auch, wir müssen erst einmal diese
Eva Völpel: Realität der Beschäftigten wahrnehmen, also wir müssen verstehen und anerkennen,
Eva Völpel: wie die heutzutage arbeiten müssen.
Eva Völpel: Bevor wir überhaupt über so Allianzen nachdenken können, im ganz Großen,
Eva Völpel: um die sozial-ökologische Wende oder eben eine gesamte Mobilitätswende voranzubringen.
Eva Völpel: Weil da gibt es ja auch viele Leute aus der Klimabewegung, die darüber nachdenken,
Eva Völpel: wie schaffen wir das, da mehr Druck zu entwickeln.
Eva Völpel: Und es ist ja völlig klar, ohne das gemeinsam mit den Beschäftigten,
Eva Völpel: auch in der Automobilindustrie zu tun, wird das keine Chancen haben,
Eva Völpel: wird das keine Kraft entwickeln.
Eva Völpel: Und deswegen habe ich gedacht, wir müssen unbedingt mal Interview mit Ronda machen.
Sabine Nuss: Sehr schön. Vielleicht kann ich noch ergänzen, wir stellen ja trotzdem ein paar
Sabine Nuss: weiterführende Literaturhinweise in die Shownotes, Eva, oder?
Eva Völpel: Genau, das machen wir auf jeden Fall und zwar zu den Themen,
Eva Völpel: die du jetzt angerissen hast.
Eva Völpel: Also auch nochmal zu die große Ebene, warum steckt die Automobilindustrie eigentlich in der Krise?
Sabine Nuss: Genau und ergänzen kann man vielleicht auch nochmal auf die Folgen von unserem
Sabine Nuss: Podcast hinweisen, die ganz gut dazu passen,
Sabine Nuss: nämlich die zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit 9 und 10 und auch die eigentlich
Sabine Nuss: zum Klima, Folge 14, die passen als Ergänzung auch gut dazu.
Sabine Nuss: Okay Eva, dann lass uns mal reinhören in das Interview.
Eva Völpel: Ja, warte, ganz kurz bevor wir starten. Eine kurze Erklärung.
Eva Völpel: Ronda erwähnt ziemlich zu Anfang den Taylorismus.
Eva Völpel: Und da vielleicht nochmal ganz kurz einen Satz zu.
Eva Völpel: Frederick Winslow Taylor, das war ein Ingenieur und der gilt auch so als einer
Eva Völpel: der Mitbegründer der Arbeitswissenschaften.
Eva Völpel: Der hat im späten 19. frühen 20. Jahrhundert so eine Management-Theorie entwickelt,
Eva Völpel: um die Arbeit effizienter zu organisieren.
Eva Völpel: Und da geht es eben darum, wie man Arbeitsabläufe rationalisiert,
Eva Völpel: indem die so zerlegt werden in ganz einfache, kleinteilige und immer wiederholbare Aufgaben.
Eva Völpel: Und Ronda führt das dann auch so ein bisschen aus, aber sie prägt halt diesen
Eva Völpel: Begriff so ein, zwei Mal und das wollte ich kurz vorab dann nochmal einführen.
Eva Völpel: Und wir werden dieses Interview heute mal in Gänze absenden und wir beide unterhalten
Eva Völpel: uns dann am Ende nochmal kurz darüber.
Sabine Nuss: Genau.
Eva Völpel: Also dann geht's los.
Eva Völpel: Ja, Ronda, ich freue mich sehr, dass wir heute das Interview miteinander führen
Eva Völpel: können. Kannst du dich kurz vorstellen, was du arbeitest?
Rhonda Koch: Ja, ich bin Soziologin, habe eigentlich Philosophie studiert,
Rhonda Koch: schreibe jetzt eine Doktorarbeit in Soziologie, arbeite aber in Teilzeit als
Rhonda Koch: Referentin beim Betriebsrat im Volkswagen-Werk in Baunatal, das ist in der Nähe von Kassel,
Rhonda Koch: mit und kann so quasi Betriebsratsarbeit kombinieren mit meiner Forschung im Betrieb.
Eva Völpel: Und worum dreht sich deine Forschung?
Rhonda Koch: Also eigentlich interessiere ich mich dafür, wie Automobilarbeiterinnen über
Rhonda Koch: die Klimakrise denken, wie sie die Klimakrise verarbeiten.
Rhonda Koch: Und mit der Zeit wird das Thema, so wie das immer bei so Promotionsprojekten ist, immer größer.
Rhonda Koch: Mittlerweile interessiere ich mich eigentlich für die Frage,
Rhonda Koch: wie die BaunatalerInnen und Baunataler eigentlich die Welt, in der sie leben, erfahren.
Eva Völpel: Ah, okay, sehr interessant. Wir steigen direkt mal ein mit einem Blick auf die Zustände bei VW.
Eva Völpel: VW Baunatal oder das Werk in Kassel-Baunatal, das ist ja ein sogenanntes Komponentenwerk.
Eva Völpel: Was heißt das eigentlich genau und wie viele Menschen arbeiten da insgesamt an dem Standort?
Eva Völpel: Und vor allen Dingen, wie viele Menschen arbeiten eigentlich so richtig in der
Eva Völpel: Fertigung oder in der Halle?
Eva Völpel: Ich habe gelernt, man sagt dazu auch auf dem Hallenboden.
Rhonda Koch: Genau, Baunatal ist ein Komponentenwerk. Das heißt einfach nur,
Rhonda Koch: dass quasi keine fertigen Autos aus dem Werk rausfahren, sondern Komponenten
Rhonda Koch: für Autos produziert werden.
Rhonda Koch: Im Baunatal war das lange und sind immer noch vor allem Getriebe für Autos,
Rhonda Koch: also keine Verbrennermotoren, sondern die Getriebe für die Autos.
Rhonda Koch: Und mittlerweile ist das Werk eben, befindet sich in Transformation,
Rhonda Koch: wie man es auch im Unternehmen selber so sagt.
Rhonda Koch: Das bedeutet, es gibt eine ziemlich große Umstellung eigentlich fast aller Abteilungen
Rhonda Koch: hin zur Elektromobilität.
Rhonda Koch: Also mittlerweile werden an dem Standort insbesondere Stratoren für die E-Motoren hergestellt.
Rhonda Koch: Genau, und insgesamt arbeiten so in etwa 15.000 Menschen in Baunatal,
Rhonda Koch: von denen so circa 10.000 in der direkten Produktion arbeiten,
Rhonda Koch: sprich auf dem Hallenboden.
Rhonda Koch: Wenn man sagt, jemand arbeitet auf dem Hallenboden, dann meint man damit meistens
Rhonda Koch: Menschen, die in der Montage, in der Fertigung arbeiten oder eben so den klassischen Facharbeiter.
Eva Völpel: Nun ist es ja so, dass eine Arbeit bei VW landläufig ja immer noch als ein sehr
Eva Völpel: privilegierter Job gilt.
Eva Völpel: Also die Arbeit ist gut qualifiziert oder da arbeiten Leute,
Eva Völpel: die gut qualifiziert sind.
Eva Völpel: Sie ist gut entlohnt und es gibt in den meisten Werken in der Automobilindustrie
Eva Völpel: oder ich glaube in fast allen einen hohen Grad an gewerkschaftlicher Organisierung.
Eva Völpel: Ich hatte gelesen, in Kassel sind das sogar so um die 90 Prozent.
Eva Völpel: Es gibt einen hohen Grad an betrieblicher Mitbestimmung.
Eva Völpel: Das klingt ja alles erstmal super, aber in unserem Vorgespräch zum Interview
Eva Völpel: hattest du ja schon mal so gesagt, wir müssen wieder viel mehr über Entfremdung
Eva Völpel: in der Arbeit sprechen und darüber, was auf dem Hallenboden wirklich los ist.
Eva Völpel: Was ist denn da wirklich los?
Rhonda Koch: Also das ist eine gute Frage. Ich wollte vielleicht nochmal eine Sache zur Entlohnung
Rhonda Koch: von Automobiliarbeitern insgesamt sagen, weil das jetzt auch mit dem Tarifkonflikt
Rhonda Koch: letztes Jahr wieder Thema war, dass die überdurchschnittlich viel verdienen.
Rhonda Koch: Und so richtig stimmt das eigentlich auch nicht. Also wenn man sich sozusagen
Rhonda Koch: anguckt, was jemand verdient, der jetzt da zum Beispiel in der Montage arbeitet,
Rhonda Koch: dann sind das in etwa so 4.300 brutto, wo natürlich das ist besonders Schichtzulagen draufkommen.
Rhonda Koch: Also wenn ich in der Nacht in
Rhonda Koch: der Montage arbeite, bekomme ich auf mein Entgelt 25 Prozent mehr drauf.
Rhonda Koch: Also das ist schon viel, aber am Ende des Tages sozusagen sind wir nicht meilenweit
Rhonda Koch: entfernt quasi vom Durchschnittsbruttoverdienst in Deutschland,
Rhonda Koch: der ja gerade so bei 4000 Euro liegt.
Rhonda Koch: Trotzdem verdienen die gut, will ich gar nicht in Abrede stellen,
Rhonda Koch: aber manchmal verliert man diese Relation und hat so eine Imagination des Automobilarbeiters
Rhonda Koch: oder der Automobilarbeiterin, die so ein bisschen wie die Made im Speck lebt.
Rhonda Koch: Und das ist eigentlich auch nicht mehr so der Fall, vor allem auch über die
Rhonda Koch: Zeit hat sich das sozusagen auch so ein bisschen eingestellt.
Rhonda Koch: Aber das vielleicht nur so vorweg, weil es wichtig ist auch,
Rhonda Koch: wenn man politisch sozusagen über den Automobilarbeiterspricht.
Rhonda Koch: Und ansonsten ist, glaube ich, wenn man sich fragt, wie sieht eigentlich die
Rhonda Koch: Arbeit am Hallenboden aus.
Rhonda Koch: Glaube ich schon am hilfreichsten, wenn man so ein bisschen in die Geschichte
Rhonda Koch: der Automobilarbeit reinguckt und sich quasi anguckt, was hat sich verändert
Rhonda Koch: über die Zeit und was ist eigentlich ziemlich gleich geblieben.
Rhonda Koch: Und viele von uns haben ja wahrscheinlich diese Charlie Chaplin-Fabrik von vor
Rhonda Koch: gefühlt 100 Jahren im Kopf, also so die erste Ford-Fabrik in Detroit aus den 1905- und 1910er,
Rhonda Koch: Jahren und das ist eigentlich ein Bild, was natürlich irgendwie uralt ist, aber es gibt eben viele
Rhonda Koch: Elemente von diesem klassischen Tellerismus, die du nach wie vor auf dem Hallenboden
Rhonda Koch: eigentlich ziemlich ähnlich wiederfindest.
Rhonda Koch: Also es gibt zum Beispiel diese bestimmte Charakteristika der tellerisierten
Rhonda Koch: Arbeit ist, dass konzeptionelle und ausführende Arbeit komplett getrennt sind.
Rhonda Koch: Und das merkst du natürlich total.
Rhonda Koch: Also wenn du auf dem Hallenboden arbeitest, bedeutet das, dass du bist rein ausführend.
Rhonda Koch: Es gibt jemand anderes, der hat den Plan und du musst diesen Plan millimetergenau
Rhonda Koch: eigentlich ausführen. Es ist ein klassisches Charakteristika,
Rhonda Koch: das sieht man überall in der Halle.
Rhonda Koch: Dann natürlich ganz typisch für einen Taylorismus, was immer noch genauso ist,
Rhonda Koch: dass die Arbeit insgesamt in so Kleinstoperationen zergliedert wird.
Rhonda Koch: Also in der Soziologie gibt es einen Soziologen, Harry Braverman,
Rhonda Koch: der hat das schon ganz früh angeguckt. Der sagt zum Beispiel,
Rhonda Koch: dadurch werden die Arbeiter zu Detailarbeitern degradiert.
Rhonda Koch: Also du arbeitest wirklich nur an einem kleinen Stück. Und es ist tatsächlich
Rhonda Koch: auch so, wenn ich Kollegen frage, an was arbeitest du?
Rhonda Koch: Es ist nicht garantiert, dass sie dir sagen können, an welchem Punkt des Autos
Rhonda Koch: sie sozusagen gerade etwas entwickeln.
Rhonda Koch: Geschweige denn, die erklären können wirklich, was sie da eigentlich genau gerade herstellen.
Rhonda Koch: Also das sind sozusagen so, würde ich sagen, auf jeden Fall so Kontinuitäten
Rhonda Koch: des Taylorismus, ist, wo einem einfach klar sein muss, dass das weiterhin so ist.
Rhonda Koch: Weil man ja viel auch irgendwie dann so in den 18 Jahren vor allem so über Humanisierung
Rhonda Koch: der Arbeit und Teamarbeit gesprochen hat und manchmal bleibt es so hängen,
Rhonda Koch: als wäre das jetzt so gewesen oder würden die da jetzt sozusagen in Teamarbeit
Rhonda Koch: und so arbeiten und das ist definitiv nicht so.
Rhonda Koch: Und gleichzeitig hat sich natürlich viel verändert über die 100 Jahre.
Rhonda Koch: Ich würde sagen, so zwei Sachen, die so ganz viel besprochen werden.
Rhonda Koch: Das eine ist natürlich Automation, Digitalisierung, jetzt im Grunde auch die
Rhonda Koch: Dekarbonisierung der Werke, wo auf jeden Fall die Kollegen das auch selber mir
Rhonda Koch: immer wieder so beschreiben.
Rhonda Koch: Wenn ich gerade mit so Kollegen spreche, die einfach seit 40 Jahren bei Volkswagen
Rhonda Koch: arbeiten, was hat sich verändert?
Rhonda Koch: Die sagen, die Arbeit ist nicht mehr so körperlich schwer, weil die Maschinen ihnen Arbeit abnehmen.
Rhonda Koch: Also vor allem gefährliche Arbeit gießen, wo man sich schnell verbrennen kann,
Rhonda Koch: schwere Lasten heben und so weiter. Die Robotik ist total eingestiegen.
Rhonda Koch: Das sind sozusagen auch positive Entwicklungen, wenn man so will.
Rhonda Koch: Gleichzeitig, und das zeigen halt auch viele Studien, ist aber durch die Automation
Rhonda Koch: insgesamt die Arbeit nicht leichter geworden im Sinne von weniger,
Rhonda Koch: sondern Arbeitsverdichtung hat stattgefunden.
Rhonda Koch: Es gibt mehr Stress auf Arbeit und tatsächlich auch mehr psychische Belastung.
Rhonda Koch: Wenn man sich das so überlegt, dann kann man sich das, finde ich,
Rhonda Koch: auch immer ganz gut vorstellen. Ich habe auch selber ein bisschen mitgearbeitet
Rhonda Koch: in der Montage und da merkt man es richtig.
Rhonda Koch: Die Maschinen, die klauen einem auch das Handwerk. Also die nehmen einem richtig
Rhonda Koch: und mir jetzt persönlich natürlich nicht, aber den Kollegen,
Rhonda Koch: die da seit 20 Jahren arbeiten, denen wird richtig Erfahrung geklaut,
Rhonda Koch: Wissen geklaut, was dann einfach die Maschine übernimmt und du wirst sozusagen
Rhonda Koch: noch mehr zur ausführenden Kraft. Das ist auf jeden Fall eine Entwicklung.
Rhonda Koch: Aber bevor ich jetzt gleich am Anfang zu viel rede, ich glaube,
Rhonda Koch: die zweite Entwicklung, die ist wirklich wichtig, die man auch länger sozusagen
Rhonda Koch: sich angucken und genauer studieren muss, weil sie politisch jetzt,
Rhonda Koch: glaube ich, von Relevanz hat,
Rhonda Koch: ist eigentlich sozusagen die, wie die Betriebe geführt werden mittlerweile, also die Autofabriken.
Rhonda Koch: Da gibt es eine große Debatte auch in der Wissenschaft dazu,
Rhonda Koch: aber im Grunde sozusagen geht es unter dem Stichwort der vermarktlichten Unternehmen
Rhonda Koch: oder der inneren Vermarktlichung diskutiert, womit eigentlich sowas gemeint ist wie die,
Rhonda Koch: Das ist eine organisatorische Reaktion der Unternehmen auf Globalisierung,
Rhonda Koch: Weltmarktkonkurrenz, instabilere Märkte und so weiter.
Rhonda Koch: Wo im Grunde die Unternehmen gesagt haben, wir müssen irgendwie die Unternehmen
Rhonda Koch: jetzt so führen, dass sie quasi sensibler auf Markterfordernisse reagieren können.
Rhonda Koch: Klaus Dörre zum Beispiel nennt das das flexibel marktzentrierte Arbeits- und Produktionsmodell.
Rhonda Koch: Damit ist eigentlich gemeint, dass du quasi in diesen Fabriken nicht mehr so
Rhonda Koch: diese klassische Top-Down-Organisation hast, sondern es sozusagen eine dezentrale
Rhonda Koch: Zergliederung quasi in einzelne Organisationseinheiten gibt.
Rhonda Koch: Und das kenne ich total jetzt auch da außer Mitarbeit und wenn ich unterwegs
Rhonda Koch: bin. Jede Abteilung ist quasi nicht einfach nur eine Abteilung,
Rhonda Koch: die bestimmte Aufgaben und Tätigkeiten verrichtet, sondern die sind immer Kostenstellen.
Rhonda Koch: Also die haben ihre eigenen Zahlen und Gewinne sozusagen zu realisieren.
Rhonda Koch: Und das produziert natürlich total Verantwortungsdelegation nach unten.
Rhonda Koch: Also jeder Einzelne wird plötzlich sozusagen unmittelbar eigentlich mit dem Markt konfrontiert.
Rhonda Koch: Weil wenn du deine Arbeit nicht machst, dann kommen wir auf dem Markt nicht
Rhonda Koch: voran und dann haben wir hier so ein richtiges Problem.
Rhonda Koch: Und das Zweite, was damit einhergeht, ist, dass diese innere Vermarktlichung
Rhonda Koch: gleichzeitig die Art, wie die Arbeit kontrolliert wird, also wie Herrschaft
Rhonda Koch: funktioniert im Betrieb, anders ist.
Rhonda Koch: Eine Arbeitssoziologin, die ich total cool finde, Sarah Nies,
Rhonda Koch: die lese ich ganz viel, die beschreibt es so, dass sie sagt,
Rhonda Koch: früher gab es direkte Steuerung, also direkte Kontrolle quasi oder disziplinar macht.
Rhonda Koch: Heute ist eher indirekte Steuerung. Das nennt sie Herrschaft durch Abwesenheit.
Rhonda Koch: Und das ist wirklich was, was ich von den Kollegen ganz viel zu hören bekomme.
Rhonda Koch: Also du hast Probleme auf der Arbeit. Maschine läuft nicht.
Rhonda Koch: Läuft schon wieder nichts. Ganz oft, dass die Maschinen sozusagen immer wieder
Rhonda Koch: denselben Fehler produzieren.
Rhonda Koch: Aber du kannst es nicht kommunizieren bis zum Ende. Du setzt es ab quasi morgens
Rhonda Koch: bei der Übergabe als Problem, aber es wird nicht behoben. Du kriegst den entsprechenden
Rhonda Koch: Unterabteilungsleiter nicht zu Wort.
Rhonda Koch: Und das ist eine soziale Struktur, die, glaube ich, richtig Wut produziert,
Rhonda Koch: weil du deine Konflikte nicht besprechen kannst.
Rhonda Koch: In der Soziologie nennt man das adressatenlose Wut, die dadurch produziert wird auf dem Hallenboden.
Eva Völpel: Okay, das ist, finde ich, sehr eindrücklich, wie du das schilderst.
Eva Völpel: Das heißt, man hat eigentlich eine Situation,
Eva Völpel: wo der Druck des Marktes nochmal viel stärker an die Leute nach unten durchgereicht
Eva Völpel: wird, aber sie gleichzeitig weder die Rückmeldung geben können,
Eva Völpel: wenn es schief läuft oder das wird nicht adäquat bearbeitet.
Eva Völpel: Aber vor allen Dingen ist ja ganz sicherlich nicht damit einhergegangen,
Eva Völpel: dass die Leute tatsächlich mehr Möglichkeiten
Eva Völpel: haben, über ganz zentrale Produktionsfragen mitzuentscheiden.
Rhonda Koch: Richtig, also das hast du eigentlich genau richtig zusammengefasst.
Eva Völpel: Okay, ja, du hast jetzt schon gesagt, das sorgt für sehr viel Wut.
Eva Völpel: Ich wollte nochmal fragen, weil ich das gelesen hatte in einer Studie von dem
Eva Völpel: Soziologen Klaus Dörre und weiteren KollegInnen, die würden wir auch verlinken in den Shownotes.
Eva Völpel: Da fand ich das interessant, die haben ja viele Interviews geführt mit Beschäftigten,
Eva Völpel: dass so die Beschreibung dessen, wie auch ein Arbeitsalltag empfunden wird und
Eva Völpel: wie auch Freizeit nur noch empfunden wird, dass das auch so drastisch ist.
Eva Völpel: Also dass so dieses Gefühl ist, man kommt eigentlich nur noch völlig ausgelaugt
Eva Völpel: durch den Arbeitstag, was auch damit zu tun hat,
Eva Völpel: dass es ein sehr, sehr herausforderndes Schichtsystem gibt und auch eine sehr
Eva Völpel: enge Taktung, in der man arbeiten muss.
Eva Völpel: Vielleicht kannst du uns da nochmal ein bisschen anschaulich erzählen,
Eva Völpel: was bedeutet das eigentlich?
Eva Völpel: Also wie wechseln die Schichten?
Eva Völpel: Wie viele Tage hintereinander muss ich da vielleicht kloppen?
Eva Völpel: Und was sind das für Takte, in denen ich da funktionieren muss auf dem Hallenboden?
Rhonda Koch: Also das ist im Grunde, kann man sozusagen sagen, klassisch Dreischichtsystem.
Rhonda Koch: Das bedeutet, dass du eine Woche Frühschicht hast, die beginnt um 6.30 Uhr und endet um 14.30 Uhr.
Rhonda Koch: Die Woche drauf machst du eine Spätschicht von 14.30 Uhr bis 22.30 Uhr und die
Rhonda Koch: Woche drauf kommst du dann sozusagen in die Nachtschicht.
Rhonda Koch: Und das quasi, wenn du jetzt bei Volkswagen arbeitest als Stammarbeiterin oder
Rhonda Koch: Stammarbeiter, da machst du genau dieses Modell einfach 40 Jahre lang durchgehend.
Rhonda Koch: Und ich habe das quasi einfach nur mal drei Wochen mitgemacht,
Rhonda Koch: um so ein bisschen einmal einen Einblick da rein zu bekommen.
Rhonda Koch: Und was man schon sagen muss, ist, dass dieser Takt oder diese Taktung durch
Rhonda Koch: die Schichtarbeit extrem deinen sozialen Alltag prägt. Also du läufst quasi
Rhonda Koch: eigentlich immer schräg sozusagen zu dem Lebensalltag der anderen.
Rhonda Koch: Also wenn du Nachtarbeit hast, bist du nicht in der Lage sozusagen deinen Tag
Rhonda Koch: gut zu gestalten. Das können ja auch Pflegekräfte und andere Lied von singen.
Rhonda Koch: Wenn du Frühschicht hast, bist du eigentlich nachmittags zu müde,
Rhonda Koch: um abends noch sozusagen in den Verein zu gehen und Fußball zu spielen.
Rhonda Koch: Und wenn du Spätschicht hast, das ist eigentlich, finde ich,
Rhonda Koch: fast die Schicht, die dir am meisten sozusagen Freizeit klaut,
Rhonda Koch: weil du sowohl vormittags eigentlich nicht mehr so richtig was mit deinem Tag
Rhonda Koch: anfangen kannst und dann sozusagen der ganze Tag ja bis in die Nacht rein, sich reinzieht.
Rhonda Koch: Und dann kann es halt sein, dass es auch Überstunden gibt.
Rhonda Koch: Das heißt, es wird dann nochmal eine Stunde länger und dergleichen.
Rhonda Koch: Dann gibt es Wochenendschichten und so weiter.
Rhonda Koch: Also das ist klassische Schichtarbeit, wie sie aber auch schon immer war und
Rhonda Koch: wie sie sich auch psychisch und physisch total auswirkt auf die Menschen, die dort arbeiten.
Eva Völpel: Ja, Schichtarbeit hat ja auch massive gesundheitliche Folgeprobleme,
Eva Völpel: die das nach sich zieht. Das gibt es ja mittlerweile viele Studien auch zu.
Eva Völpel: Ich wollte noch etwas fragen, weil ich das auch gelesen hatte und das so irre klang.
Eva Völpel: Also die Steuerungsvorgaben, die in ein Werk reingegeben werden.
Eva Völpel: Da hatte ich gelesen, dass die Eigentümer InteressInnen durchgestellt werden.
Eva Völpel: VW ist ja mehrheitlich im Besitz von Porsche oder der Porsche-Pierge-Familie.
Eva Völpel: Das Land Niedersachsen hat natürlich auch noch gewisse Aktienanteile und Stimmrechte,
Eva Völpel: aber die Mehrheit liegt eben bei Porsche und dann gibt es noch so ein bisschen
Eva Völpel: Streubesitz und Katar ist, glaube ich, noch daran beteiligt.
Eva Völpel: Und dass man sich das so vorstellen kann, dass eigentlich vor allem über die
Eva Völpel: Stückzahlen und die Ertragsvorgaben so ein Laden so gesteuert wird.
Eva Völpel: Das heißt, dass einfach von oben gesagt wird, okay, ihr müsst jetzt das und
Eva Völpel: das erbringen und dass diese Erwartungen zum Teil dazu führen,
Eva Völpel: dass es um Produktivitätssteigerungen geht von bis zu 5% pro Jahr.
Eva Völpel: Und wenn man das so liest, kann man das erstmal gar nicht so glauben,
Eva Völpel: was da alles so rausgepresst werden soll. Aber deckt sich das mit deinen Beobachtungen.
Rhonda Koch: Ja, also es sind definitiv, ich habe vielleicht so ein kleines Beispiel da aus
Rhonda Koch: der Linie, wo ich mitgearbeitet habe.
Rhonda Koch: Das kann ich jetzt sozusagen nicht genauer betiteln, um was es sich da gehandelt hat.
Rhonda Koch: Aber es war tatsächlich so, dass wir als Team zu fünft quasi in der Lage waren,
Rhonda Koch: 120 Teile zu fahren am Tag.
Rhonda Koch: Und das war sozusagen knackig, aber machbar, sage ich mal.
Rhonda Koch: Und tatsächlich in der Zeit, wo ich da mitgearbeitet habe, kam die Nachricht
Rhonda Koch: rein, Der Konzern X, den wir sozusagen zuliefern, will in China mehr Teile verkaufen.
Rhonda Koch: Sprich, in zwei Wochen soll diese Linie in der Lage sein, doppelt so viele Teile zu fahren wie jetzt.
Rhonda Koch: Und die Kollegen haben mich so angeguckt wie du gerade. Also völlig sozusagen,
Rhonda Koch: wie soll das funktionieren?
Rhonda Koch: Ähnlich ging es auch dem Meister, der das sozusagen da ja sozusagen dann weitertragen muss.
Rhonda Koch: Und der Unterabteilungsleiter hat im Grunde, genau wie du sagst,
Rhonda Koch: einfach diesen Auftrag bekommen.
Rhonda Koch: Ob er das jetzt sozusagen geregelt bekommt oder nicht, ist dann quasi die andere
Rhonda Koch: Frage. Ich würde sagen, faktisch für diese Linie sind das sozusagen Gewinn-
Rhonda Koch: und Produktivitätsziele, die tatsächlich von extern gesetzt werden und eigentlich
Rhonda Koch: wirklich unrealistisch sind.
Rhonda Koch: Also diese Linie kann nicht doppelt so viele Teile fahren wie zuvor.
Rhonda Koch: Die kann aber natürlich ein bisschen mehr Teile fahren. Und ich glaube,
Rhonda Koch: meistens geht es eigentlich darum, dass man sozusagen rausquetscht, was noch möglich ist.
Eva Völpel: Jetzt gab es ja die harte Tarifauseinandersetzung bei VW.
Eva Völpel: Du hast die ja schon angesprochen, vielleicht mal kurz zur Erinnerung.
Eva Völpel: VW hatte ja mit einem Paukenschlag im letzten Herbst für alle Standorte alle
Eva Völpel: Tarifverträge gekündigt und damit sozusagen eine jahrelang gelebte,
Eva Völpel: wenn man es so nennen will, Sozialpartnerschaft.
Eva Völpel: Und das Management hatte das ja damit begründet, dass europaweit die Nachfrage
Eva Völpel: für die Produktion von jährlich einer halben Million Autos fehle.
Eva Völpel: Und das sei so ungefähr die Auslastung von zwei Werken. Und deswegen braucht
Eva Völpel: man jetzt ganz dringend Massenentlassungen, Werkschließungen und eine pauschale
Eva Völpel: Lohnkürzung von 10 Prozent.
Eva Völpel: Und dann folgten ja Auseinandersetzungen und es waren ja auch zehntausende Beschäftigte auf der Straße.
Eva Völpel: Und das Schlimmste konnte dann auch mit Hilfe der Gewerkschaft und eben den
Eva Völpel: Beschäftigtenprotesten abgewehrt werden. Aber Einschnitte gab es natürlich trotzdem.
Eva Völpel: Ich will da jetzt gar nicht auf diesen ganzen Tarifvertrag eingehen,
Eva Völpel: der ja auch sehr komplex und sehr umfangreich ist, aber welche Folgen hat dieser
Eva Völpel: Tarifabschluss für den konkreten Arbeitsalltag, zum Beispiel in Kassel?
Eva Völpel: Also wie hat man gemerkt, was verschärft sich jetzt nochmal für die Belegschaft?
Rhonda Koch: Also man kann das sozusagen vom jetzigen Standpunkt noch gar nicht so richtig
Rhonda Koch: beurteilen, weil quasi so wie du gesagt hast, der Deal jetzt erst quasi konkret
Rhonda Koch: ausgearbeitet werden muss pro Standort.
Rhonda Koch: Also im Grunde hat man sich ja ganz oben darauf geeinigt zu sagen,
Rhonda Koch: damit die Werke nicht geschlossen werden und damit die Beschäftigungssicherung
Rhonda Koch: zumindest jetzt erstmal noch vier Jahre weiterläuft, gehen wir den Deal ein
Rhonda Koch: zu sagen, da müssen wir jetzt Kosten reduzieren.
Rhonda Koch: Also massiv Personal abbauen geht ja um 30.000 Beschäftigte auf 120.000 in Deutschland.
Rhonda Koch: Wir müssen Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung machen in den Werken,
Rhonda Koch: was im Grunde sozusagen ein anderes Wort für Rationalisierungsprogramme ist.
Rhonda Koch: Und wir müssen insgesamt die Kapazitäten reduzieren der Werke.
Rhonda Koch: Das war ja sozusagen so, darauf hat man sich geeinigt. Und jetzt liegt es quasi
Rhonda Koch: tatsächlich an den Werken oder an den Standorten selber, zu gucken,
Rhonda Koch: wie man eben mit Betriebs- und Standortvereinbarungen quasi ganz konkret diesen.
Rhonda Koch: Kosteneinsparungszielen eigentlich nachkommt.
Rhonda Koch: Da hat sozusagen der Obervorstand quasi gar nicht mehr so viel mit zu tun.
Rhonda Koch: Die gucken nur darauf, dass eben die entsprechenden Ziele jetzt quasi realisiert
Rhonda Koch: werden und sich realisieren. Ich glaube,
Rhonda Koch: Was man schon trotzdem sagen kann, also so auf subjektiver Ebene und was die
Rhonda Koch: Kolleginnen mir erzählen, ist, das war eine Schocktherapie und die wirkt.
Rhonda Koch: Also die hat ihre Wirkung heute in der alltäglichen Erfahrung der Kolleginnen und Kollegen.
Rhonda Koch: Man merkt sozusagen die Erschütterung heute noch. Ich habe angefangen,
Rhonda Koch: vor anderthalb Jahren dort zu forschen und mit den Kolleginnen zu sprechen.
Rhonda Koch: Und ich war immer wieder erstaunt darüber, weil die Krise der Automobilindustrie
Rhonda Koch: ist ja jetzt sozusagen auch nicht neu.
Rhonda Koch: Da gibt es ja sozusagen schon länger Zuliefererbetriebe, die auch schon zu sind und so weiter.
Rhonda Koch: Also eigentlich schon eine drastische Krise im Laufen. Und ich war immer wieder
Rhonda Koch: erstaunt, dass die Kollegen bei Volkswagen nie in Sorge um ihren Job waren.
Rhonda Koch: Also es gab viel Sorge, gelingt das mit der E-Mobilität und so weiter und so
Rhonda Koch: fort. Aber die hat sich nie auf den eigenen Job bezogen.
Rhonda Koch: Das war quasi die Beschäftigungssicherung.
Rhonda Koch: Das muss man sich schon sozusagen klar machen, ist die DNA des VW-Arbeiters
Rhonda Koch: oder VW-Arbeiterinnen gewesen. Und das wurde angeschossen und bleibt sozusagen in Unsicherheit.
Rhonda Koch: Wenn ich jetzt tatsächlich nach dem Tarifkonflikt mit den Kollegen spreche.
Rhonda Koch: Dann haben die Sorge um ihren Job und jetzt fallen Erzählungen zu,
Rhonda Koch: ich habe Angst, dass Baunatal Detroit wird. Und das ist auf jeden Fall sozusagen neu.
Rhonda Koch: Und das ist natürlich was, wo
Rhonda Koch: man auch sagen muss, sowas verändert Arbeit total. Wie gehe ich da rein?
Rhonda Koch: Mit was für einem Gefühl gehe ich jeden Tag zur Arbeit? Habe ich das Gefühl,
Rhonda Koch: dass es sozusagen morgen eine neue Info reinkommt und so weiter,
Rhonda Koch: die tatsächlich jetzt auch an meinem Stuhl sägt?
Rhonda Koch: Weil Leiharbeiter sind alle raus in allen Werken. An die Befristeten wird jetzt
Rhonda Koch: sozusagen, an denen wird geknabbert.
Rhonda Koch: Naja, und dann fragen sich ja
Rhonda Koch: alle, okay, aber wer ist die nächste Randbelegschaft sozusagen, die kommt?
Rhonda Koch: Also das sind diese subjektiven Effekte. Es gibt natürlich ganz konkrete Sachen,
Rhonda Koch: die jetzt diskutiert werden.
Rhonda Koch: Ich kann da jetzt auch nicht ganz in die Interna gehen, weil die in der Debatte
Rhonda Koch: sind, aber vielleicht als ein Problem oder Eindruck.
Rhonda Koch: Also einerseits gibt es eben die Einigung, dass man Personal abbaut,
Rhonda Koch: 30.000 habe ich ja gerade schon gesagt.
Rhonda Koch: Jetzt ist erstmal die gute Nachricht, dass 20.000 von diesen Kolleginnen und
Rhonda Koch: Kollegen auf sogenannte Altersteilzeitprogramme gesagt haben,
Rhonda Koch: dass sie die akzeptieren würden. Das heißt, es gibt sozusagen erstmal einen
Rhonda Koch: sozialverträglichen Personalabbau.
Rhonda Koch: Gleichzeitig sieht man ja, es sind immer noch 10.000 Menschen,
Rhonda Koch: die sagen, ich möchte Volkswagen nicht verlassen, weil ich habe hier einen gut
Rhonda Koch: bezahlten Job und einen unbefristeten Job und das ist in Zeiten wie diesen extrem
Rhonda Koch: viel wert. fragt sich also, was macht man jetzt mit diesen 10.000 Menschen?
Rhonda Koch: Und parallel zu dieser Frage gibt es dann eben diese ganzen Prozessoptimierungen
Rhonda Koch: und Effizienzsteigerungen und Rationalisierungsprogramme.
Rhonda Koch: Das heißt zum Beispiel, Meisterinnen und Meister unter Abteilungsleiter,
Rhonda Koch: unter Abteilungsleiterinnen sind angewiesen, ihre Pünktchenpläne ihrer jeweiligen
Rhonda Koch: Abteilung neu zu studieren. Pünktchenpläne sind quasi...
Rhonda Koch: Personaleinsatzpläne ist auch ein hartes Wort, Pünktchenpläne,
Rhonda Koch: da steckt schon ziemlich viel hinter, jede Person ist ein Punkt.
Rhonda Koch: Die gucken jetzt und müssen dann sozusagen Werksleitungen und so weiter darstellen
Rhonda Koch: und zeigen, wo kann ich eigentlich Tätigkeiten einsparen, wo vielleicht sogar
Rhonda Koch: eine halbe Stelle, im besten Fall sozusagen, wo man dann eine besondere Auszeichnung
Rhonda Koch: bekommt, eine Planstelle.
Rhonda Koch: Das sind sozusagen jetzt tatsächlich so Sitzungen, Workshops, die laufen.
Rhonda Koch: Und wenn dich das dann trifft, also du jetzt auf einer Stelle arbeitest,
Rhonda Koch: einer Planstelle, die vakant wird, weil die Leute sagen, die brauchen wir eigentlich
Rhonda Koch: nicht mehr, dann gerätst du auf eine sogenannte Transferstelle.
Rhonda Koch: Und das sind dann diese Stellen, wo klar wird, an denen wird richtig erarbeitet
Rhonda Koch: und Druck gemacht, wo die Leute halt befürchten, erstmal werden sie rumgegeben
Rhonda Koch: im Werk, weil man sie nicht mehr gebrauchen kann.
Rhonda Koch: Und denen wird dann im Grunde natürlich auch ihr Job auf eine gewisse Art und
Rhonda Koch: Weise, wenn nicht bewusst, aber unbewusst so natürlich auch madig gemacht.
Eva Völpel: Also der Druck wird erhöht, damit die quasi von selbst die Segel streichen und Volkswagen verlassen.
Rhonda Koch: Es gibt ganz viele andere Möglichkeiten, auch Kosten einzusparen,
Rhonda Koch: die jetzt diskutiert werden. Es geht zum Beispiel um Pausenzeiten.
Eva Völpel: Wie viele Pause haben die Leute überhaupt in so einer Schicht?
Rhonda Koch: Es kommt darauf an, das ist tatsächlich die richtige Frage, weil also normalerweise
Rhonda Koch: natürlich, so wie alle anderen auch, rechtlich festgeschrieben,
Rhonda Koch: 30 Minuten Pause auf acht Stunden steht hier zu.
Rhonda Koch: Jetzt ist in so Industriebetrieben ja so, dass überwiegend viel taktgebunden gearbeitet wird.
Rhonda Koch: Also du sozusagen deine Zeit nicht selber einteilen kannst, sondern dir das
Rhonda Koch: Fließband quasi den Takt und die Zeit vorgibt.
Rhonda Koch: Und bei sogenannten taktgebundenen Tätigkeiten ist tatsächlich tarifvertraglich
Rhonda Koch: so festgeschrieben, gibt es die sogenannte Steinkühlerpause.
Rhonda Koch: Das basiert auf so einem IG Metaller aus den 70er Jahren, der die damals durchgesetzt
Rhonda Koch: hat, dass du, wenn du taggebunden arbeitest, hast du das Recht auf 5 Minuten Pause pro Stunde.
Rhonda Koch: Und das kann man sich natürlich jetzt ausrechnen, dass du bei einer 8-Stunden-Schicht
Rhonda Koch: 5 Minuten pro Stunde hast du natürlich nochmal 40 Minuten drauf.
Rhonda Koch: Das ist sehr viel wert und sehr wichtig.
Rhonda Koch: Also ich habe das eben mitbekommen und kriege das auch erzählt von den Kolleginnen
Rhonda Koch: und Kollegen. Du brauchst wirklich diese Zeit, sonst wirst du ein bisschen verrückt.
Rhonda Koch: Also wenn die Teile sozusagen an dir vorbeifahren und du keinen Schritt zurück
Rhonda Koch: machen kannst, Es gibt ja auch so eine Stehpflicht an den Maschinen.
Rhonda Koch: Du darfst eigentlich die Linie auch nicht verlassen, während du da arbeitest.
Rhonda Koch: Dann sind diese fünf Minuten Pause halt total wichtig.
Rhonda Koch: Jetzt kannst du solche Pauten nicht mal eben abschaffen. Aber was natürlich
Rhonda Koch: schon diskutiert werden kann, ist, sind die Tätigkeiten, die die Kolleginnen
Rhonda Koch: und Kollegen machen, sind die eigentlich noch taktgebunden oder nicht?
Rhonda Koch: So kann man auch sozusagen Kosten einsparen, weil dann geht es natürlich um
Rhonda Koch: 40 Minuten Arbeitszeit pro Tag.
Eva Völpel: Also da geht es jetzt tatsächlich über Umwege richtig darum,
Eva Völpel: diese Steinkühlerpausen anzugreifen.
Eva Völpel: Das zeichnet sich schon ab.
Rhonda Koch: Kann man, glaube ich, so sagen.
Eva Völpel: Ja, heftig. Also wirklich. Vor allem nach dem, was du geschildert hast,
Eva Völpel: wie die eh schon arbeiten müssen.
Eva Völpel: Ich habe mich gefragt, um jetzt vielleicht mal auf dieses Feld zu kommen,
Eva Völpel: der sozial-ökologischen Transformation.
Eva Völpel: Das steht ja im Zentrum auch der ganzen Konflikte oder auch Erzählungen,
Eva Völpel: die ja unterschiedlich darum gestrickt werden.
Eva Völpel: Und es ist ja schon so, auch wenn jetzt irgendwie immer wieder Fraktionen in
Eva Völpel: der Automobilindustrie auch dafür Druck machen, dass der Verbrenner länger genutzt
Eva Völpel: werden soll und länger laufen soll,
Eva Völpel: dass natürlich irgendwie die E-Mobilität grundsätzlich nicht mehr in Frage steht
Eva Völpel: und dass sozusagen die große Herausforderung ist,
Eva Völpel: wie uns jetzt immer erzählt wird, dass man auf diesem Feld und Markt deutlich
Eva Völpel: konkurrenzfähiger werden muss,
Eva Völpel: um eben Marktanteile gegenüber China wieder gut zu machen bzw.
Eva Völpel: Sich für die Exportmärkte gut aufzustellen.
Eva Völpel: Und ich hatte jetzt gelesen, oder Studie von Dörrer und anderen,
Eva Völpel: dass je mehr man an den Hallenboden rankommt, desto mehr oder eher ist das Wort
Eva Völpel: Transformation ein Unwort und E-Mobilität eher auch, wird sie kritisch gesehen.
Eva Völpel: Und gleichzeitig, das war ja auch Bestandteil dieser Studie,
Eva Völpel: gab es eine Umfrage, wo die Beschäftigten sehr wohl in einer großen Anzahl sagen,
Eva Völpel: eine der größten Herausforderungen ist der Klimawandel.
Eva Völpel: Und da fragt man sich natürlich so ein bisschen, wie geht das zusammen?
Eva Völpel: Oder was sind die Blicke der Beschäftigten eben auf dieses Feld E-Mobilität?
Eva Völpel: Vielleicht kannst du das für uns mal so ein bisschen auseinanderdröseln,
Eva Völpel: weil das ist sicher vielschichtig.
Rhonda Koch: Ja, ist es auf jeden Fall. Ich glaube halt, dass das, was Klaus Dörrow und die
Rhonda Koch: Kollegin herausgefunden haben, ziemlich wichtig ist und man da eigentlich sozusagen
Rhonda Koch: weiter Tiefenbohren muss.
Rhonda Koch: Also warum ist das quasi so, dass umso näher man dem Hallenboden kommt,
Rhonda Koch: dass es desto mehr Skepsis eigentlich gibt.
Rhonda Koch: Und was ich so ein bisschen probiere, im Grunde daran anschließend zu gucken,
Rhonda Koch: ist, dass man sich eigentlich die betriebliche Transformation,
Rhonda Koch: also wenn man so will, die Transformation im Kleinen, in einer kleinen Abteilung,
Rhonda Koch: dass man die mal genau anguckt und guckt, was entstehen da eigentlich für Probleme
Rhonda Koch: und wie sozusagen wirken die sich dann wiederum aus, eigentlich auf die Einstellungen
Rhonda Koch: zur E-Mobilität, zu einem E-Auto und so weiter.
Rhonda Koch: Und was ich da jetzt so bisher auf jeden Fall sehe oder so beobachtet habe, ist zum Beispiel, dass
Rhonda Koch: Man kann das so als psychodynamisches Grundrauschen vielleicht von einer Fabrik beschreiben.
Rhonda Koch: Das ist schon immer so erzählt worden von IndustriearbeiterInnen,
Rhonda Koch: auch in der Automobilindustrie, aber eben auch woanders, dass es so dieses Gefühl
Rhonda Koch: gibt, wir sind nur eine Nummer.
Rhonda Koch: Also diesen Satz, glaube ich, hört man wirklich in jeder Halle sozusagen.
Rhonda Koch: Wir sind Objekt von betrieblichen Steuerungsprozessen, was mir viel begegnet
Rhonda Koch: ist. Wir sind eine Verschiebemasse, wir sind Stückzahlaffen.
Rhonda Koch: Also sozusagen zum Objekt gemacht. Das würde ich sagen, ist so dieses wirklich
Rhonda Koch: Grundrauschen in der Fabrik.
Rhonda Koch: Und das ist meine Beobachtung zumindest, wird durch die Transformation,
Rhonda Koch: die betriebliche Transformation total verstärkt.
Rhonda Koch: Das fängt damit an, dass Kolleginnen sozusagen über die Transformation,
Rhonda Koch: so wie auch Klaus Dörrer und andere das beschrieben haben, eigentlich sagen,
Rhonda Koch: dass es sozusagen ein Prozess ist, der mit ihnen gemacht wird.
Rhonda Koch: Also die sagen zum Beispiel darüber, ich werde transformiert.
Rhonda Koch: Man transformiert mich. Also sozusagen ein total passiver Prozess.
Rhonda Koch: Und gleichzeitig ist es eben so, wir haben eben schon über die Marktsteuerung
Rhonda Koch: dieser Unternehmen gesprochen,
Rhonda Koch: es ist gar nicht so, dass die Unternehmen so funktionieren, dass du jetzt sagen kannst,
Rhonda Koch: also in einer Abteilung, die ich jetzt sehr eng begleite, ist es wirklich total
Rhonda Koch: krass, dass die nicht genau sagen können, wann läuft denn jetzt diese alte Abteilung,
Rhonda Koch: die quasi noch was mit dem Verbrenner zu tun hat, exakt aus,
Rhonda Koch: sodass ich mich darauf einstellen kann, dann und dann muss ich als einzelne
Rhonda Koch: Arbeiterin eben beginnen,
Rhonda Koch: in der neuen sozusagen Ehenlinie zu arbeiten. Dieser Zeitpunkt ist nicht klar.
Rhonda Koch: Weil der sozusagen vom Markt immer wieder verschoben wird, kann man so sagen.
Rhonda Koch: Und das macht die Kolleginnen wirklich verrückt.
Rhonda Koch: Dann gehen die irgendwo hin, finden dann wiederum nicht den entsprechenden Gesprächspartner
Rhonda Koch: und niemand kann ihnen sagen, wann es soweit ist und wo sie hinkommen werden.
Rhonda Koch: Also die können dir eigentlich gar nichts sagen. Die wissen nur,
Rhonda Koch: sie arbeiten in einer Abteilung, die jetzt ausstirbt.
Rhonda Koch: Das ist zum Beispiel was, wo ich sage, das ist großes Problem in der betrieblichen
Rhonda Koch: Transformation. Und das sind Erfahrungen, die übersetzen sich dann sozusagen
Rhonda Koch: in die große Transformation.
Rhonda Koch: Also das ist was, was sich andere ausdenken, aber wo vor allem nicht reflektiert
Rhonda Koch: wird, nicht mitgedacht wird, was eigentlich mit den Menschen ist,
Rhonda Koch: die diese Transformation eigentlich machen sollen.
Rhonda Koch: Und ein anderes Problem, was ich auch total krass finde, was man wirklich auch
Rhonda Koch: angucken muss, ist, neue Technologie, wie jetzt auch die Dekarbonisierung oder
Rhonda Koch: die Emotoren insgesamt, bedeutet nicht zwingendermaßen, vor allem nicht im ersten Schritt,
Rhonda Koch: dass die Kolleginnen mehr Erfahrungen sammeln, mehr Wissen sammeln,
Rhonda Koch: sondern dass sie im ersten Schritt ganz viel Erfahrung und Fähigkeiten verlieren.
Rhonda Koch: Also Kollegen sagen zu mir, sie haben einfach die Sorge, dass sie jetzt mit
Rhonda Koch: dem Umstieg in die andere Abteilung, wo irgendwas mit ihren Motoren jetzt hergestellt
Rhonda Koch: wird, dass sie da zurück in die Grundschule kommen und andere das sagen haben.
Rhonda Koch: Und ich meine, man muss sich überlegen, es ist extrem schwer,
Rhonda Koch: überhaupt eine Stellung, sich zu erarbeiten in so einem Betrieb.
Rhonda Koch: Die sind extrem anonymisiert.
Rhonda Koch: Eine Nummer auf dem Werksausweis und so weiter.
Rhonda Koch: Dass du da dein eigenes Gebiet dir auch so ein bisschen eroberst in so einer
Rhonda Koch: Abteilung, es braucht Jahre.
Rhonda Koch: Dann hast du dir zehn Jahre sozusagen was erarbeitet. Hast eine Erfahrung,
Rhonda Koch: weißt an Punkten mehr als der Meister, kannst du tricksen, die Maschinen kennst
Rhonda Koch: du und so weiter. Das wird dir alles genommen.
Rhonda Koch: Und das, glaube ich, sind dann Erfahrungen, die man einfach reflektieren muss, die dazukommen.
Rhonda Koch: Na und vielleicht eine letzte Beobachtung, die ich jetzt gerade erst gemacht
Rhonda Koch: habe, die ich aber politisch glaube ich ziemlich interessant oder glaube ich
Rhonda Koch: relevant ist, ist, wer sind eigentlich die Kolleginnen und Kollegen,
Rhonda Koch: die die betriebliche Transformation besonders belastet?
Rhonda Koch: Also wen trifft es eigentlich am härtesten? Und das würde ich sagen,
Rhonda Koch: sind tatsächlich diejenigen.
Rhonda Koch: Die da seit 40 Jahren im Betrieb arbeiten, sehr fleißig jeden Tag zur Arbeit
Rhonda Koch: kommen, die dir wirklich an zwei Händen aufzählen können, wie viele Tage sie
Rhonda Koch: krank gemacht haben, die sozusagen in den 80er, 90ern stolze VWler waren,
Rhonda Koch: durch dick und dünn gegangen sind, aber jetzt auch sortiert werden.
Rhonda Koch: Also die sind zu alt, damit sie noch transformiert werden.
Rhonda Koch: Das lohnt sich nicht, die sozusagen richtig einzuarbeiten, weil die noch drei,
Rhonda Koch: vier Jahre da bleiben, müssen aber drei, vier Jahre irgendwie noch versorgt werden.
Rhonda Koch: Und das sind wirklich die, so ein bisschen wie im Sportunterricht,
Rhonda Koch: die an der Linie stehen bleiben und als letztes quasi noch irgendwo hingewillt werden.
Rhonda Koch: Und das ist natürlich für so einen Kollegen, das sind jetzt auch viele Männer
Rhonda Koch: dann in dem Fall tatsächlich,
Rhonda Koch: einen Baunataler, der damit sein Gefühl die Region mit aufgebaut hat,
Rhonda Koch: am Ende seiner Berufslaufbahn extrem degradierend, total würdelos,
Rhonda Koch: also ein total heftiger Anerkennungsverlust.
Rhonda Koch: Und das sind dann auch die Kollegen, die mir am meisten begegnen mit dieser
Rhonda Koch: E-Mobilität, das ist doch ein Scheiß.
Rhonda Koch: Es gab mal sozusagen die deutsche Handwerkskunst, den guten Verbrenner,
Rhonda Koch: der läuft für 30 Jahre, die E-Akkus liefern nicht, Infrastruktur gibt es sowieso
Rhonda Koch: nicht, verstehen sie alles nicht, wollen sie auch nichts mit zu tun haben.
Eva Völpel: Mhm, das sind ziemlich heftige Degradierungserfahrungen, die du da beschreibst.
Eva Völpel: Das fand ich auch einen interessanten Punkt, den ich mir vorher gar nicht so klar gemacht habe,
Eva Völpel: aber der ja da auch schon irgendwie mitschwingt von dem, was du jetzt erzählst,
Eva Völpel: dass man sozusagen dadurch,
Eva Völpel: dass man im Inneren ja so hilflos den betrieblichen Vorgaben von oben gegenübersteht,
Eva Völpel: auch der Leistungsverdichtung, den neuen Anforderungen und was weiß ich,
Eva Völpel: wie man da funktionieren muss,
Eva Völpel: als so ein kleines Rädchen im Getriebe, Dass auch Studien wie eben bei Dörre
Eva Völpel: und den anderen dann zeigen,
Eva Völpel: weil man im Inneren im Betrieb nicht viel tun kann, dagegen kann.
Eva Völpel: Werden die Konflikte darum umso härter im Außen ausagiert, also im Politischen.
Eva Völpel: Jetzt ist die Ampel nicht mehr an der Regierung, aber dass sich umso härter
Eva Völpel: damals eben der Hass gegen die Grünen in Teilen dann Bahn gebrochen hat oder
Eva Völpel: auch gegen die Klimakleber, weil die sozusagen zu so einer Projektionsfläche werden.
Eva Völpel: Und das führt einem natürlich zu der ganz großen Frage, was macht man eigentlich,
Eva Völpel: wenn man solche Grundkonstellationen hat?
Eva Völpel: Also dann ist ja eigentlich die Schlussfolgerung naheliegend,
Eva Völpel: dass wenn man diesen Konflikt und diese Herausforderung einer sozial-ökologischen
Eva Völpel: Transformation vernünftig bearbeiten will,
Eva Völpel: dass man viel stärker wieder in die Betriebe rein muss und sich diese betriebliche
Eva Völpel: Wirklichkeit angucken muss und diese Fremdbestimmung.
Eva Völpel: Und dagegen was tun muss und ja dann letztendlich natürlich auch die Eigentumsfrage
Eva Völpel: ins Zentrum rückt. Aber wie siehst du das?
Rhonda Koch: Ich sehe es eigentlich ziemlich ähnlich. Also ich glaube, das,
Rhonda Koch: was in der Studie Klasse gegen Klima von Dörre und Co.
Rhonda Koch: Beschrieben wird, ist auf jeden Fall ein total wichtiger Punkt,
Rhonda Koch: wie die Rechten sozusagen gewinnen, dass sozusagen diese Kompensation degradierender
Rhonda Koch: Arbeitserfahrung, dass die AfD und die Rechten das sozusagen aufgreifen können.
Rhonda Koch: In dem Sinne quasi, dass sozusagen das Gefühl, ich bin total sozusagen eingeschränkt,
Rhonda Koch: freiheitsberaubt in meiner Arbeitserfahrung, ich brauche sozusagen die ultimativ
Rhonda Koch: gegensätzliche Kompensationserfahrung im Freien.
Rhonda Koch: Und das sind dann die Antiverbotsparteien, die da sozusagen total zugreifen können.
Eva Völpel: Also wie die Grünen zum Beispiel mit Antiverbotspartei jetzt.
Rhonda Koch: Konsumverhalten wird gesteuert, ich darf noch nicht mal essen,
Rhonda Koch: was ich will und so weiter. Ja, aber ich glaube, sozusagen darüber hinaus gibt
Rhonda Koch: es jetzt eine weitere Gefahr.
Rhonda Koch: Ich meine, man muss ja gucken, in einem halben Jahr sind die Betriebsratswahlen
Rhonda Koch: in ganz Deutschland, aber eben auch in der Autoindustrie.
Rhonda Koch: Und es gibt natürlich schon die Gefahr, dass sich sozusagen rechte Kräfte mehr formieren.
Rhonda Koch: Also im Osten in Zwickau, im Volkswagen-Werk gibt es ja schon eine rechte Liste,
Rhonda Koch: die da sozusagen die IG Metall madig macht.
Rhonda Koch: Aber es gibt sozusagen auf jeden Fall diese Gefahr. Und ich glaube, sozusagen...
Rhonda Koch: Darüber hinausgehend, was jetzt in der Studie bei Doro und Co.
Rhonda Koch: Klar wurde, geht es schon um eine Gefahr, dass die Rechten es schaffen,
Rhonda Koch: diese degradierenden Erfahrungen, aber viel auch sozusagen diese,
Rhonda Koch: man könnte vielleicht sagen, resignierte Lebenswelt,
Rhonda Koch: resignierte betriebliche Lebenswelt, dass du zwar einen Tarifkonflikt hattest,
Rhonda Koch: dass du so hart angeschossen worden bist von dem Unternehmen,
Rhonda Koch: aber so viel ist gar nicht passiert.
Rhonda Koch: Also du bist bloß irgendwie zwei Tage rausgekommen und so weiter,
Rhonda Koch: also rausgegangen zum Streik.
Rhonda Koch: Es war nicht der große Kampf, der sozusagen eigentlich jetzt hätte mal anstehen müssen.
Rhonda Koch: Das ist alles, was mir die Kollegen sozusagen wiedergeben.
Rhonda Koch: Also so eine resignierte Stimmung, dass darin die AfD so leichtes Spiel hat
Rhonda Koch: oder rechte Listen, weil sie sich einfach als Antithese, obwohl sie gar nicht
Rhonda Koch: viel machen, die haben ja keine Arbeitspolitik, Gewerkschaftspolitik,
Rhonda Koch: irgendwas in diese Richtung, was sie anbieten können.
Rhonda Koch: Die sind einfach die Antithese. Und ich glaube, deswegen gibt es die Gefahr,
Rhonda Koch: dass mit den Rechten sozusagen eine Reaktivierung oder Repolitisierung dieser
Rhonda Koch: Resignation stattfinden kann in den Betrieben. Die müssen gar nicht so viel machen.
Rhonda Koch: Die müssen einfach, auf gut Deutsch gesagt, ihr Maul aufmachen.
Rhonda Koch: Und dadurch haben die Kollegen das Gefühl, es entsteht wieder Konflikt.
Rhonda Koch: Es gibt wieder Leute, die beschuldigen andere und so weiter.
Rhonda Koch: Hier wird sozusagen eine Erzählung entwickelt, die ich lange Zeit gar nicht gesehen habe.
Rhonda Koch: Also so Stichwort Adressatenlose Wut, was wir ganz am Anfang hatten.
Rhonda Koch: Aber ich glaube sozusagen ein bisschen in diese Richtung, würde ich sagen,
Rhonda Koch: wie du gemeint hast, muss auch sozusagen die gewerkschaftliche Arbeit wieder
Rhonda Koch: stärker funktionieren.
Rhonda Koch: Aber auch die linke Diskussion um Transformation.
Eva Völpel: Kannst du das nochmal ein bisschen abschichten? Also vielleicht einmal mit Blick
Eva Völpel: auf den Betrieb und vielleicht auch, was ihr da macht oder wo du dran bist,
Eva Völpel: aber auch natürlich geblickt auf die ganze Gesellschaft.
Rhonda Koch: Also ich glaube, im Betrieb habe ich das Gefühl, gilt es eigentlich darum,
Rhonda Koch: den Kernschmerz des Automobilarbeiters, der Automobilarbeiterin zu mobilisieren,
Rhonda Koch: an das Kernanliegen von ihm anzugehen.
Rhonda Koch: Und ich würde sagen, das ist und bleibt dieses zum Objekt gemachte Dasein.
Rhonda Koch: Und die Frage ist sozusagen, wie bohrt man das auf? Weil ich glaube,
Rhonda Koch: wenn du da rankommst, dann hören dir die Kolleginnen und Kollegen auch wieder zu.
Rhonda Koch: Dann kannst du wieder Vertrauen aufbauen quasi, was du einfach über viele Jahrzehnte
Rhonda Koch: jetzt auch verloren hast. Und gerade, wir haben jetzt fast noch gar nicht so
Rhonda Koch: viel drüber geredet, aber gerade über den Tarifkonflikt wurde einfach viel Vertrauen,
Rhonda Koch: ist viel Vertrauen verloren gegangen.
Eva Völpel: Weil die Gewerkschaft nicht stärker den Konflikt noch gesucht hat.
Rhonda Koch: Also die Kollegen...
Rhonda Koch: Sagen mir, dass sie sich stärker gefühlt haben, wie das Ergebnis war,
Rhonda Koch: was am Ende bei rausgekommen ist.
Rhonda Koch: Und das ist eine harte Abrechnung.
Rhonda Koch: Das kann man jetzt sozusagen politisch, gewerkschaftsstrategisch und so weiter
Rhonda Koch: auch anders einordnen und sagen, das müssen wir vielleicht ertragen,
Rhonda Koch: weil es war nichts anderes möglich in diesem Moment.
Rhonda Koch: Aber das ist das, wie die Kollegen das empfinden.
Rhonda Koch: Es wäre viel mehr drin gewesen. Die meisten Kollegen sagen zu mir,
Rhonda Koch: wir waren doch gar nicht streiken.
Rhonda Koch: Also wir sind doch bloß einfach ein bisschen früher von der Arbeit gegangen und das seit zwei Tagen.
Rhonda Koch: Warum haben wir nicht einmal richtig gestreikt und wieso wurde das ganze Ding
Rhonda Koch: quasi, Stichwort Weihnachtswunder, noch vor Weihnachten abgeräumt?
Rhonda Koch: Bei dem Großangriff sozusagen.
Rhonda Koch: Das ist auf jeden Fall, was die Kolleginnen mir so feedbacken.
Rhonda Koch: Naja und in diesem Sinne, glaube ich, muss man Vertrauen wieder aufbauen und
Rhonda Koch: ich glaube, da hilft so im Grunde zu sagen, der Konflikt muss zurück in die
Rhonda Koch: Konfliktpartnerschaft.
Rhonda Koch: Und ich glaube, Und das gelingt halt mit Beteiligungsformaten,
Rhonda Koch: mit Kampagnen, die auch versuchen sozusagen Mitbestimmungen zu etablieren in dem Betrieb.
Rhonda Koch: Also in so eine Richtung zum Beispiel diskutiert wir jetzt auch ein bisschen
Rhonda Koch: in Kassel, was man da bei den Betriebsratwahlen noch machen kann.
Rhonda Koch: Also ich glaube, im Grunde sind die Gewerkschaften auf eine gewisse Art und
Rhonda Koch: Weise in einer Bringschuld,
Rhonda Koch: dass sie wirklich auch nicht nur passive Begleiter vom Unternehmen sind und
Rhonda Koch: immer an Punkten gucken, was man Schlimmeres verhindern kann,
Rhonda Koch: sondern eigentlich aktive Gestalterinnen wieder werden müssen quasi von Betrieben.
Rhonda Koch: Also im Grunde, wenn man so will, muss IG Metall sich langfristig die Frage
Rhonda Koch: stellen, wie schaffen wir es, 90 Prozent Orga-Grad, die wir auf dem Zettel haben,
Rhonda Koch: in aktive Mitgliedschaft zu übersetzen.
Rhonda Koch: Was ist die Voraussetzung davon, dass sozial-ökologische Transformation überhaupt gelingen kann?
Rhonda Koch: Gerade sind wir an einem ganz anderen Punkt. Aber das ist, glaube ich,
Rhonda Koch: so, was ich dazu sagen würde.
Eva Völpel: Vielleicht da nochmal ganz kurz eingehakt. Das heißt aber einerseits,
Eva Völpel: die IG Metall oder auch die Betriebsräte müssen teiligungsorientierter werden,
Eva Völpel: mehr aktivieren, die Leute wirklich mitnehmen auf Augenhöhe und andererseits,
Eva Völpel: aber für was mitnehmen würde bedeuten,
Eva Völpel: man muss gegen diese rigide betriebliche Steuerung angehen.
Eva Völpel: Man muss sozusagen gegen die Vermarktlichung angehen und muss quasi wieder kämpfen
Eva Völpel: für eine Arbeit, die ein Stück mehr Würde hat.
Eva Völpel: Aber letztlich heißt es ja auch tatsächlich, dass man dann irgendwie nicht drumherum
Eva Völpel: kommt, auch die Frage zu stellen, wer verfügt hier eigentlich in welcher Art
Eva Völpel: und Weise über die Produktionsmittel, oder?
Eva Völpel: Also die Eigentumsfrage steht dann doch am Ende.
Rhonda Koch: Am Ende auf jeden Fall. Ich meine, die Frage ist, was muss man der Frage noch
Rhonda Koch: vorbauen, damit man sie realistisch stellen kann?
Rhonda Koch: Und also ich glaube, es gibt ganz viele Wege, Beteiligung zu organisieren.
Rhonda Koch: Also wenn man sich zum Beispiel anguckt, dass die, was wir vorhin besprochen
Rhonda Koch: haben, dass diese Pausen geklaut werden.
Rhonda Koch: Die Pausen, das ist ja nicht nur eine psychische und physische Entlastungsfrage,
Rhonda Koch: sondern dir wird ja auch kollektiver Raum geklaut, sodass du einfach noch weniger
Rhonda Koch: Zeit hast, um mit deinen Kolleginnen und Kollegen zu arbeiten.
Rhonda Koch: Wenn man das dann als Problem identifiziert und sagt, es ist eigentlich eine
Rhonda Koch: Voraussetzung für eine aktive Mitbestimmung in Betrieb, dass Solidarität unter
Rhonda Koch: den Kolleginnen überhaupt gelebt wird, dass es dafür Räume gibt.
Rhonda Koch: Wie kann man da jetzt eigentlich darauf reagieren? Also welche Möglichkeiten
Rhonda Koch: gäbe es, in so einem Betrieb auch als Betriebsrat eventuell alternative Modelle zu entwickeln.
Rhonda Koch: Dann gibt es zum Beispiel diese Debatte um Betriebsrats-Sprechzeiten.
Rhonda Koch: Die man zu kollektiven Sprechzeiten ummodellieren kann.
Rhonda Koch: Solche Sachen. Also ich glaube, wenn man will, kann man da kreativ werden und
Rhonda Koch: an verschiedenen wirklich auch kleinen Aspekten sozusagen an dieses Grundproblem halt rankommen.
Rhonda Koch: Und das Zweite ist, also das ist jetzt für mich, die ich nicht in den Verantwortungen
Rhonda Koch: stecke und so, immer alles viel leichter gesagt als getan.
Rhonda Koch: Aber ich glaube schon, dass die Streikbewegung auch aus dem Krankenhaus beispielsweise
Rhonda Koch: schon viel an Beteiligung lernen kann, was jetzt so einen unmittelbaren Tarifkonflikt angeht.
Rhonda Koch: Und da gibt es eben schon die große Kritik jetzt von den Kolleginnen,
Rhonda Koch: was ich auch einfach beachtlich fand, dass es eben zu wenig Rückkopplung gab,
Rhonda Koch: also dass irgendwo in Wolfsburg verhandelt worden ist, aber dass du eigentlich
Rhonda Koch: dich zu wenig informiert gefühlt hast und am Ende voll verendete Tatsachen gestellt worden ist.
Rhonda Koch: Da sind wir jetzt noch ganz weit von entfernt, aber ich finde,
Rhonda Koch: zumindest in die Debatte darf man ja schon geben, dass es diese Delegierten-Systeme
Rhonda Koch: beispielsweise im Krankenhaus gibt,
Rhonda Koch: wo man einfach versucht, eine Tarifbewegung auch an Punkten zu demokratisieren,
Rhonda Koch: um die Kolleginnen und Kollegen eigentlich in die Lage zu versetzen,
Rhonda Koch: selber auch über die Ergebnisse ihrer Tarifbewegung mit verhandeln oder mitbestimmen zu können.
Eva Völpel: Und wenn man jetzt nochmal gesellschaftlich, gesamtgesellschaftlich darauf blickt,
Eva Völpel: oder das als Abschlussfrage, es gibt ja durchaus auch von der IG Metall mitgetragen,
Eva Völpel: ich glaube im Januar 2024 verabschiedet, so ein Positionspapier zur Verkehrswende,
Eva Völpel: das sehr weitgehend ist, zusammen mit dem ADFC,
Eva Völpel: also dem Fahrradverband, sage ich mal, und der Eisenbahner Gewerkschaft und noch weiteren.
Eva Völpel: Das würden wir auch nochmal in den Shownotes verlinken. Also ich sage mal,
Eva Völpel: auf der theoretisch-konzeptionellen Ebene ist da ja viel passiert und geht auch
Eva Völpel: eigentlich viel zusammen.
Eva Völpel: Und gleichzeitig gibt es ja so eine Kluft, die man wahrscheinlich erstmal überwinden
Eva Völpel: muss zwischen der Klimabewegung auf der einen Seite und dem Automobilarbeiter auf der anderen Seite.
Eva Völpel: Weil klar, es gibt jetzt so die E-Wende, die kommen soll, aber die Automobilindustrie
Eva Völpel: steht immer noch mehrheitlich für das Verbrennerauto, für große SUVs,
Eva Völpel: die mehrheitlich vor allem produziert werden und so weiter und so fort.
Eva Völpel: Das heißt, wie schafft man es überhaupt, da Allianzen zu bilden,
Eva Völpel: die auch tragfähiger sind in der Zusammenarbeit?
Eva Völpel: Oder was braucht es gesamtgesellschaftlich da?
Rhonda Koch: Also ich glaube, es ist auf jeden Fall eine große Frage. Ich habe das Gefühl,
Rhonda Koch: dass wir zumindest, wenn wir über Allianzen nachdenken und überlegen sozusagen,
Rhonda Koch: was führt diese jeweiligen gesellschaftlichen Akteure zusammen,
Rhonda Koch: dass wir eigentlich mehr tatsächlich über das sprechen sollten,
Rhonda Koch: wozu du mich jetzt befragt hast, also im Grunde die Arbeitserfahrungen der AutomobilarbeiterInnen.
Rhonda Koch: Weil ich glaube, dass man erst, wenn man sozusagen wirklich ein bisschen tieferes
Rhonda Koch: Verständnis dafür entwickelt, was wirklich sozusagen dieser Lebensraum Automobilarbeit,
Rhonda Koch: was der eigentlich bedeutet, was der mit dir machen kann, aber auch in seinen Widersprüchen.
Rhonda Koch: Also wir haben jetzt viel darüber gesprochen, wie degradierend diese Erfahrungen
Rhonda Koch: sein können, aber die sind ja häufig total widersprüchlich.
Rhonda Koch: Also es gibt da immer sozusagen so eine Ambivalenz in diesen Erfahrungen zwischen
Rhonda Koch: total identitätskränkend, aber auch identitätsstiftend zugleich.
Rhonda Koch: Aber dass wir eigentlich sozusagen in einer breiteren gesellschaftlichen Debatte
Rhonda Koch: oder Zivilgesellschaft eigentlich erstmal auch sensibilisieren müssen für diese
Rhonda Koch: Arbeitserfahrung und dann eigentlich,
Rhonda Koch: glaube ich, schon auch über politische Projekte und Konzepte nachdenken müssen,
Rhonda Koch: die Arbeit ins Zentrum stellen.
Rhonda Koch: Also als sozusagen vermittelnde Kategorie. Weil ich glaube, manchmal schießt
Rhonda Koch: man sich zu doll auf diese Frage E-Mobilität, Verbrenner und so weiter ein.
Rhonda Koch: Was meines Erachtens auch für die Beschäftigten selber gar nicht das Kernanliegen eben ist.
Rhonda Koch: Und nicht das, was sie am meisten beschäftigt. Das wird ihnen fast manchmal so in den Mund gelegt.
Rhonda Koch: Dass Automobilarbeiter sich im Besonderen gegen oder für E-Mobilität oder Autos interessieren.
Rhonda Koch: Also sprich, ich glaube, wir reden eigentlich zu viel über die Produkte der
Rhonda Koch: Transformation und zu wenig eigentlich über die Erfahrungen der Transformation.
Rhonda Koch: Da, glaube ich, kann man eigentlich an vielen Punkten andocken,
Rhonda Koch: weil ich glaube, du hattest es vorhin auch einmal selber erwähnt,
Rhonda Koch: das ist ja nicht so, dass die AutomobilarbeiterInnen sozusagen in die Kategorie Klimaleugner gehören.
Rhonda Koch: Im Gegenteil, es gibt ja Umfragen, wo auch bei AutomobilarbeiterInnen,
Rhonda Koch: auch wenn die sozusagen, ich sag mal, eher am konservativen Rand dann in den
Rhonda Koch: Gesamtumfragen stehen, sind es immer noch zwischen 60 und 70 Prozent,
Rhonda Koch: die eigentlich sich Sorgen um den Klimawandel machen.
Rhonda Koch: Das ist ja klar, die haben auch Kinder und machen sich Sorgen.
Rhonda Koch: Die leben vor allem da, wo ich viel forsche, auch ganz viel auf dem Land.
Rhonda Koch: Also die kennen sozusagen die Probleme von Trockenheit und dergleichen.
Rhonda Koch: Die lieben ihre Naturschutzgebiete, die drumherum liegen.
Rhonda Koch: Bei uns ist das zum Beispiel der Edersee, der ja auch bedroht werden kann und so weiter.
Rhonda Koch: Es gibt ganz viele Anliegen, die unmittelbar ökologisch sind und von ihnen auch angesprochen werden.
Rhonda Koch: Und ich glaube, über diese lebensweltlichen
Rhonda Koch: Erfahrungen muss man mehr sprechen, wie über die Produkte.
Rhonda Koch: Das wäre, glaube ich, so ein Learning quasi für mich jetzt aus der Zeit.
Eva Völpel: Ja, total interessant. Ronda, vielen, vielen Dank für das Interview und ich
Eva Völpel: hoffe, dass wir mit so einem kleinen Einstieg zumindest in das,
Eva Völpel: was so betriebliche Realitäten sind, hier ein Stück weit dazu beitragen,
Eva Völpel: dass wir auch über Gewerkschaften hinaus uns damit mehr beschäftigen,
Eva Völpel: weil ich finde es total schlüssig, wie du das dargestellt hast.
Eva Völpel: Wenn wir irgendwie über eine Mobilitätswende im Großen sprechen wollen und die
Eva Völpel: voranbringen wollen, dann müssen wir uns erstmal damit beschäftigen,
Eva Völpel: was eigentlich in den Betrieben bei den Beschäftigten los ist.
Eva Völpel: In diesem Sinne sehr vielen Dank und dir auf jeden Fall noch viel Erfolg für die weitere Arbeit.
Rhonda Koch: Danke.
Sabine Nuss: Okay, das war das Interview und ich kann total gut verstehen,
Sabine Nuss: Eva, warum du nach dem Treffen auf der Geburtstagsfeier gesagt hast,
Sabine Nuss: das klingt so, das ist so spannend, da wollen wir jetzt mal ein Interview draus
Sabine Nuss: machen, was wir dann auch voll absenden,
Sabine Nuss: weil Ronda kann das auch wirklich toll erzählen.
Sabine Nuss: Und ich habe das Interview ja im Vorfeld schon angehört und war da auch sehr
Sabine Nuss: beeindruckt über die Lebensnähe und wie plastisch das mal so rüberkam,
Sabine Nuss: was da auf dem Hallenboden so passiert und wie es den Menschen geht.
Sabine Nuss: Was mich interessieren würde jetzt erstmal als erste Frage an dich wäre,
Sabine Nuss: was hat dich denn eigentlich am nachdenklichsten gemacht in diesem Gespräch oder danach?
Eva Völpel: Also...
Eva Völpel: Zum einen auch an mir selber festzustellen, dass dieses Fabrikinnenleben eigentlich
Eva Völpel: eine totale Blackbox ist und dass extrem wenig Menschen ja überhaupt mitbekommen,
Eva Völpel: was da wirklich abgeht und dass es gleichzeitig so wahnsinnig wichtig ist,
Eva Völpel: das ein Stück weit mehr zu verstehen und sich auch wirklich empathisch so ein
Eva Völpel: bisschen rein zu versetzen, was Leute da an Arbeit verrichten müssen unter einem Herrschaftssystem,
Eva Völpel: was so fordernd ist und einen auch so kaputt machen kann.
Eva Völpel: Und dass es eben so wenige Leute mitbekommen, ist halt ein Riesenproblem,
Eva Völpel: wenn man eben, wie Ronda das ja auch tut, diesen Zusammenhang herstellt,
Eva Völpel: den ich auch total überzeugend finde.
Eva Völpel: Dass diese große sozial-ökologische Transformationsfrage so eng verknüpft ist
Eva Völpel: mit dem, wie die Transformation sich auf betrieblicher Ebene niederbricht oder
Eva Völpel: ausdrückt für die Leute, die das sozusagen ertragen müssen.
Eva Völpel: Und dass, wenn wir da nicht rangehen, das zu verstehen, anzuerkennen und mit
Eva Völpel: den Leuten, so schwierig das vielleicht auch sein mag, wenn Leute erstmal dann
Eva Völpel: vielleicht auch Haltungen haben,
Eva Völpel: die wir jetzt als Linke irgendwie erstmal doof finden, dass es doch darum gehen
Eva Völpel: muss, da irgendwie zusammenzufinden, ohne zu viel zu entschuldigen,
Eva Völpel: aber zusammenzufinden an der Art und Weise, wo man klar macht,
Eva Völpel: wenn wir eine sozial-ökologische Transformation wollen, dann geht es ganz stark
Eva Völpel: auch darum, wie in den Betrieben gearbeitet wird.
Eva Völpel: Und es muss darum gehen, dass wieder mehr Mitbestimmung stattfindet über diese
Eva Völpel: Art, wie man arbeitet, aber eben auch letztendlich über die Frage,
Eva Völpel: wie Investitionsentscheidungen gefällt werden.
Eva Völpel: Und der zweite Punkt, der mir so ein bisschen Sorge macht, wo ich vorher auch
Eva Völpel: nicht so drüber nachgedacht hatte, ist das, was sie anspricht nach diesem Tarifkonflikt.
Eva Völpel: Also dass sie sagt, sie beschreibt ja eigentlich, wie sehr es noch in den Belegschaften
Eva Völpel: gärt, weil die sagen, wir waren überhaupt nicht richtig streiken.
Eva Völpel: Bei dem krassen Angriff auf uns hätte es eine andere Antwort gebraucht und dass
Eva Völpel: das, wie Ronda das ja auch anreißt, womöglich in der nächsten Zeit eher auf
Eva Völpel: dem Konto von rechten Betriebsratslisten einzahlt.
Eva Völpel: Und da habe ich mich auch gefragt, ob die IG Metall es schafft und sie muss
Eva Völpel: es ja irgendwie schaffen, diese innergewerkschaftliche Aktivierung auf Augenhöhe
Eva Völpel: tatsächlich anzugehen.
Eva Völpel: Also Ronda reißt es ja an in den Tarifrunden des öffentlichen Dienstes,
Eva Völpel: also in den Dienstleistungsgewerkschaften.
Eva Völpel: Da greift das ja so ein bisschen mehr um sich, dass die Beschäftigten mehr eingebunden
Eva Völpel: werden über Delegiertenprinzipien in diesen Tarifrunden.
Eva Völpel: Das hat auch noch total viel Luft nach oben. Aber das, was sie aus der IG Metall
Eva Völpel: schildert, ist ja wirklich noch ein sehr, sehr starker Top-Down-Prozess von
Eva Völpel: der Gewerkschaftsspitze runter und dass die Leute sich da überhaupt nicht mitgenommen
Eva Völpel: fühlen. Und da muss es wirklich rangehen.
Sabine Nuss: Es gibt ja auch diese Studien, ich weiß gar nicht, wir hatten das glaube ich
Sabine Nuss: schon mal erwähnt, von Zusammenhang von größeren demokratischen Beteiligungsprozessen
Sabine Nuss: in Betrieben, die dann eher dazu führen, dass die Leute weniger rechts wählen.
Sabine Nuss: Das ist auch ganz interessant, ja.
Eva Völpel: Und was waren so für dich Punkte, die dir so prägend im Kopf geblieben sind?
Sabine Nuss: Also ich bin ja ein großer Fan von in die Produktionsstätte gehen und die eigentlichen
Sabine Nuss: Verhältnisse dort anzugucken und was mich total abgeholt hat.
Sabine Nuss: Und deshalb ist auch eigentlich den Schluss, den Ron da selber zieht aus ihrer
Sabine Nuss: Arbeit, nämlich wir reden viel zu viel über die Produkte als über die Erfahrung
Sabine Nuss: in der Arbeit und das finde ich total richtig.
Sabine Nuss: Und was das angeht, die Erfahrung in der Arbeit, dann muss man ja auch angucken,
Sabine Nuss: was ist eigentlich das Selbstverständnis derjenigen, die da arbeiten und da...
Sabine Nuss: Habe ich natürlich schon gedacht, naja, das ist schon ganz schön doll gefressen
Sabine Nuss: von allen, dass sie für jemanden arbeiten, der über ihre Arbeit reich wird.
Sabine Nuss: Und da bin ich mir nicht so richtig sicher, wie das ist sozusagen der stumme
Sabine Nuss: Zwang der Verhältnisse, hat Marx das genannt,
Sabine Nuss: also der stumme Zwang der Herrschaftsverhältnisse, der offensichtlich da wirkt.
Sabine Nuss: Ich habe jetzt keine Idee.
Sabine Nuss: Ich weiß auch nicht, ob ich da anders wäre. Ich will jetzt überhaupt nicht so
Sabine Nuss: irgendwie die sein, die am Spielfeldrand steht.
Sabine Nuss: Aber ich finde, in die Richtung müsste man dann, wenn man die Gelegenheit in
Sabine Nuss: diese Betriebe reinzugehen und gewerkschaftliche Debatten zu führen,
Sabine Nuss: immer mal darauf hinweisen, dass es vielleicht auch nicht ganz in Ordnung ist.
Sabine Nuss: Wenn wir schon über unsere Erfahrungen sprechen, dass die Mehrheit der Menschen
Sabine Nuss: dafür arbeitet und zwar unter diesen Bedingungen, wie sie da geschildert worden
Sabine Nuss: sind, dass eine Minderheit sich diese Arbeit aneignet und irrereich wird.
Sabine Nuss: Das ist mir nochmal hängen geblieben, weil da würde ich dann auch genau passend
Sabine Nuss: zu diesem Punkt ist mir nämlich auch ein Mitbringsel eingefallen.
Sabine Nuss: Aber bevor ich das jetzt sage, wollte ich erstmal nochmal dich fragen,
Sabine Nuss: ob du, wenn du ein Mitbringsel hast, würde ich dir jetzt erstmal den Vorzug lassen.
Eva Völpel: Genau. Ja, ich habe ein Mitbringsel mitgebracht, was vielleicht jetzt hier an
Eva Völpel: dem Interview nochmal so ganz gut anknüpft und das nochmal ein Stück weit erweitert.
Eva Völpel: Wir hatten ja häufiger den Namen des Soziologen Klaus Dörre heute gehört und
Eva Völpel: es gibt nochmal ein sehr interessantes Interview, das Elsa Köster vom Freitag
Eva Völpel: mit ihm führt in einem Podcast und zwar dem Podcast eben der Wochenzeitschrift Freitag.
Eva Völpel: Der Titel lautet Vier Ideen, wie wir die AfD besiegen können.
Eva Völpel: Und er nimmt da nochmal aus seiner Perspektive und Forschung eben in der Automobilindustrie
Eva Völpel: den Ball auf und vertieft nochmal
Eva Völpel: etliche Punkte, die wir heute nur so ein bisschen angerissen haben.
Eva Völpel: Das Interessante ist, dass er da auch nochmal viel stärker auf Ostdeutschland
Eva Völpel: guckt und der Podcast ist zwar von Anfang 2024, als gerade die großen Demonstrationen
Eva Völpel: gegen die AfD auf der Straße waren,
Eva Völpel: aber der hat an Aktualität, was man tun kann und müsste gegen das Erstarken der AfD,
Eva Völpel: nichts an Aktualität verloren. Und ich finde den nochmal sehr interessant.
Eva Völpel: Klaus Dörre vertieft da unter anderem auch nochmal diese ganze Frage von,
Eva Völpel: wir brauchen mehr Mitbestimmung in den Fragen der Investitionsentscheidungen.
Eva Völpel: Aber das ist wirklich nur ein Aspekt unter vielen Interessanten.
Eva Völpel: Also den lege ich euch nochmal sehr ans Herz. Wir scheiben es in die Shownotes.
Eva Völpel: Und du Sabine, was hast du mitgebracht?
Sabine Nuss: Also erst mal was ganz Kleines. Stefan Krull, den hatten wir hier schon mal,
Sabine Nuss: der auch bei VW war und einen Blog führt, wo er die aktuellen Ereignisse bei VW auch kommentiert.
Sabine Nuss: Wenn da nochmal jemand was zu diesem Haustarif bei Volkswagen, der zum 1.
Sabine Nuss: Juli ja ausgelaufen ist, erfahren möchte, er analysiert den da auf seinem Blog.
Sabine Nuss: Wir machen den Link in die Shownotes und er spricht ganz klar,
Sabine Nuss: um es auf den Punkt zu bringen, von einem gigantischen Lohnraub durch die Eigentümer
Sabine Nuss: und das Management. Moment, das Mitbringsel geht ein bisschen in eine ganz ähnliche Richtung.
Sabine Nuss: Offensichtlich ist es doch ein bisschen bekannt, das war mir gar nicht klar,
Sabine Nuss: dass ich zum Thema Vergesellschaftung arbeite, weil vor ein paar Wochen hat
Sabine Nuss: mich jemand angeschrieben, den ich nicht kenne, über Facebook,
Sabine Nuss: über die Direct Message Funktion.
Sabine Nuss: Und zwar war es ein Vertrauensmann, der schon 40 Jahre bei VW in Kassel arbeitet und der am 4.
Sabine Nuss: Juni dort bei einer riesigen Betriebsversammlung eine Rede gehalten hat.
Sabine Nuss: Und diese Rede hat er mir geschickt.
Sabine Nuss: Und er hat mir auch dazu geschrieben, dass er viel Applaus bekommen hat bei
Sabine Nuss: dieser Betriebsversammlung. Und ich fand es total nett und habe mir das durchgelesen,
Sabine Nuss: was er da geschrieben hat. Das ist jetzt zu lang, das möchte ich jetzt nicht wiedergeben.
Sabine Nuss: Er hat natürlich ganz kurz kritisiert, dass jetzt Kriegsproduktion stattfinden
Sabine Nuss: soll, also nicht mehr Autos, sondern Panzer gebaut werden sollen an manchen Standorten.
Sabine Nuss: Er hat natürlich Privateigentum an Produktionsmitteln kritisiert.
Sabine Nuss: Er hat irgendwie kritisiert, dass diese 35.000 Stellen, hat er in seiner Rede
Sabine Nuss: geschrieben, abgebaut werden sollen, dass die Leiharbeiter weggeputzt werden,
Sabine Nuss: wie tote Fliegen von der Fensterscheibe und so.
Sabine Nuss: Aber wo ich drüber gestolpert bin und was ich dann nochmal nachrecherchiert
Sabine Nuss: habe, dass er geschrieben hat, mit dem Geld,
Sabine Nuss: womit Porsche sich jetzt in Salzburg einen Privattunnel bauen lässt durch einen
Sabine Nuss: Berg zu seiner privaten Luxusvilla, hätte man jetzt auch die Leiharbeiter weiter beschäftigen können.
Sabine Nuss: Und da habe ich gedacht, was, Porsche in Salzburg Tunnel, das hatte ich noch
Sabine Nuss: gar nicht gehört, ja, habe das mal nachrecherchiert und in der Tat,
Sabine Nuss: ich finde es wirklich krass, hat Wolfgang Porsche, Hauptanteilseigner von VW,
Sabine Nuss: Vor vier Jahren die Stefan-Zweig-Villa gekauft für 8,4 Millionen Euro.
Sabine Nuss: Er möchte diesen Sommer mit seiner Familie da einziehen, er saniert sie gerade.
Sabine Nuss: Und weil es offensichtlich in Salzburg ein bisschen schwierig ist,
Sabine Nuss: so einen Berg hochzufahren, hat er die Stadt gefragt, ob er nicht einfach so
Sabine Nuss: durch den Fels so einen Tunnel bauen kann zu seiner Villa, um dort dann acht
Sabine Nuss: Parkplätze oder neun wahrscheinlich auch für seinen Luxusfuhrpark hinstellen zu können.
Sabine Nuss: Die Stadt hat gesagt, ja, wegerecht musst du aber bezahlen.
Sabine Nuss: 40.000 Euro, also quasi nichts.
Sabine Nuss: Genau, Peanuts. Und das ist erst jetzt nochmal hochgeholt worden.
Sabine Nuss: Und jetzt ist es auch umstritten. Es ist auch nicht klar, ob das jetzt passieren
Sabine Nuss: soll, weil man eigentlich aus Umweltperspektive sagt, man wollte diese Felswände
Sabine Nuss: eigentlich erhalten und da keine Löcher durchbohren.
Sabine Nuss: Und ich fand es halt irgendwie interessant, weil Stefan Zweig ist im Grunde
Sabine Nuss: genommen derjenige, dessen Bücher verbrannt worden sind zur Nazizeit,
Sabine Nuss: der vor dem Faschismus flüchten musste,
Sabine Nuss: sich dann später das Leben genommen hat und jetzt zieht da jemand ein mit Promporius,
Sabine Nuss: dessen Großvater sich Hitler an den Hals geschmissen hat.
Sabine Nuss: Und ich finde es irgendwie alles so krass, diese Geschichte.
Sabine Nuss: Und die ganze Geschichte, warum er das überhaupt machen kann,
Sabine Nuss: ist, weil überall auf der Welt und auch vor allen Dingen in Deutschland Leute
Sabine Nuss: arbeiten für das, was er sich dann quasi als Reichtum aneignet.
Sabine Nuss: Das ist das, was mir da nochmal, was ich nochmal so schön finde,
Sabine Nuss: was das bebildert, was ich vorhin gesagt habe.
Sabine Nuss: Und der vorletzte Punkt kurz, ich habe da nochmal geguckt auf der Webseite von
Sabine Nuss: Porsche, habe ich mich nochmal ein bisschen nach den genauen Eigentümerverhältnissen,
Sabine Nuss: wie die zueinander stehen.
Sabine Nuss: Und ja, also Porsche ist tatsächlich da doch der wichtigste Anteilseigner,
Sabine Nuss: aber sie schreiben, und das möchte ich hier nochmal kurz sagen,
Sabine Nuss: ihre Investitionsstrategie von Porsche.
Sabine Nuss: Es ist nämlich nicht so, dass sie deshalb investieren, weil sie Arbeitsplätze
Sabine Nuss: in was weiß ich wo in Kassel schaffen wollen oder weil sie irgendwie die Bedürfnisse
Sabine Nuss: von uns nach Porsche stillen wollen, sondern sie zielen darauf ab,
Sabine Nuss: wortwörtlich steht hier, ich zitiere, auf die Wertschaffung für ihre Aktionäre
Sabine Nuss: und diese orientiert sich an der Wertsteigerung und an den Dividenden, ganz klar.
Sabine Nuss: Also falls jemand nochmal mir erzählt, die schaffen uns ja auch Arbeitsplätze,
Sabine Nuss: ja, das ist aber nur ihr Mittel, wie man jetzt sieht, wenn sie mehr Rendite
Sabine Nuss: machen wollen oder mehr als eigentlich ginge jetzt, dann werden halt auch Leute entlassen.
Sabine Nuss: Und der Vertrauensmann, und damit runde ich die Geschichte ab,
Sabine Nuss: der mir da gestern von seiner Rede erzählt hat, hat nochmal darauf hingewiesen,
Sabine Nuss: dass es in der IG Metall-Satzung diesen bekannten Paragrafen 2 gibt,
Sabine Nuss: die Demokratisierung der Wirtschaft.
Sabine Nuss: Und da habe ich auch nochmal ein bisschen mich informiert, wie ist denn innerhalb
Sabine Nuss: der Belegschaften und der Gewerkschaften die Debatte um diese Demokratisierung?
Sabine Nuss: Und da wurde mir dann gesagt, ja, es gibt Einzelne, die da vielleicht ernsthaft
Sabine Nuss: drüber nachdenken, Aber im Grunde genommen wird es als komplett unrealistisch leider abgetan.
Eva Völpel: Ja, da müssen wir ran. Das ist die große Herausforderung. Das ist ja auch das,
Eva Völpel: was Hans-Jürgen Urban immer wieder sagt.
Sabine Nuss: Richtig.
Eva Völpel: Der im geschäftsführenden Vorstand der IG Metall sitzt.
Eva Völpel: Vielen Dank, Sabine, für dieses Mitbringsel. Ich hatte da vor kurzem drüber
Eva Völpel: gelesen, über diesen Tunnel und fand es auch völlig irre.
Eva Völpel: Also ich hatte gelesen, dass da jetzt auch tatsächlich eine Protestbewegung sich informiert.
Eva Völpel: Ja, aber da schlackert man wieder nur mit den Ohren, wenn man das hört.
Sabine Nuss: Ja, auch dir danke Eva für das tolle Interview.
Sabine Nuss: Ich würde denken, wir sind damit am Ende und bedanke mich für die Aufmerksamkeit
Sabine Nuss: bei allen und hoffe, es hat gefallen.
Sabine Nuss: Und wie immer könnt ihr, können sie uns schreiben unter der Adresse armutszeugnis.rosalux.org.
Sabine Nuss: Wir lesen wirklich alles.
Sabine Nuss: Wir antworten auch immer, wenn auch nicht immer sofort. Aber wir sind interessiert
Sabine Nuss: und freuen uns. Und damit auf Wiederhören.
Eva Völpel: Tschüss, bis zum nächsten Mal. Vielen Dank.
Neuer Kommentar