#16: Aufrüstung: Mit Waffen zu Wohlstand?
Shownotes
Deutschland rüstet massiv auf. Das Wort vom „Kriegskeynesianismus“ macht die Runde – dahinter steckt die Annahme, dass steigende Rüstungsausgaben Deutschland nicht nur sicherer machen, sondern zugleich für mehr Wachstum und Wohlstand sorgen. Aus Sicht vieler Ökonom*innen eine Win-Win-Situation. Aber was passiert eigentlich, wenn riesige, über öffentliche Kredite finanzierte Investitionen in die Beschaffung von Kriegsgerät fließen? Sorgt das tatsächlich für nennenswert mehr Wachstum? Oder gehen uns stattdessen Ressourcen beispielsweise für die Klimatransformation verloren? Und wie groß ist die Gefahr, dass ein Großteil der öffentlichen Gelder in überteuerte Rüstungsgüter fließt und die private Rüstungsindustrie den Staat als cash cow ausnimmt?
Schreibt uns an: armutszeugnis@rosalux.org
Shownotes:
Hier geht‘s zum Dissens-Podcast Folge 297, in dem der Rüstungsexperte Alexander Lurz (Greenpeace) unter anderem über das militärische Kräfteverhältnis zwischen der NATO und Russland spricht, basierend auf der Greenpeace-Studie: «Wann ist genug genug?»
Einschätzungen des Ökonomen Moritz Schularick bzw. eine weitere Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zum Thema Aufrüstung und Wachstum
Stellungnahme des Ökonomen Tom Krebs für den Deutschen Bundestag zur Reform der Schuldenbremse und der Wirkung der Aufrüstungsmilliarden
Renata Allio: Der ökonomische Nutzen von Krieg und Rüstungsproduktion. In: PROKLA, Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
Michael Brozska: Arsenale, Aufträge, Amigos - (K)eine Wende in der Rüstungsbeschaffung der Bundeswehr?
Dorothea Schmidt: Gibt es in Deutschland einen militärisch-industriellen Komplex? In: PROKLA, Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
Song Kapitulation von Tocotronic
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Transkript anzeigen
Sabine Nuss: Herzlich willkommen zur neuen Folge von Armutszeugnis, dem Wirtschaftspodcast.
Sabine Nuss: Der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Sabine Nuss: Hallo an alle, die uns gerade zuhören. Hallo, liebe Eva.
Eva Völpel: Hallo, Sabine.
Sabine Nuss: Eva, du hast uns heute ein Thema mitgebracht, das ich jetzt mal unter das Motto schwere Kost stelle.
Sabine Nuss: Jetzt nicht, weil es kompliziert wäre, sondern weil es ein ziemlich bedrückendes Thema ist.
Sabine Nuss: Es geht nämlich um Aufrüstung. Um Aufrüstung und zwar bezogen auf die Frage,
Sabine Nuss: was Aufrüstung mit der Gesellschaft macht, insbesondere mit wirtschaftlichen
Sabine Nuss: Zusammenhängen und vor dem Hintergrund, also insbesondere hast du dir angeguckt,
Sabine Nuss: was an dem Zusammenhang dran ist, dass Aufrüstung zu Wirtschaftswachstum führt.
Sabine Nuss: Das wird ja derzeit allüberall behauptet.
Sabine Nuss: Exemplarisch dafür zitiere ich jetzt mal den Ökonomen Moritz Schularik.
Sabine Nuss: Der seines Zeichens Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft nicht
Sabine Nuss: müde wird zu betonen, dass Deutschland als Staat bzw.
Sabine Nuss: Die Regierung massiv aufrüsten müsse angesichts der Weltlage für unsere Sicherheit.
Sabine Nuss: Gleichzeitig, sagt er, hätte auch so eine Art Kollateralnutzen,
Sabine Nuss: also Kollateralnutzen ist jetzt mein Begriff, er nennt es oder es ist eigentlich
Sabine Nuss: in seiner Interpretation eine Win-Win-Situation, weil diese Aufrüstung gleichzeitig
Sabine Nuss: die Wirtschaft ankurbeln würde.
Sabine Nuss: Die schwächelt, wie wir ja auch ständig hören. Das heißt, Win-Win-Situation
Sabine Nuss: ist mehr Sicherheit und mehr Wachstum.
Sabine Nuss: Er bringt es auf die Formel Aufrüsten für den Wohlstand.
Sabine Nuss: Und darum soll es jetzt in dieser Folge gehen. Das hast du dir näher angeguckt,
Sabine Nuss: Eva, um es kurz vorwegzunehmen.
Sabine Nuss: Ich würde ja sagen, selbst wenn es stimmen würde, wäre es für mich immer noch
Sabine Nuss: kein guter Grund, aufzurüsten.
Sabine Nuss: Aber jetzt mal das zur Seite gestellt, finde ich ja erstmal auf den ersten Blick einleuchtend.
Sabine Nuss: Wenn man das jetzt so sieht, wenn der Staat investiert in Rüstung,
Sabine Nuss: entstehen Arbeitsplätze, können Unternehmen Profite machen, entsteht Wachstum.
Sabine Nuss: Das ist jetzt, denke ich, auch landläufig erstmal die allgemeine Meinung.
Sabine Nuss: Lustigerweise war jetzt gerade meine Mutter zu Besuch hier in Berlin bei mir
Sabine Nuss: und dann haben wir auch darüber gesprochen und sie hat auch gesagt,
Sabine Nuss: ja, Aufrüstung ist irgendwie schwierig, aber wir brauchen das ja wegen der Arbeitsplätze.
Sabine Nuss: Und da möchte ich jetzt mal, Eva, mal ganz kurz vorweg gespoilert,
Sabine Nuss: auch wenn es auf den ersten Blick einleuchtend ist, ist da auch was dran?
Eva Völpel: Nee, da ist nichts dran, beziehungsweise nicht in diesem Maße und man muss das
Eva Völpel: auf verschiedenen Ebenen hinterfragen.
Eva Völpel: Und ich glaube, das ist gerade in der Debatte, die wir jetzt erleben,
Eva Völpel: auch total wichtig, da mal genauer hinzugucken, weil das wirklich eines der
Eva Völpel: großen Argumente ist, mit denen Aufrüstung auch gerechtfertigt wird.
Sabine Nuss: Jetzt schicke ich die Folge auch meiner Mutter.
Eva Völpel: Ja, ich bin gespannt, was sie dann dazu sagen wird.
Sabine Nuss: Ich auch.
Eva Völpel: Genau, also ich habe mir genau das angeguckt, was macht Aufrüstung mit einer
Eva Völpel: Wirtschaft und ich habe mir auch ein bisschen angeguckt, was ist das für eine
Eva Völpel: Industrie, also unter welchen Bedingungen fließen da jetzt diese ganzen staatlichen
Eva Völpel: Gelder in die Rüstungsindustrie und da kann man auch schon mal vorweg schieben,
Eva Völpel: dass der Staat für die Rüstungsindustrie eine leicht zu melkende Cash-Cow ist
Eva Völpel: und dass wir auf Seiten der privaten Rüstungsindustrie natürlich enorme Profite
Eva Völpel: durch diese Aufrüstung haben werden.
Sabine Nuss: Gut, dann gehen wir da jetzt mal in die Tiefe.
Sabine Nuss: Zuerst würde mich interessieren, heute wird ja offiziell die neue Regierung,
Sabine Nuss: habe ich jetzt gehört, im Radio wird heute irgendwie der Koalitionsvertrag unterzeichnet.
Sabine Nuss: Und da geht es jetzt los. Wie viel Geld fließt denn jetzt tatsächlich in die Aufrüstung insgesamt?
Eva Völpel: Also ganz genau kann man das noch nicht sagen, weil das erst feststehen wird,
Eva Völpel: wenn der Haushalt dann auch tatsächlich aufgestellt ist.
Eva Völpel: Aber zur Erinnerung, im Hauruck-Verfahren wurde im März ja noch mit der alten
Eva Völpel: Bundestagsbesetzung die Schuldenbremse geändert.
Eva Völpel: Das heißt, die Schuldenbremse gilt grundsätzlich weiterhin, aber für Aufrüstungskredite
Eva Völpel: gibt es jetzt eine Ausnahmeregelung, also sozusagen carte blanche oder wie Merz
Eva Völpel: das ja gesagt hat, whatever it takes.
Eva Völpel: Das heißt, alle Ausgaben über ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes,
Eva Völpel: die können künftig für Aufrüstung von der Schuldenbremse ausgenommen werden.
Eva Völpel: Und das bedeutet also faktisch für Waffen- und Kriegsgerät ist künftig eine
Eva Völpel: Verschuldung ohne Limit möglich. Und wie viel dann am Ende tatsächlich da reingeschoben
Eva Völpel: wird, das wird sich jetzt zeigen.
Eva Völpel: Wir haben ja im Moment die Debatte darum, dass
Eva Völpel: zwei Prozent ungefähr des Bruttoinlandsproduktes in die Rüstung fließen.
Eva Völpel: Und es gibt ja verschiedene Stimmen, auch Robert Habeck hatte das noch gefordert,
Eva Völpel: als er noch im Amt war, dass wir jetzt mindestens 3,5 Prozent bräuchten.
Eva Völpel: Es gibt sogar Leute, die fordern schon 5 Prozent.
Eva Völpel: Also das wären irre Summen, wenn man jetzt allein mal ausgeht davon,
Eva Völpel: dass das auf 3 Prozent des BIP erhöht würde, dann würde das bedeuten,
Eva Völpel: dass jedes Jahr über 130 Milliarden Euro in die Aufrüstung fließen würden.
Eva Völpel: Und vielleicht, um das mal klar zu machen, was das für eine Dimension ist,
Eva Völpel: der reguläre Verteidigungsetat, der liegt zurzeit bei rund 52 Milliarden Euro.
Eva Völpel: Also das ist mehr als eine Verdoppelung, die da ansteht.
Eva Völpel: An Geldern, die dann für Aufrüstung zur Verfügung stünden. Und das ist einfach, wie ich finde, krass.
Sabine Nuss: Und das ist vor allem vor dem Hintergrund krass, dass wir uns vor dieser Entscheidung,
Sabine Nuss: diese Summen auszugeben, ja, ich sage jetzt mal jahrelang anhören mussten, es ist kein Geld da.
Sabine Nuss: Das finde ich so irgendwie irre, dass man irgendwie denkt, wir haben irgendwie
Sabine Nuss: in der Vergangenheit, also zumindest die linksliberalen Parteien und Menschen,
Sabine Nuss: die da irgendwie so in die Richtung denken, gesagt, lass uns doch mal ein bisschen
Sabine Nuss: mehr Geld ausgeben für Kinder,
Sabine Nuss: für Armut, für Kultur und so weiter und so fort. Nein, kein Geld,
Sabine Nuss: kein Geld, kein Geld, kein Geld.
Sabine Nuss: Und ich finde, man sollte sich das jetzt ruhig auch nochmal merken.
Sabine Nuss: Es ist eine Frage der Prioritätensetzung, aber es ist durchaus offensichtlich,
Sabine Nuss: wenn man möchte, Geld da.
Eva Völpel: Ja, Geld ist auf jeden Fall da. Ja, und vor allen Dingen muss man sich nochmal
Eva Völpel: klar machen, das ist ja nicht das einzige Geld, was in die Aufrüstung fließt.
Eva Völpel: Parallel dazu wird ja auch auf EU-Ebene aufgerüstet. Also laut EU-Kommission,
Eva Völpel: das ist übrigens beschlossen worden am EU-Parlament vorbei,
Eva Völpel: sollen in den nächsten vier Jahren mindestens bis zu 800 Milliarden Euro,
Eva Völpel: das ist eine Acht mit elf Nullen, in die Aufrüstung fließen.
Eva Völpel: Und das heißt, das müssen wir alles noch dazu denken, dass wir hier eine wahnsinnige
Eva Völpel: Rüstungsspirale haben, die in Gang gesetzt werden soll.
Sabine Nuss: Du hast auch im Vorfeld, haben wir auch darüber gesprochen, dass da jetzt auch
Sabine Nuss: von der Kriegswirtschaft die Rede ist und gleichzeitig wird immer von Kriegstüchtigkeit
Sabine Nuss: gesprochen, dass wir jetzt alle kriegstüchtig werden müssen.
Sabine Nuss: Also ich muss mir echt sagen, ich finde es wirklich echt.
Sabine Nuss: Unglaublich widerlich, dieses Ganze. Kriegstüchtig sein müssen,
Sabine Nuss: Kriegswirtschaft, das ist wirklich furchtbar.
Sabine Nuss: Aber das scheint offensichtlich für viele Leute der Preis zu sein,
Sabine Nuss: den, der jetzt angeblich gezahlt werden muss, für unsere Sicherheit.
Sabine Nuss: Das hat sich mein Dafürhalten irgendwie durchgesetzt.
Eva Völpel: Ja, ich finde es wichtig, mal über diesen Punkt jetzt zu reden,
Eva Völpel: denn Angst spielt ja eine ganz maßgebliche Rolle in der Debatte.
Eva Völpel: Ich kann auch verstehen, dass vielen die Situation eines Kriegs mitten in Europa
Eva Völpel: wirklich große Sorgen macht und dass sie natürlich, wie wir alle,
Eva Völpel: die gewachsenen Spannungen mit Russland wahrnehmen.
Eva Völpel: Und man muss auch nichts schönreden, Russland ist ein autoritäres Regime,
Eva Völpel: das einen Teil seiner Bevölkerung ohne Gnade als Kanonenfutter da in einem brutalen
Eva Völpel: Angriffskrieg in der Ukraine verheizt. Ich würde aber sagen,
Eva Völpel: wir brauchen trotzdem einen kühlen Kopf, um uns die Situation anzugucken.
Eva Völpel: Und der geht mir in der medialen Debatte, also dieser analytische Blick,
Eva Völpel: der wirklich abwägt, der geht mir in weiten Teilen dann doch irgendwie verloren.
Eva Völpel: Ich will mal ein Beispiel nennen.
Eva Völpel: Man muss sich vielleicht mal oder man sollte sich vor Augen führen.
Eva Völpel: Russland führt seit drei Jahren einen brutalen Krieg in der Ukraine,
Eva Völpel: aber eben ohne seine Kriegsziele, nämlich einen Sturz der Regierung in Kiew
Eva Völpel: und eine dauerhafte Eroberung eines Teils der Ukraine zu erreichen.
Eva Völpel: Das heißt, offensichtlich ist ja die russische Kriegskapazität gar nicht so
Eva Völpel: stark, wie jetzt immer beschworen wird.
Eva Völpel: Und das muss man, glaube ich, mal festhalten, um so ein bisschen die Relation
Eva Völpel: wieder gerade zu rücken.
Eva Völpel: Weil wir nämlich auf der anderen Seite ja so Stimmen hören, wie zum Beispiel
Eva Völpel: den britischen Premier Kyrstama.
Eva Völpel: Der sagt, Russland steht morgen in Großbritannien. Oder Macron,
Eva Völpel: der französische Premier, der sagt, Russland kennt keine Grenzen.
Eva Völpel: Frankreich ist direkt bedroht. Und auch die ehemalige Außenministerin Annalena
Eva Völpel: Baerbock, die hat mal, ich paraphrasiere das jetzt, ungefähr so gesagt,
Eva Völpel: ja, wenn Russland in der Ukraine nicht aufgehalten wird, dann marschiert es
Eva Völpel: einfach durch, durch Polen und danach kommt halt schon direkt Brandenburg.
Sabine Nuss: Ja, und ich habe irgendwie vor ein paar Wochen mal gelesen, dass Geheimdienste
Sabine Nuss: sagen, das ist auch mal so schön in der Zeit, Geheimdienste sagen,
Sabine Nuss: dass Putin London und Berlin im Jahr 2030 angreifen wird.
Eva Völpel: Genau, das ist eine Expertise, die geht auf den BND zurück.
Eva Völpel: Wir kennen nicht die genauen Einschätzungen, die dahinter liegen.
Eva Völpel: Das ist ja nicht veröffentlicht, aber mir ist auch aufgefallen,
Eva Völpel: das ging dann so durch die Medien, als, das steht eigentlich schon fest,
Eva Völpel: 29, 30 ist hier klar, Putin wird den Krieg über komplett Europa ausrollen.
Eva Völpel: Das meine ich mit der Verhältnismäßigkeit, die da verloren geht.
Eva Völpel: Und das hat meiner Meinung nach nichts damit zu tun, dass man jetzt irgendwie
Eva Völpel: das russische Regime schön redet.
Eva Völpel: Aber, und das ist ein ganz entscheidender Punkt, man muss sich auch die Unterschiede
Eva Völpel: in der Kriegstüchtigkeit, jetzt benutze ich auch mal dieses bescheuerte Wort,
Eva Völpel: zwischen Russland und den europäischen NATO-Ländern deutlich machen.
Eva Völpel: Also NATO, dieses Militärbündnis aus 32 europäischen und nordatlantischen Staaten, ja,
Eva Völpel: selbst wenn man die USA da mal komplett rauslässt, weil man jetzt sagen würde,
Eva Völpel: die sind so ein unsicherer Partner mittlerweile, die ziehen sich vielleicht
Eva Völpel: komplett zurück, was ich jetzt nicht glaube, was auch andere Leute sagen,
Eva Völpel: dass es eher unwahrscheinlich ist.
Eva Völpel: Aber selbst wenn man nur auf diese europäischen Verteidigungs- oder Rüstungsfähigkeiten
Eva Völpel: guckt, dann gibt es eine wichtige Studie, die sagt, die europäischen NATO-Staaten
Eva Völpel: sind Russland deutlich überlegen.
Eva Völpel: Sie gaben 2023 rund 430 Milliarden US-Dollar für die Militärausgaben aus und
Eva Völpel: Russland hingegen 300 Milliarden US-Dollar und das ist kaufkraftbereinigt.
Eva Völpel: Und auch in den einzelnen Kategorien, wie so Großwaffensysteme,
Eva Völpel: militärische Einsatzbereitschaft, Truppenstärke, Rüstungsproduktion,
Eva Völpel: liegen die europäischen NATO-Staaten vor Russland.
Eva Völpel: Das ist eine Studie von Greenpeace. Wir verlinken die auch nochmal in den Shownotes.
Eva Völpel: Und interessant daran ist, dass die jetzt auch vielfach so angezweifelt wird.
Eva Völpel: Aber der Alexander Lurz, das ist der Rüstungsexperte bei Greenpeace,
Eva Völpel: der an der Studie mitgeschrieben hat, Die hatten in einem sehr interessanten,
Eva Völpel: langen Interview im Dissens-Podcast vor einiger Zeit darüber und über viele
Eva Völpel: andere Aspekte der ganzen Frage gesprochen.
Eva Völpel: Und das lege ich nochmal sehr ans Herz, weil der das natürlich nochmal genauer
Eva Völpel: aufdröselt. Und er sagt ganz klar, die Studie ist nicht widerlegt.
Eva Völpel: Auch wenn es da jetzt irgendwie immer wieder Leute gibt, die sagen,
Eva Völpel: das stimmt doch alles gar nicht.
Eva Völpel: Und das heißt, mein Eindruck ist, bei aller Aggressivität des russischen Regimes
Eva Völpel: verschwimmen die Maßstäbe in der Debatte.
Eva Völpel: Und das ist deswegen ein Problem, weil man mit Angst und Panik schlechte Entscheidungen trifft.
Eva Völpel: Also zum einen führt es dazu, dass diplomatische Bemühungen und das Sprechen
Eva Völpel: darüber und das Einfordern von allem, was da möglich ist, total an den Rand getroffen sind.
Eva Völpel: Und zum anderen führt es eben dazu, dass ich glaube, dass viele Leute jetzt
Eva Völpel: so denken, naja gut, jetzt müssen wir halt aufrüsten und damit wird jedes Rüstungsprojekt
Eva Völpel: einfach so durchgewunken.
Eva Völpel: Und das ist ein Riesenproblem, weil wir gerade jetzt eigentlich genau hinschauen müssten.
Eva Völpel: Also was soll da eigentlich alles wofür gekauft werden?
Eva Völpel: Macht das überhaupt Sinn oder macht es keinen Sinn? Und mein Fazit ist,
Eva Völpel: ich habe es schon gesagt, da verrutschen komplett die Maßstäbe.
Eva Völpel: Und nochmal vielleicht ein Aspekt, der mir auch immer so auffällt,
Eva Völpel: selbst wenn jetzt Hörerinnen, was ich mir gut vorstellen kann,
Eva Völpel: sagen, okay, mich überzeugt es immer noch nicht, weil Russland macht mir richtig
Eva Völpel: Angst und ich will das nicht unterschätzen.
Eva Völpel: Sie haben ja schließlich auch die Ukraine angegriffen.
Eva Völpel: Okay, aber selbst dann müsste man sich doch zumindest mal die Frage stellen,
Eva Völpel: was ist eigentlich in den letzten Jahren passiert mit all diesen irren Milliarden,
Eva Völpel: die ja schon seit längerer Zeit gesteigert in die Verteidigungsausgaben fließen.
Eva Völpel: Also Deutschland ist jetzt nach aktuellen Zahlen vom Stockholm International
Eva Völpel: Peace Research Institute, SIPRI,
Eva Völpel: das ist sozusagen das anerkannte Forschungsinstitut, was Friedens- und Konfliktforschung
Eva Völpel: angeht, aber auch was die Rüstungsausgaben der einzelnen Länder angeht.
Eva Völpel: Liegt Deutschland mittlerweile weltweit an vierter Stelle, was die Rüstungsausgaben angeht.
Eva Völpel: Und diese Steigerung der Rüstungsausgaben, das sehen wir seit ungefähr zehn
Eva Völpel: Jahren in den NATO-Staaten und auch in Deutschland.
Eva Völpel: Und selbst wenn man jetzt denkt, man müsste aufrüsten, muss man sich doch an
Eva Völpel: dem Punkt fragen, wie kann es sein,
Eva Völpel: dass so viel Geld Jahr um Jahr in die Aufrüstung fließt und trotzdem sich jetzt
Eva Völpel: generell hinstellen und sagen, die Bundeswehr, die steht blank da.
Eva Völpel: Das ist doch völlig grotesk.
Sabine Nuss: Was ist dann eigentlich passiert mit dem Geld? Ja, genau.
Sabine Nuss: Das ist jetzt so ein bisschen, also ich habe jetzt gerade kurz überlegt,
Sabine Nuss: während du da nochmal erzählt hast mit dem, man muss da genauer hingucken.
Sabine Nuss: Das klang jetzt auch so ein bisschen, das ist auch so ein bisschen Teilpropaganda
Sabine Nuss: als Legitimation, damit Deutschland und die EU aufrüsten können.
Sabine Nuss: Und da ist ein bisschen die Frage, was sind denn dann die Interessen,
Sabine Nuss: wenn dieses Bedrohungsszenario Russland in diesem Ausmaß möglicherweise auch
Sabine Nuss: nicht so ganz glaubwürdig ist vor dem Hintergrund, was du gerade gesagt hast.
Sabine Nuss: Da kann ja durchaus sein, dass in der allgemeinen Verschiebung der Weltmachtlage,
Sabine Nuss: also dass jetzt zum Beispiel die USA vielleicht so gar nicht mehr auf der kompletten
Sabine Nuss: Seite des Westens, was wie auch immer man das dann sieht, steht,
Sabine Nuss: sondern dass die EU, also Europa dafür sorgen muss, dass sie mitspielen können
Sabine Nuss: gegen China, gegen die USA und so weiter und so fort.
Sabine Nuss: Und dass vielleicht auch so ein gehöriges EU-Weltmachtstreben der Grund ist
Sabine Nuss: für den Wunsch nach Aufrüstung.
Eva Völpel: Also ich sehe da auf jeden Fall eine große Gefahr drin. Ich glaube auch,
Eva Völpel: dass wir jetzt einerseits die Situation haben, dass uns gesagt wird,
Eva Völpel: wir müssen aufrüsten für die Landesverteidigung oder Bündnisverteidigung,
Eva Völpel: aber dass man sehr wachsam darauf gucken muss, was das letztlich tatsächlich bedeutet.
Eva Völpel: Weil ich auch sagen würde, es verschieben sich gewaltig die Machtverhältnisse
Eva Völpel: in der globalen Konkurrenz und zwischen den Staaten.
Eva Völpel: Und ich glaube auch, dass es wichtig ist, darauf zu gucken, was die EU geopolitisch
Eva Völpel: eigentlich da gerade für eine Rolle einnehmen will.
Sabine Nuss: Genau, in die Richtung hatte ich so ein bisschen gedacht, dass man da nicht
Sabine Nuss: sich ablenken lassen darf von diesem wichtigen Aspekt.
Sabine Nuss: Aber wohin genau jetzt das Geld geflossen ist und auch noch fließen soll, das machen wir später.
Sabine Nuss: Jetzt gehen wir vielleicht doch nochmal zurück auf diesen Zusammenhang.
Sabine Nuss: Was passiert denn jetzt eigentlich?
Sabine Nuss: Welcher in dieser Aufrüstungsdynamik bezogen auf dieses Wirtschaftswachstum?
Sabine Nuss: Also haben wir hier wirklich, wenn man das so nennen möchte,
Sabine Nuss: eine Win-Win-Situation?
Eva Völpel: Ja, du hast es ja schon angesprochen, dieses Schlagwort aufrüsten für den Wohlstand.
Eva Völpel: Da muss man natürlich jetzt mal ganz kurz noch vorweg schicken,
Eva Völpel: der Wohlstandsbegriff, der ist natürlich eh schon schwierig.
Eva Völpel: Weil was dann so Mainstream-Ökonomen als Wohlstand verstehen,
Eva Völpel: das ist was anderes, als was wir darunter verstehen würden.
Eva Völpel: Und gemessen wird es ja landläufig immer am BIP, also am Bruttoinlandsprodukt, so der Wohlstand.
Sabine Nuss: Also das Wachstum, von dem man dann Wohlstand aus generiert.
Sabine Nuss: Also das Wachstum ist quasi die Zahl, was das BIP misst, oder?
Eva Völpel: Genau, das Wachstum ist die Zahl, die das BIP misst und viele machen halt diesen
Eva Völpel: Rückschluss, weil das BIP wächst, bedeutet das, wir haben mehr Wohlstand.
Eva Völpel: Und das ist natürlich wirklich absurd, weil es gibt ja schon lange eine Kritik
Eva Völpel: daran, dass dieses Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator genutzt wird.
Eva Völpel: Und da will ich jetzt nur ganz kurz anreißen, dass das insofern ein Problem
Eva Völpel: ist, weil das BIP misst nur die zu Marktpreisen bewertete Produktion einer gesamten
Eva Völpel: Gesellschaft. Das heißt, ganz viel fällt da gar nicht rein.
Eva Völpel: Also wichtige Arbeiten wie die Care-Arbeit, die unentlohnte oder ehrenamtliche
Eva Völpel: Arbeit, die taucht im BIP nicht auf.
Eva Völpel: Die ist aber natürlich für den Wohlstand einer Gesellschaft,
Eva Völpel: sind solche Arbeiten total unentbehrlich.
Eva Völpel: Anderes Beispiel, das BIP ist einfach blind gegenüber der Frage,
Eva Völpel: ja okay, warum wächst jetzt eine Wirtschaft, wenn jetzt wegen der Klimakatastrophe
Eva Völpel: riesige Flutkatastrophen passieren, wie im Ahrtal damals.
Eva Völpel: Dann haben wir eine enorme Zerstörung, es muss alles wieder aufgebaut werden.
Eva Völpel: Und weil dann da so viel aufgebaut wird, wächst die Wirtschaft und die Wirtschaft,
Eva Völpel: Das geht als positives BIP-Wachstum ein. Aber, oder auch wieder,
Eva Völpel: wie sozusagen das Wirtschaftswachstum verteilt wird, an wen das letztlich fließt,
Eva Völpel: kommt ja auch überhaupt nicht drin vor, diese Unterscheidung.
Eva Völpel: Aber das nur mal vorweg, ich glaube, das ist nochmal was, wo wir die berühmte
Eva Völpel: Wachstumsfolge, irgendwann wird sie kommen.
Sabine Nuss: Genau, irgendwann wird jemand sagen, das habt ihr von langer Hand geplant.
Sabine Nuss: Ihr habt jedes Mal bei jeder Folge gesagt, wir müssen die Wachstumsfolge machen
Sabine Nuss: und am Ende macht ihr sie gar nicht. Nein.
Sabine Nuss: Genau, aber wir machen sie, wir machen sie.
Eva Völpel: Genau, das war jetzt einfach mal eine wichtige Vorbemerkung,
Eva Völpel: weil wir, glaube ich, so ein bisschen die Ebenen auseinanderhalten müssen.
Eva Völpel: Wenn wir jetzt aber mal Leute wie Schularik ernst nehmen, die sagen,
Eva Völpel: mehr Aufrüstung, das bringt uns wunderbar viel Wirtschaftswachstum.
Eva Völpel: Und wenn wir uns mal auf diese Ebene begeben, dann stimmt selbst das nicht.
Eva Völpel: Was passiert, wenn jetzt in der Wirtschaft massiv aufgerüstet wird?
Eva Völpel: Der Staat wird jetzt also mit öffentlichen Geldern, also über Kredite,
Eva Völpel: die private Rüstungsproduktion ankurbeln und manche nennen das übrigens dann
Eva Völpel: auch Kriegs- oder Militär-Keynesianismus in Anlehnung an den Ökonomen John Maynard Keynes.
Sabine Nuss: Und da sagst du jetzt kurz was dazu, richtig?
Eva Völpel: Das kann ich gerne machen. Machen wir nochmal einen kleinen Ausflug.
Eva Völpel: Also Keynes, der hat in den 30er Jahren vor allem eine wichtige Arbeit geleistet
Eva Völpel: im Rahmen der Wirtschaftstheorie und der Ausgangspunkt dafür war die Weltwirtschaftskrise.
Eva Völpel: Und bis dahin war eigentlich so die gängige Meinung der Wirtschaftswissenschaften,
Eva Völpel: ja, die Märkte, die tendieren immer zu einem Gleichgewicht. Und wenn die Wirtschaft
Eva Völpel: in die Krise gerät, dann unter anderem, weil auch Lohnkosten gemessen an der
Eva Völpel: jetzt sinkenden Nachfrage, weil die einfach zu hoch sind.
Eva Völpel: Das heißt, Löhne runter führt dann dazu, dass wir wieder mehr Beschäftigung
Eva Völpel: bekommen und dann kommt man wieder aus der Krise.
Eva Völpel: Und Keynes hat gesagt, nee, nee, wir sehen ja gerade in der Wirtschaftskrise,
Eva Völpel: dass das alles so gar nicht stimmt.
Eva Völpel: Und das Problem ist vielmehr die mangelnde Nachfrage nach Gütern.
Eva Völpel: Also Unternehmen können nicht mehr so viel verkaufen, die Leute sind dann arbeitslos.
Eva Völpel: Und das setzt so eine Abwärtsspirale in Gang, weil die Unternehmen natürlich
Eva Völpel: dann auch nicht mehr genug investieren oder immer weniger investieren und damit
Eva Völpel: werden wieder mehr Leute arbeitslos.
Eva Völpel: Und Keynes hat dann gesagt, okay, dann muss man gegensteuern,
Eva Völpel: indem eben der Staat diese fehlende Nachfrage ersetzt, indem der die Wirtschaft
Eva Völpel: ankurbelt, also Aufträge rausgibt für den Bau von Straßen oder Schienen oder was weiß ich.
Eva Völpel: Und darauf bezieht sich jetzt dieser Begriff Kriegskanesianismus,
Eva Völpel: wobei ich jetzt, nach dem, was ich gelesen habe, wahrgenommen habe,
Eva Völpel: dass es jetzt gar nicht so ist, dass Keynes da viel zu schreibt über Aufrüstung
Eva Völpel: und Keynesianismus oder Aufrüstung und seine Wirtschaftstheorie.
Eva Völpel: Aber das wird jetzt so gelabelt von Leuten, die dann im Nachgang mit Keynes
Eva Völpel: sozusagen auch über Aufrüstung nachgedacht haben.
Sabine Nuss: Weil Keynes ein bisschen eigentlich dafür steht, der Staat gibt Geld aus.
Eva Völpel: Genau, der stimuliert die Nachfrage über staatliche Investitionen.
Eva Völpel: Aber entscheidend ist, dass man sich klar machen muss, in welche Güter investiert
Eva Völpel: der Staat, wenn er in die Aufrüstung investiert.
Eva Völpel: Waffen sind eben sehr spezielle Güter. Also wir kaufen uns keine Panzer,
Eva Völpel: wir gehen auch nicht in den Laden und holen uns jetzt irgendwie die Kalaschnikows.
Sabine Nuss: Außer in den USA.
Eva Völpel: Ja, okay. Da hast du recht.
Sabine Nuss: Ich glaube, dort ist es nicht mehr. Das ist erlaubt. Kalasch gekauft.
Sabine Nuss: Andreas, unser Techniker, nickt okay, offensichtlich das. Gut.
Sabine Nuss: Also so viel Fantasie muss man schon haben.
Sabine Nuss: Eva, wo waren wir jetzt stehen geblieben?
Eva Völpel: Genau, also Waffen sind halt keine Konsumgüter wie jetzt ein wenig Kühlschränke,
Eva Völpel: Autos, Computer oder Kleidung oder auch Nahrungsmittel, die wir alle brauchen und dann kaufen.
Eva Völpel: Also ob wir alles davon brauchen, steht auch auf einem anderen Blatt,
Eva Völpel: aber Kleidung, Nahrungsmittel Und Waffen und Kriegsgeräte sind ja auch keine
Eva Völpel: Vorprodukte für andere Produkte, die dann wiederum so in die Produktion eingehen.
Eva Völpel: Jetzt zum Beispiel Teile für Maschinen. Und es sind auch keine Produkte,
Eva Völpel: die jetzt irgendwie dafür genutzt werden,
Eva Völpel: durch neue Verfahren einen Schub in die Wirtschaft zu geben,
Eva Völpel: weil jetzt damit der Wirtschaftskreislauf mal auf eine neue Ebene gehoben wird
Eva Völpel: und neue Produkte entstehen können und so weiter.
Eva Völpel: Das heißt, man sagt auch, Waffen sind sogenannte unreproduktive Gebrauchswerte.
Eva Völpel: Und das muss man erstmal verstehen, was der Unterschied ist zu diesen anderen Gütern.
Sabine Nuss: Aber das würde dann bedeuten, also sowas ähnliches wie diesen einfach totes Material.
Sabine Nuss: Einmal gekauft, einmal benutzt und mehr.
Eva Völpel: Ja, hoffentlich halt nie benutzt. Hoffentlich halt nur für die Halde produziert,
Eva Völpel: was natürlich schon irgendwie auch zeigt, dass es jetzt unter diesem Aspekt
Eva Völpel: eine totale Verschwendung von gesellschaftlichen Ressourcen ist.
Eva Völpel: Das fühlen wir ja nachher nochmal ein bisschen aus.
Eva Völpel: Und diese Erklärungen, die ich jetzt gegeben habe, die zeigen auch schon so
Eva Völpel: ein bisschen, wo das Problem liegt. Also Leute wie Schularik,
Eva Völpel: die gehen jetzt hin und sagen, okay, wir können hier beides haben,
Eva Völpel: Win-Win-Situation, Sicherheit und wir kurbeln die Wirtschaft an.
Eva Völpel: So und im Schnitt sagt er, würde Aufrüstung dazu führen, dass wenn man jetzt
Eva Völpel: ein Euro staatlicherseits investiert, dass dann auch ein Euro mehr Wirtschaftswachstum,
Eva Völpel: BIP-Wachstum rauskommt.
Eva Völpel: Klammer auf, das ist dann der sogenannte Fiskalmultiplikator, der sowas misst.
Eva Völpel: Also wie viel staatliche Investitionen bringen, wie viel Wirtschaftswachstum.
Eva Völpel: Und das klingt ja erstmal so ganz effizient.
Eva Völpel: Okay, einen Euro stecke ich rein, einen Euro kriege ich auch wieder raus.
Sabine Nuss: Klingt ein bisschen wie so ein Miracle, so eine kleine Wundermaschine.
Sabine Nuss: Wenn das so wäre, wäre das der...
Eva Völpel: Ja, aber der Witz ist, also ein richtiger Schuh wird raus, wenn man sich so
Eva Völpel: anguckt, was Investitionen in andere Bereiche bringen.
Eva Völpel: Und das hat der Ökonom Tom Krebs gemacht in einem aktuellen Gutachten für den
Eva Völpel: Bundestag und das verlinken wir auch.
Eva Völpel: Der sagt eben, Investitionen jetzt in die zivile Infrastruktur,
Eva Völpel: die bringen uns viel mehr. Also ein Beispiel, Ausbau Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen.
Eva Völpel: Das bringt, wenn man ein Euro da reinsteckt, jetzt mal beispielhaft gesprochen,
Eva Völpel: dann bringt das ein Wirtschaftswachstum von drei Euro.
Eva Völpel: Warum? Weil Frauen, wenn sie bessere Betreuungsmöglichkeiten oder Familien,
Eva Völpel: wenn sie bessere Betreuungsmöglichkeiten haben für ihre Kinder,
Eva Völpel: dann können vor allen Dingen Frauen mehr arbeiten gehen.
Eva Völpel: Und er sagt, insgesamt bringen Investitionen in zivile Infrastrukturen viel
Eva Völpel: mehr an Wirtschaftswachstum,
Eva Völpel: also nämlich im Schnitt so zwei bis drei Euro für jeden eingesteckten Euro,
Eva Völpel: als die Rüstungsausgaben.
Eva Völpel: Und auch bei den Rüstungsausgaben sagt er, dass was Schularik da jetzt so als
Eva Völpel: Mittelwert immer so ansetzt, Schularik sagt auch, es gibt da eine gewisse Spannbreite,
Eva Völpel: das kann mal ein bisschen weniger sein und mal ein bisschen mehr,
Eva Völpel: aber es geht halt nie über die Zahlen hinaus, die in den anderen Bereichen im
Eva Völpel: Zivilen zustande kommen.
Eva Völpel: Krebs sagt aber auch, die Zahl, die der Schularik da ansetzt mit einem Euro
Eva Völpel: pro investiertem Euro, die hält er auch für viel zu hoch.
Eva Völpel: Also er sagt, kurzfristig wird durch die Rüstungsinvestitionen höchstens 50 Cent rauskommen.
Eva Völpel: Das waren jetzt irgendwie viele Zahlen, aber ich finde es wichtig,
Eva Völpel: weil man sich klar machen muss, dass diese Erzählung auch einfach so nicht stimmt.
Eva Völpel: Oder sie wird erst stimmig, wenn man sozusagen dagegen setzt,
Eva Völpel: was wäre in anderen Bereichen möglich.
Sabine Nuss: Stattdessen möglich, genau. Aber es gibt ja auch noch diesen Punkt mit,
Sabine Nuss: wir haben jetzt in der letzten Zeit ja oft gehört von irgendwelchen Produktionsstätten,
Sabine Nuss: also zum Beispiel der Autoindustrie, die geschlossen werden müssen.
Sabine Nuss: Und da habe ich jetzt schon mehrere Meldungen gehört, dass da stattdessen,
Sabine Nuss: also statt Autos eben Panzer oder anderes Kriegsgerät produziert wird.
Sabine Nuss: Görlitz zum Beispiel werden keine Bahnen mehr produziert, sondern statt Bahn,
Sabine Nuss: weiß ich nicht was, das war irgendein Rüstungsgut, ich glaube tatsächlich Panzer, genau.
Sabine Nuss: Und damit werden ja Arbeitsplätze erhalten und vielleicht, wenn immer noch mehr
Sabine Nuss: aufgerüstet wird, sogar noch neue geschaffen.
Eva Völpel: Ja, aber auch das… Also Entschuldigung.
Sabine Nuss: Ich muss das jetzt richtig stellen, nicht, dass ich jetzt hier dafür argumentiere,
Sabine Nuss: aber in dieser Logik, wenn man sagt, das ist gut fürs Wirtschaftswachstum,
Sabine Nuss: können ja die Arbeitsplätze werden bestimmt auch immer angeführt.
Eva Völpel: Ja, die werden auf jeden Fall angeführt. Und klar, die Leute,
Eva Völpel: die jetzt da in der Rüstungsindustrie irgendwie Arbeit finden,
Eva Völpel: die tragen natürlich ihre Löhne nach Hause und können das verkonsumieren.
Eva Völpel: Das kann dann irgendwie für Wirtschaftswachstum sorgen.
Eva Völpel: Aber da ist halt der entscheidende Punkt, dass diese Rüstungsindustrie eine
Eva Völpel: sehr kapitalintensive Industrie ist. Das heißt, sie braucht wenige Beschäftigte
Eva Völpel: im Vergleich zu anderen Branchen.
Eva Völpel: Also auch wenn da jetzt so ein Aufwuchs stattfindet, ist das gar nichts im Vergleich
Eva Völpel: zu dem, was Beschäftigungszahlen in anderen Branchen angeht.
Eva Völpel: Also ich hatte Zahlen gefunden vom Institut der deutschen Wirtschaft,
Eva Völpel: die haben für 2020 gesagt, dass in Deutschland rund 55.000 Personen Waffen herstellen.
Eva Völpel: Also Waffen, Kampfflugzeuge, Kriegsschiffe, Militärfahrzeuge.
Eva Völpel: Jetzt gibt es so Prognosen, dass durch die Aufrüstung da so ein paar tausend
Eva Völpel: mehr Arbeitsplätze dazu kommen.
Eva Völpel: Ja, und dann sieht man ja schon, das ist Peanuts. Das ist ein Witz.
Eva Völpel: Also allein im Einzelhandel in Deutschland arbeiten über drei Millionen Personen,
Eva Völpel: in den Gesundheitsberufen sind es sogar sechs Millionen.
Eva Völpel: Und wenn man jetzt sagt, na gut, aber das kann ja irgendwie zum Beispiel der
Eva Völpel: Autoindustrie aus der Krise helfen, wenn da jetzt die ganzen Arbeitsplätze wegbrechen,
Eva Völpel: auch da sagen die Experten, das wird halt nur begrenzt stattfinden.
Eva Völpel: Also jenseits der Frage, ob man das überhaupt will und ob das sinnvoll ist.
Eva Völpel: Aber du hast völlig recht, genau das ist gerade so der Trend,
Eva Völpel: der da stattfindet, dass die Rüstungsindustrie ganz massiv auch um die Automobilstandorte,
Eva Völpel: die in der Krise sind, buhlt.
Sabine Nuss: Genau und das kommt mir so ein bisschen so vor, als ob man das Sicherheitsargument,
Sabine Nuss: also wenn man schon irgendwie der Meinung ist, dass die Aufrüstung für Sicherheit
Sabine Nuss: sorgt und dass es gar keine Sicherheit gibt, weshalb die Aufrüstung,
Sabine Nuss: also zumindest nicht ausreichend nötig wäre,
Sabine Nuss: braucht man offensichtlich doch noch ein paar mehr Argumente,
Sabine Nuss: um das schön zu reden. Scheint mir irgendwie so.
Sabine Nuss: Also neben, es ist ja auch fürs Wirtschaftswachstum gut, vermeintlich,
Sabine Nuss: wie wir jetzt gelernt haben.
Sabine Nuss: Es wird dabei ja auch gesagt, das ist irgendwie gut, weil es so einen Spillover
Sabine Nuss: oder Spin-off-Effekt geben würde.
Sabine Nuss: Das bedeutet, dass man davon ausgeht, dass Erkenntnisse oder Technologien,
Sabine Nuss: die aus der militärischen Forschung kommen, auch in den zivilen Sektor rüberschwappen.
Sabine Nuss: Das bedeutet, der zivile Sektor würde profitieren von der militärischen Forschung
Sabine Nuss: und als Beispiel wird ja auch immer gern das Internet genannt.
Sabine Nuss: Das Internet ist ja auch im militärischen Bereich ursprünglich entstanden und
Sabine Nuss: dann in den privaten Bereich rübergeschwappt.
Sabine Nuss: Und da ist es aber, wenn ich das richtig verstehe, auch nicht so.
Eva Völpel: Nee, genau. Also da habe ich mich auch ein bisschen umgeguckt, was Leute dazu sagen.
Eva Völpel: Und da gibt es zum Beispiel den Forscher Michael Bjorska, ich hoffe,
Eva Völpel: ich habe das jetzt richtig ausgesprochen, auch vom SIPRI, also diesem schwedischen Institut.
Eva Völpel: Und der hat verschiedene andere Studien ausgewertet und die kommen eigentlich
Eva Völpel: alle zu dem Schluss, dass sich dieses Verhältnis seit ungefähr den 60er Jahren umgedreht hat.
Eva Völpel: Also dass es vorher so war, Erster und Zweiter Weltkrieg, dass tatsächlich die
Eva Völpel: Standardisierung vielmehr der Waffenproduktion dazu geführt hat,
Eva Völpel: dass dann in Friedenszeiten das schnell umgerüstet werden konnte und genutzt
Eva Völpel: werden konnte für jetzt die Massenproduktion von Fahrrädern, von Autos.
Eva Völpel: Von Motorrädern und so weiter.
Eva Völpel: Und es gibt auch andere Beispiele, die Teflon-Beschichtung der Bratpfanne.
Eva Völpel: Also Teflon ist in den 30er Jahren als Stoff irgendwie eher zufällig entdeckt
Eva Völpel: worden und dann ist das wohl das erste Mal eingesetzt worden bei der Erforschung
Eva Völpel: und Herstellung der US-Atombombe und danach ist es ja in die Zivile sozusagen
Eva Völpel: rübergeschwappt als ein Material,
Eva Völpel: womit Pfannen und so weiter beschichtet worden sind.
Eva Völpel: Und genau dieser Effekt, dass von der militärischen Rüstungsindustrie was rüberschwappt
Eva Völpel: in den Zivilsektor, da sagen die Forscher eigentlich mittlerweile, das hat sich umgedreht.
Eva Völpel: Also dass einerseits das Wirtschaftswachstum viel stärker stimuliert wird durch
Eva Völpel: die Forschung, die im zivilen Bereich stattfindet und dass andererseits eher sogar Technologien,
Eva Völpel: die im zivilen Sektor benutzt werden,
Eva Völpel: rückschwappen in den militärischen Sektor.
Eva Völpel: Und das finde ich ist eigentlich auch so ganz eingängig, weil wenn wir uns irgendwie
Eva Völpel: angucken, wie Kriege heute mittlerweile geführt werden, wie wichtig dafür Softwaretechnik,
Eva Völpel: KI, Bildtechniken sind, die wir alle schon so im zivilen Bereich auch nutzen zum Teil,
Eva Völpel: dann finde ich ist das relativ eingängig, diese Erklärung.
Sabine Nuss: Das heißt, summa summarum, wenn ich das jetzt kurz bilanzieren darf,
Sabine Nuss: der sogenannte kollateralen Nutzen bei der Aufrüstung ist überhaupt nicht so
Sabine Nuss: groß, wenn überhaupt da ist, als behauptet.
Eva Völpel: Ja, und ich finde, der eigentlich entscheidende Punkt, der ist ja,
Eva Völpel: was fällt hinten runter, was findet nicht mehr statt, wenn wir jetzt so massiv
Eva Völpel: in die Rüstung investieren.
Eva Völpel: Ja, also öffentliche Gelder und damit Ressourcen wie Rohstoffe,
Eva Völpel: wie Forschungs-Know-how, aber auch Fachkräfte.
Eva Völpel: Das soll also künftig massiv in den Rüstungssektor abfließen,
Eva Völpel: vor allem natürlich die Gelder, die da reinfließen und das steht dann für anderes
Eva Völpel: nicht mehr zur Verfügung.
Eva Völpel: Also wenn man das zuspitzt, dann kann man halt sagen, die Ressourcen,
Eva Völpel: mit denen Kriegsgerät produziert wird, die stehen nicht mehr zur Produktion
Eva Völpel: von E-Autos, von Windrädern oder Bussen zur Verfügung.
Eva Völpel: Und du hast es ja gerade erwähnt, das Beispiel von Alstom in Görlitz.
Eva Völpel: Über Jahrzehnte wurden da Straßenbahnwaggons gebaut und das findet jetzt nicht
Eva Völpel: mehr statt, sondern wird umgerüstet auf die Panzerherstellung.
Eva Völpel: Und wenn sowas erstmal weggebrochen ist an Strukturen, dann ist es auch schwierig
Eva Völpel: natürlich in anderen Bereichen so schnell wieder einfach zu ersetzen.
Sabine Nuss: Aber in dem Koalitionsvertrag ist ja nicht nur festgehalten,
Sabine Nuss: dass Unsummen für Aufrüstung ausgegeben werden, sondern es ist ja auch immer
Sabine Nuss: die Rede von dem anderen Paket, Infrastruktur-Investitionspaket,
Sabine Nuss: was dann möglicherweise das erfüllen kann, wovon du jetzt gesprochen hast,
Sabine Nuss: es waren 500 Milliarden Euro,
Sabine Nuss: die da vorgesehen waren oder sind.
Eva Völpel: Genau, auch da, glaube ich, wird man genau gucken müssen, was passiert tatsächlich mit dem Geld.
Eva Völpel: Und wenn man sich den Koalitionsvertrag durchliest und auch so ein paar Äußerungen hört,
Eva Völpel: die es da im Umfeld und vorher auch schon gegeben hat, dann wird mittlerweile
Eva Völpel: auch klar, wie sehr die Infrastrukturinvestitionen auch schon unter so einer
Eva Völpel: Militärlogik gedacht werden.
Eva Völpel: Also der ehemalige Verkehrsminister Volker Wissing, der hat es schon mal auf
Eva Völpel: den Punkt gebracht und gesagt, viele übersehen, das ist jetzt ein Zitat,
Eva Völpel: dass die zivilen Infrastrukturen auch für militärische Mobilität erforderlich sind.
Eva Völpel: Deutschland ist ein wichtiges Transitland für die NATO.
Sabine Nuss: Also das heißt, die Brücken sind nicht tauglich für Panzer.
Eva Völpel: Genau. Die Brücken, die Straßen, die Häfen, die Wasserwege, der Luftverkehr.
Eva Völpel: Im Koalitionsvertrag ist es wirklich krass. Es springt einen geradezu an,
Eva Völpel: wie in der Infrastrukturfrage jetzt diese ganzen Sachen unter einer militärischen Logik gedacht werden.
Eva Völpel: Und noch mehr, es ist so, und das ist jetzt ein Zitat aus dem Koalitionsvertrag,
Eva Völpel: dass gesagt wird, die Belange und die Infrastrukturmaßnahmen zur Gesamtverteidigung
Eva Völpel: sind als überragendes öffentliches Interesse festzuschreiben und in der Umsetzung
Eva Völpel: gegenüber anderen staatlichen Aufgaben zu priorisieren.
Eva Völpel: Das heißt, es ist völlig klar, alles, was jetzt an Investitionen in zivile Infrastruktur
Eva Völpel: stattfinden soll oder auch in Klimatransformation, das steht alles unter Vorbehalt.
Sabine Nuss: Also, das wollte ich jetzt gerade sagen, weil Militär hat ja jetzt mit klimafreundlicher
Sabine Nuss: Produktion gar nichts zu tun.
Sabine Nuss: Und davon hört man jetzt auch so gar nichts mehr, klimafreundliche Politik oder?
Eva Völpel: Nee, da hört man sehr wenig von. Natürlich sagt die Koalition,
Eva Völpel: wir werden auch da was tun, aber das Thema wird tiefmütterlich behandelt.
Eva Völpel: Wir hatten ja in einer Folge sowieso mal darauf geguckt, wie sehr die Union
Eva Völpel: da auch den Markt wieder regieren lassen will in der Frage der Klimapolitik.
Eva Völpel: Und jetzt könnte man ja sagen, ja gut, man könnte ja theoretisch sogar beides
Eva Völpel: machen. Man könnte ja Geld in die Hand nehmen für die Aufrüstung und gleichzeitig
Eva Völpel: eben halt genauso viel Geld irgendwie in Klimaschutzprojekte stecken und in
Eva Völpel: andere sinnvolle Investitionen, soziale Daseinsvorsorge, was weiß ich.
Eva Völpel: Auch das hat sich der Ökonom Tom Krebs in dem erwähnten Gutachten angeguckt
Eva Völpel: und der zieht einfach ein bitteres Fazit, was so die Verteilung der Gelder angeht.
Eva Völpel: Der sagt, Zitat, die geplante finanzpolitische Priorisierung der Produktion
Eva Völpel: von Rüstungsgütern steht in direkter Konkurrenz zu einer grünen Industriepolitik
Eva Völpel: und macht effektiven Klimaschutz fast unmöglich.
Eva Völpel: Man sieht einfach, die Prioritäten der kommenden Bundesregierung sind da völlig
Eva Völpel: klar auf die militärische Aufrüstung ausgerichtet und eben nicht in gleicher
Eva Völpel: Weise auf den Klimaschutz.
Eva Völpel: Und noch dazu ist ja die Rüstungsindustrie eine zutiefst fossile Industrie.
Eva Völpel: Also da wird wahnsinnig viel fossile Energie einfach verbraucht.
Sabine Nuss: Dazu passt ja auch, dass Merz nach der Abstimmung über diese Schuldenbremsenreform
Sabine Nuss: zugunsten der Aufrüstung ja auch direkt gleich gesagt hat,
Sabine Nuss: dass wir mittlerweile so überbordende Sozialausgaben, also Zitat Merz,
Sabine Nuss: auch auf kommunaler Ebene hätten, dass das jetzt alles auf den Prüfstand gestellt
Sabine Nuss: werden soll. Das waren seine Worte.
Eva Völpel: Ja, das, finde ich, gehört zum Gesamtbild unbedingt dazu. Also die Regierung will massiv aufrüsten.
Eva Völpel: Für den Klimaschutz wird viel zu wenig getan.
Eva Völpel: Wir reden schon nicht mehr von einer aktiven, geplanten, gesteuerten grünen
Eva Völpel: Industriepolitik. Das kommt gar nicht vor.
Eva Völpel: Und gleichzeitig will man im Sozialen weiter kürzen. Das ist wirklich eine ganz
Eva Völpel: ungute Gemengelage, auch mit Blick auf die weiteren politischen Entwicklungen,
Eva Völpel: also Stichwort Erstarken der Rechten.
Eva Völpel: Es ist leider so, wir haben es fast jedes Mal eigentlich in den Sendungen drin.
Eva Völpel: Ich würde mir nochmal eine kleine Ergänzung historischer Art erlauben.
Eva Völpel: Wir haben jetzt sehr unter diesem aktuellen Blickwinkel auf die Aufrüstungsfrage geguckt.
Eva Völpel: Aber es gibt natürlich über die Jahrzehnte immer wieder viel Streit über die
Eva Völpel: Wirkung von Rüstungsausgaben in der kapitalistischen Wirtschaft.
Eva Völpel: Also haben viele Leute schon darüber diskutiert anhand der Beispiele Erste oder
Eva Völpel: Zweite Weltkrieg oder Zeit des Kalten Krieges.
Eva Völpel: Und da möchte ich zumindest kurz erwähnen, dass natürlich marxistische Theoretiker
Eva Völpel: wie zum Beispiel Paul Barron oder Paul Sweezy,
Eva Völpel: aber auch Ernest Mandel, dass die immer rausgestrichen haben,
Eva Völpel: wie wichtig Rüstungsausgaben für den Kapitalismus eigentlich sind und für die
Eva Völpel: Stabilisierung seines Wachstums.
Eva Völpel: Weil die nämlich sagen, die Rüstungsproduktion kann dazu dienen,
Eva Völpel: Überproduktionskrisen des Kapitalismus zumindest kurzfristig abzumildern.
Eva Völpel: Also wenn deutlich mehr produziert wird, als überhaupt verkauft werden kann,
Eva Völpel: dass die sagen, dann ist Rüstungsproduktion irgendwie ein Ventil.
Eva Völpel: Aber die haben natürlich auch darauf hingewiesen, was mit einer Rüstungsproduktion
Eva Völpel: einhergeht, nämlich die Verelendung der ArbeiterInnen und die wachsende Kriegsgefahr.
Eva Völpel: Und da würde ich auch nochmal einen interessanten Text verlinken von Renate Aglio.
Eva Völpel: Die hat in der Proklamer einen sehr guten Text dazu geschrieben,
Eva Völpel: wo sie das so ein bisschen auffächert, was es historisch da eigentlich so für
Eva Völpel: widerstreitende Debatten gegeben hat.
Sabine Nuss: Das packen wir auch noch in die Shownotes, diesen Proklar-Artikel.
Sabine Nuss: Proklar übrigens ganz kurz ist eine Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
Sabine Nuss: und mache ich jetzt ein bisschen Werbung für, weil ich da selber im Beirat bin.
Eva Völpel: Sehr gut.
Sabine Nuss: Und immer zu empfehlen, immer zu erwähnen. Genau, packen wir in die Shownotes.
Sabine Nuss: Okay, das war nochmal ein guter Hinweis auf weiterführende Debatten.
Sabine Nuss: Aber jetzt möchte ich doch nochmal wissen, Eva, weil wir hatten es ja auch schon
Sabine Nuss: versprochen, dass wir da nochmal eingehen.
Sabine Nuss: Denn es wird also, so hast du das ja auch recherchiert und gesagt,
Sabine Nuss: verhältnismäßig viel Geld ausgegeben in Deutschland für Rüstung und Aufrüstung
Sabine Nuss: und trotzdem wird behauptet, das würde nicht reichen.
Sabine Nuss: Dann ist es berechtigt, die Frage, okay, was ist mit dem Geld passiert, wo fließt es hin?
Eva Völpel: Ja, also wo die Gelder hinfließen, da kann man nur ganz kurz jetzt was zu sagen
Eva Völpel: und da bin ich auch wahrlich nicht die Expertin, die sich da jetzt so reinwühlen konnte.
Eva Völpel: Aber was auffällig ist, ist, dass Gelder ausgegeben werden für total unsinnige
Eva Völpel: Sachen und zwar über Jahrzehnte schon.
Eva Völpel: Auch da gibt es einen guten Text, da würde ich auch nochmal drauf verlinken,
Eva Völpel: von der Duothea Schmidt, auch in der Prokla, die wirklich sehr anschaulich nochmal
Eva Völpel: so aufschreibt, was hat es da
Eva Völpel: eigentlich alles für Skandale gegeben im Beschaffungswesen der Bundeswehr.
Eva Völpel: Und das ist irre, was da nicht geliefert wurde, erst Jahrzehnte später geliefert
Eva Völpel: wurde, was fehlerhaft geliefert wurde, was jetzt irgendwie so ein bisschen witzig klingt,
Eva Völpel: aber was halt gar nicht witzig ist, wenn man sich vorstellt,
Eva Völpel: wie viel Gelder da einfach sinnlos verpulvert werden und in private Rüstungsunternehmen
Eva Völpel: fließen und wie viel Menschenleben das auch gekostet hat.
Eva Völpel: Ja, also der Starfighter war das, glaube ich, so ein Flugzeug,
Eva Völpel: der hatte irgendwann den Begleitnamen der Witwenmacher, weil da so viele Leute
Eva Völpel: mit abgestürzt sind, so viele Piloten.
Eva Völpel: Ja, und es ist natürlich irgendwie krass, bitter.
Sabine Nuss: Aber echt.
Eva Völpel: Und es gibt Leute, die sich damit ausführlich auseinandersetzen,
Eva Völpel: dass auch wieder unter anderem dieser schon erwähnte Michael Bjoschka,
Eva Völpel: der hat für Greenpeace mehrere Studien dazu gemacht und der sagt,
Eva Völpel: ein großes Problem ist eben,
Eva Völpel: dass ein Drittel bis zu 45 Prozent der Gelder für Rüstungsprojekte bei Großwaffensystemen,
Eva Völpel: dass das unnötige Zusatzkosten sind.
Eva Völpel: Und warum das so ist, dazu gibt es jetzt mehrere Begründungen,
Eva Völpel: die kann ich hier nicht alle aufführen, da kann man gerne mal in diese Studien reingucken.
Eva Völpel: Aber ein Beispiel, das er da nennt, ist, dass zum Beispiel gerne hochtechnologisierte
Eva Völpel: Prestigeprojekte angeschafft werden, die man im Zweifel überhaupt nicht braucht,
Eva Völpel: die aber so kompliziert sind, dass sie a sehr teuer sind und auch noch irgendwelche
Eva Völpel: Folgeanschaffungen nach sich ziehen, weil dann das eine nicht funktioniert und
Eva Völpel: dann muss nochmal was Neues beschafft werden.
Eva Völpel: Und unser Tontechniker Andreas, der hat mir nämlich, weil er sich da auskennt,
Eva Völpel: gesagt, das nennt man auch im Bundeswehrjargon die Goldrandlösung.
Eva Völpel: Also der Goldrandteller, der halt einfach auf jeden Fall auf den Tisch gedeckt
Eva Völpel: werden muss, weil es das andere normale Porzellan nicht tut.
Sabine Nuss: Das gute Porzellan von Oma mit dem goldenen Rand.
Eva Völpel: Genau. Was nicht in die Mikrowelle geht.
Sabine Nuss: Genau, was nicht in die Mikrowelle darf.
Sabine Nuss: Gott, Leute, das ist eigentlich überhaupt nicht lustig.
Eva Völpel: Nee, es ist auch nicht lustig. Naja, und das ist sozusagen ein großes Problem,
Eva Völpel: was man sich einfach klar machen muss.
Eva Völpel: Und das andere ist natürlich, die Rüstungsindustrie ist halt eine Blackbox.
Eva Völpel: Klar, das ist ja alles irgendwie auch ziemlich geheim und das heißt,
Eva Völpel: wenige Leute blicken da überhaupt durch. Es gibt auch wenig Kontrolle oder Expertise
Eva Völpel: im Parlament, weil auch die Leute, auch das sagen, Studien überfordert sind.
Eva Völpel: Aber private Rüstungsunternehmen, so ist das halt in der privaten Marktwirtschaft,
Eva Völpel: wie an allen Ecken und Enden, die setzen natürlich ihre Preise.
Eva Völpel: Und die setzen die jetzt natürlich auch in einer Situation, wo die Bundesregierung
Eva Völpel: sagt, wir müssen massiv, ganz schnell aufrüsten, wird es wahrscheinlich auch
Eva Völpel: zu einer Situation führen,
Eva Völpel: wo dann sogenannte Verkäuferinflation, wie Isabella Weber das nennt, eintritt.
Eva Völpel: Also, dass die Unternehmen einfach sagen, okay, die Kapazitäten,
Eva Völpel: um das alles zu produzieren, die sind noch nicht aufgebaut, der Staat will aber
Eva Völpel: ganz viel davon, naja, dann wird das natürlich alles teurer,
Eva Völpel: weil die Nachfrage ja gestiegen ist.
Eva Völpel: Und das führt uns halt dazu, dass wir darauf gucken müssen.
Eva Völpel: Nicht nur was für unsinnige Projekte werden da irgendwie vielleicht geordert
Eva Völpel: und viel Geld aus dem Fenster rausgeschmissen,
Eva Völpel: sondern dass da jetzt natürlich auch nochmal extra viel Geld darüber gemacht
Eva Völpel: wird, dass die Preise hochgesetzt werden, weil die Nachfrage jetzt so steigt.
Eva Völpel: Dadurch, dass die Preise dann auch so hochgesetzt werden und jetzt so viel an
Eva Völpel: Geldern da reinfließt, ist klar, diese Unternehmen werden wahnsinns Gewinne machen.
Eva Völpel: Und da ist es das Mindeste, dass ich sagen würde, das muss wegbesteuert werden.
Eva Völpel: Also Übergewinnsteuer wäre da das Stichwort. Und klar, dann gibt es ja auch
Eva Völpel: noch die andere Seite, die da eine Rolle spielt, nämlich all die Leute,
Eva Völpel: die jetzt auch einsteigen in diese Erwartung, dass diese Rüstungsfirmen diese
Eva Völpel: ganzen Aufträge bekommen.
Eva Völpel: Also die jetzt Aktien kaufen, zum einen werden die Aktien natürlich gehalten
Eva Völpel: von den Unternehmenseigenerinnen, aber es steigen ja jetzt auch ganz viele Leute
Eva Völpel: in diesen Markt ein. und die Kurse der Unternehmen, die explodieren förmlich.
Eva Völpel: Also rein mit Teil vor dem Ukraine-Krieg lag die Aktie bei ungefähr 96 Euro.
Eva Völpel: Das hat sich mehr als verzehnfacht.
Eva Völpel: Also vor ein paar Wochen waren das dann 960 Euro. Jetzt vor wenigen Tagen,
Eva Völpel: hatte ich nochmal geguckt, sind das dann schon 1400 Euro pro Aktie.
Eva Völpel: Also da machen Leute gerade irre, irre Gewinne mit den Aussichten auf künftige
Eva Völpel: Gewinne, die realisiert werden, wenn dann diese Rüstungsproduktion hochgefahren wird.
Eva Völpel: Und da muss man ran. Also das muss wegbesteuert werden. Das ist das Mindeste,
Eva Völpel: was da geschehen müsste.
Sabine Nuss: Okay, wenn man sich jetzt auf diese Position begibt und von der Ebene aus argumentiert,
Sabine Nuss: dass es halt nur mal Aufrüstung gibt und dass jetzt der Staat und die Regierung
Sabine Nuss: Aufrüstung macht und da können wir sowieso nicht irgendwas dagegen tun und mitreden,
Sabine Nuss: wäre das dann aus deiner Perspektive wenigstens ein Minimum an Eingriffsmöglichkeit,
Sabine Nuss: dass man also entweder sagt, wie vielleicht Isabella Weber auch sagen würde,
Sabine Nuss: man macht Preiskontrollen, also
Sabine Nuss: man gibt Preise vor aus irgendwelchen Erfahrungswerten oder keine Ahnung.
Sabine Nuss: Oder man verstaatlicht die Rüstungsindustrie oder man vergesellschaftet sie sogar.
Sabine Nuss: Was ich ein bisschen Widerspruch finde. Ich möchte keine Vergesellschaftung
Sabine Nuss: von irgendwelchen Rüstungsgütern.
Sabine Nuss: Oder man vergesellschaftet sie sogar.
Sabine Nuss: Letzteres vielleicht mit dem Ziel der Abrüstung, so wie mal die Grünen gefordert
Sabine Nuss: haben, Atomkraftwerke zu vergesellschaften, mit dem Ziel, sie stillzustellen.
Sabine Nuss: Das ist natürlich auch eine Möglichkeit.
Sabine Nuss: Was würdest du sagen, Eva?
Eva Völpel: Ich finde es eine total schwierige Frage und ich habe auch festgestellt,
Eva Völpel: dass einige Leute an der knabbern.
Eva Völpel: Es gibt die Forderung, es gibt die Forderung von linken Leuten auch.
Eva Völpel: Ich bin da noch nicht entschieden. Also ich finde, es gibt Gründe,
Eva Völpel: die dafür sprechen und es gibt Gründe, die dagegen sprechen.
Eva Völpel: Und so wie du das jetzt gerade gesagt hast, ist das natürlich ein wichtiger
Eva Völpel: Punkt, also sozusagen die Kontrolle zu übernehmen für die Abrüstungsfrage.
Eva Völpel: Ein wichtiger Punkt wäre natürlich auch zu sagen, ja, man hat dann mehr Kontrolle
Eva Völpel: auch über die Kosten, die da entstehen.
Eva Völpel: Wobei, da hast du auch gesagt, zu Recht, da könnte man auch mit Preiskontrollen vielleicht rangehen.
Eva Völpel: Weiß ich nicht, wie komplex und schwierig das ist.
Eva Völpel: Kann ich die nicht bewerten. Also wir sagen, da schwimme ich selber so ein bisschen.
Sabine Nuss: Es gibt ja noch aus der Perspektive der Partei Die Linke, gibt es ja auch die
Sabine Nuss: Unterscheidung, dass sie sagen, okay, es braucht eine Bundeswehr,
Sabine Nuss: es braucht Militär für die Landesverteidigung. Da würde die Linke sagen,
Sabine Nuss: da reicht aber das, was existiert.
Sabine Nuss: Würdest du denn jetzt sagen, weil das jetzt ja alles durchaus,
Sabine Nuss: wie ich finde, auch gut und so recht kritisch jetzt hier angeguckt wurde,
Sabine Nuss: würdest du sagen, man braucht eigentlich gar keine Aufrüstung?
Eva Völpel: Puh, also das ist eine total schwierige Frage, muss ich dazu ganz offen sagen.
Eva Völpel: Und ich würde zwei Antworten darauf geben.
Eva Völpel: Für mich klingt es schon erstmal schlüssig, wie die Linke das zum Teil ja auch
Eva Völpel: sagt, dass man sagt, wenn überhaupt über Rüstung nachgedacht wird,
Eva Völpel: dann nur zur Landesverteidigung.
Eva Völpel: Aber für mich schließen sich da weitere Fragen an.
Eva Völpel: Was heißt das? Also was bedeutet das?
Eva Völpel: Müsste man dann auch jetzt mehr einkaufen, salopp formuliert,
Eva Völpel: oder eben nicht? und sind nicht Waffensysteme immer auch für Angriff einsetzbar?
Eva Völpel: Kann man das genauso unterscheiden? Und damit will ich nur sagen,
Eva Völpel: das sind halt total schwierige Fragen, wo man, glaube ich, wir leider jetzt
Eva Völpel: auch gezwungen sind, uns damit auseinanderzusetzen, weil wir da Antworten brauchen.
Eva Völpel: Meine zweite Antwort darauf ist für mich aber ganz klar, wenn ich jetzt auf
Eva Völpel: diesen irren Rüstungswettlauf gucke, der hier losgetreten wird,
Eva Völpel: da sage ich ganz klar, der ist aus meiner Sicht maßlos und der ist fatal.
Eva Völpel: Also der ist ökonomisch fatal mit den Folgewirkungen, die das haben wird.
Eva Völpel: Der ist fatal, weil Fragen von Klimatransformation, weil die Fragen von Ausbau
Eva Völpel: sozialer Daseinsvorsorge, von einer wirklich lebenswertigen Gesellschaft,
Eva Völpel: weil das total an die Wand gedrückt,
Eva Völpel: Und weil wir wahrscheinlich in dieser ganzen Frage vor massiven Verteilungscampen stehen werden.
Eva Völpel: Und ja, weil das Problem ist, dass wir völlig aus dem Blick verlieren,
Eva Völpel: dass Sicherheit nicht nur militärische Sicherheit bedeutet.
Eva Völpel: Ich würde sagen, wir brauchen eine umfassende Sicherung menschlicher Bedürfnisse.
Eva Völpel: Und dazu gehört, also menschliche Bedürfnisse für ein gutes Leben.
Eva Völpel: Dazu gehört Armutsbekämpfung, Bekämpfung der Ungleichheit. Dazu gehört Bildung,
Eva Völpel: Ausbau der Gesundheitsversorgung, Ausbau der sozialen Daseinsvorsorge.
Eva Völpel: Weil klar ist, erst wenn Gesellschaften da viel haben, sind sie stabiler, sind sie sicherer.
Eva Völpel: Und wir sehen das ja auch an anderen Konfliktherden in der Welt,
Eva Völpel: wo Krisen und Kriege sich daran entzünden.
Eva Völpel: Und von daher finde ich das Fatale an dieser ganzen Diskussion,
Eva Völpel: dass wir über so einen ganz verengten Sicherheitsbegriff sprechen.
Eva Völpel: Alles, was mit Diplomatie, mit den Versuchen von Abrüstung zu tun hat,
Eva Völpel: wird total an die Wand gedrängt. Das sagt auch der Alexander Lurz,
Eva Völpel: es gäbe genug Waffensysteme, da müsste man genau jetzt in Abrüstungsverhandlungen eintreten.
Eva Völpel: Weltraumwaffensysteme, Cyberwaffen, wo noch nichts reguliert ist,
Eva Völpel: das ist halt nicht eben für die Schönwetterperiode da.
Eva Völpel: Da muss man jetzt genau in solchen Krisenzeiten drauf gucken,
Eva Völpel: weil klar ist, mit dieser Aufrüstungsspirale wird die Welt eher unsicherer als
Eva Völpel: sicherer und ja auch mit Blick auf andere Teile der Erde.
Eva Völpel: Ich meine, wir haben die ganze Zeit jetzt darüber so gesprochen,
Eva Völpel: als würden die Waffen, die jetzt hier angeschafft werden sollen,
Eva Völpel: als würden die einfach nur so für einen Schrank produziert und da lagern die
Eva Völpel: halt, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.
Eva Völpel: Und ich denke, das wird nicht so kommen. Ja, also Deutschland ist ein Land,
Eva Völpel: was sehr, sehr viele Waffen in alle Erdteile der Welt exportiert und ich befürchte,
Eva Völpel: es wird natürlich so sein, dass durch diesen wahnsinnigen Drive,
Eva Völpel: der da jetzt in die Aufrüstungsdebatte kommt, die Rüstungsunternehmen Druck
Eva Völpel: machen werden, diese ganzen Güter dann auch irgendwo hin zu exportieren.
Eva Völpel: Und von daher ist das, was jetzt gerade passiert, tatsächlich fatal.
Sabine Nuss: Ich finde es einen total guten Punkt, dass du da nochmal darauf hinweist,
Sabine Nuss: auf diesen Sicherheitsbegriff, weil ich finde es auch immer,
Sabine Nuss: ehrlich gesagt, zu spät, wenn man mich erst dann, wenn schon das Kind in Brunnen
Sabine Nuss: gefallen ist, fragt, was wir jetzt machen.
Sabine Nuss: Weil im Grunde genommen müssten wir genau da ansetzen.
Sabine Nuss: Soziale Sicherheit, das ist die friedenssicherndste Maßnahme,
Sabine Nuss: die man überhaupt treffen kann.
Sabine Nuss: Und zusätzlich noch das Hinterfragen von Nationalismus und von Regierung.
Sabine Nuss: Also alle Menschen sollten sich fragen, für wen werde ich hier in den Krieg
Sabine Nuss: geschickt? Also jetzt die, die müssen, die verpflichtet werden.
Sabine Nuss: Und das sind meines Erachtens die zwei wesentlichen Punkte, auf die man sich
Sabine Nuss: da stellen sollte. Also schwieriges Thema.
Sabine Nuss: Ziemlich bedrückend. Vielleicht hast du noch ein Mitbringsel,
Sabine Nuss: was uns da ein bisschen rausholt aus der Bedrückung.
Eva Völpel: Ich bin noch über ein Zitat gestolpert, das ich ganz treffend finde.
Eva Völpel: Das ist von einer Ökonomin, die heißt John Robinson.
Eva Völpel: Die hat sich auch mit der Rüstungsfrage beschäftigt.
Eva Völpel: Das, finde ich, bringt sozusagen dieses Dilemma, in dem wir stecken,
Eva Völpel: nochmal ganz gut auf den Punkt. Und die hat nämlich gesagt, der Prozess,
Eva Völpel: ein Machtpotenzial der Zerstörung aufzubauen, trägt selbst dazu bei,
Eva Völpel: den ideologischen Konflikt am Leben zu erhalten.
Eva Völpel: Es ist richtig, dass eine Nation, die einen Feind hat, sich bewaffnen muss.
Eva Völpel: Es ist aber ebenso wahr, dass eine Nation, die über Waffen verfügt,
Eva Völpel: auch einen Feind benötigt.
Eva Völpel: Um die Bewaffnung zu rechtfertigen, müssen Ängste und Spannungen aufrechterhalten
Eva Völpel: werden und jede Seite braucht die andere als Schreckgespenst.
Eva Völpel: Und das, finde ich, bringt das Dilemma ganz gut auf.
Sabine Nuss: Mhm, mhm. Allerdings, puh.
Sabine Nuss: Also, ich habe auch ein kleines Mitbringsel mitgebracht und werde da auch jetzt gleich was zitieren.
Sabine Nuss: Und zwar bin ich ein bisschen bei diesem Thema erinnert an den Podcast,
Sabine Nuss: den du auch schon erwähnt hast, Eva,
Sabine Nuss: Tacho Müller mit Jan Groß bei dem Podcast Future Histories, wo Tacho ganz stark
Sabine Nuss: verteidigt, wir haben verloren, der Kapitalismus mit allem drum und dran,
Sabine Nuss: Krieg, Klimakollaps und so weiter hat gewonnen.
Sabine Nuss: Das ist ja eine ziemlich deprimierende Aussage und erinnert mich ein bisschen
Sabine Nuss: an das Lied Kapitulation von Tokotronic.
Sabine Nuss: Und der letzte Vers von dem Lied Kapitulation von Tokotronic,
Sabine Nuss: der lautet, also so ein bisschen geht es mir auch mit diesem,
Sabine Nuss: ey, ich kapituliere, es ist einfach alles zu groß und es wird immer schlimmer.
Sabine Nuss: Und ich muss ehrlich sagen, Eva, ich bin froh, dass ich keine Kinder habe,
Sabine Nuss: die ich in diese scheiß Welt reinsozialisieren muss.
Sabine Nuss: Ich wüsste nicht, wie ich das alles irgendwie erklären sollte.
Sabine Nuss: Die Vögel im Baum, sie kapitulieren. Die Füchse im Bau, sie kapitulieren.
Sabine Nuss: Die Wölfe im Gehege, sie kapitulieren.
Sabine Nuss: Die Stars in der Manege, sie kapitulieren.
Sabine Nuss: Alle, die die Liebe suchen, sie müssen kapitulieren.
Sabine Nuss: Dann gibt es eine kleine Wende in diesem Lied, da heißt es, alle,
Sabine Nuss: die disziplinieren, müssen kapitulieren.
Sabine Nuss: Alle, die uns kontrollieren, sie müssen kapitulieren.
Sabine Nuss: Alle, die uns deprimieren, sie müssen kapitulieren.
Sabine Nuss: Das finde ich vielleicht den besseren Appell, als an uns selbst zu kapitulieren.
Sabine Nuss: Das war die kleine Antwort auf Tachio.
Eva Völpel: Sehr gut.
Sabine Nuss: Genau. Und damit würde ich sagen, sind wir beim Ende.
Sabine Nuss: Ja, okay. Dann bedanke ich mich erst mal Eva für diesen super interessanten,
Sabine Nuss: wenn auch bedrückenden Einblick und hoffe, es hat euch einigermaßen Spaß gemacht
Sabine Nuss: zuzuhören oder zumindest in irgendeiner Form.
Sabine Nuss: Und sage einfach mal, macht's gut.
Eva Völpel: Wir freuen uns über Kritik, Anregungen und Rückmeldungen unter armutszeugnis at rosaluchs.org.
Eva Völpel: Und ja, macht's gut, bis zum nächsten Mal.
Sabine Nuss: Auf Wiedersehen. Tschüss.
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