#11: Krisenpolitik im Wahlkampf: Was steckt hinter der Wirtschaftsschwäche?
Shownotes
Die Ampel ist Geschichte und wir stecken in einem Wirtschaftswahlkampf: Angesichts einer schwächelnden Konjunktur und Krisen in der Automobil- und Stahlindustrie setzt ein Teil der Parteien auf eine Wirtschaftswende, die Unternehmenssteuern sowie Arbeits- und Sozialkosten senken und so den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken will. Doch kann es sein, dass diese Rezepte herzlich wenig mit den Ursachen dieser Wirtschaftsschwäche zu tun haben? Und wie müssten wir stattdessen gegensteuern? Die Ökonomin Isabella Weber etwa fordert angesichts des Wahlsiegs von Trump und mit Blick auf die AfD in Deutschland eine "antifaschistische Wirtschaftspolitik", die die Bedürfnisse der Vielen ins Zentrum stellt. Doch was genau soll das sein?
Schreibt uns an: armutszeugnis@rosalux.org
Shownotes:
Tom Krebs: Fehldiagnose. Wie Ökonomen die Wirtschaft ruinieren und die Gesellschaft spalten.
Thomas Sablowski: Krise mit Folgen. Warum das Exportmodell keine Zukunft hat.
"Die Polykrise stellt uns vor ganz neue Herausforderungen" Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gewerkschaft IG Metall, im Interview des Podcasts WAS TUN?, Folge vom 10. November 2024
Isabella Weber: So geht antifaschistische Wirtschaftspolitik.
Heinrich, Michael/Nuss, Sabine: Weg vom nationalen "Wir". Das Konzept der "antifaschistischen Wirtschaftspolitik" bleibt ein leeres Versprechen, wenn sie den nationalen Rahmen nicht durchbricht.
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Transkript anzeigen
Sabine Nuss: Hallo und herzlich willkommen beim Wirtschaftspodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Sabine Nuss: Armutszeugnis. Hallo alle, die uns gerade lauschen. Hallo Eva.
Eva Völpel : Hallo Sabine.
Sabine Nuss: Wir haben jetzt die elfte Folge und ich kann mich nicht erinnern,
Sabine Nuss: Eva, ob wir das schon mal so hatten, dass vor einer solchen Folge so wahnsinnig
Sabine Nuss: viel passiert ist, so viele Ereignisse sich überschlagen haben,
Sabine Nuss: wie jetzt bei dieser Folge.
Sabine Nuss: Also ich sage mal kurz die Wahl von Trump und einen Tag später,
Sabine Nuss: Man hatte das kaum verdaut, ist die Ampelkoalition auseinandergebrochen und
Sabine Nuss: jetzt erst vor ein paar Tagen ist auch noch die französische Regierung gestürzt.
Sabine Nuss: Das heißt, wir haben sehr, sehr viel, was da passiert ist. Wir befinden uns
Sabine Nuss: jetzt mitten im Wahlkampf.
Sabine Nuss: Die Neuwahl steht vor uns und es ist ein sogenannter Wirtschaftswahlkampf.
Sabine Nuss: Also Hintergrund ist, Deutschland wird als kranker Mann Europas bezeichnet.
Sabine Nuss: Und wir wollen uns ein bisschen mit der Frage beschäftigen in dieser Folge,
Sabine Nuss: was ist da eigentlich los? Woher kommt diese Wirtschaftsschwäche?
Sabine Nuss: Manche sagen Krise, von der jetzt immer die Rede ist.
Sabine Nuss: Und ihr habt sicherlich jetzt auch in den letzten Tagen und Wochen viel darüber gehört.
Sabine Nuss: Aber wir haben ja hier immer so ein bisschen den Anspruch, einen Deep Dive zu
Sabine Nuss: machen, also ein bisschen tiefer zu gehen.
Sabine Nuss: Wir wollen also fragen, was ist das eigentlich mit dieser Wirtschaftsschwäche?
Sabine Nuss: Woher kommt sie? Und was wird da eigentlich genau vorgeschlagen?
Sabine Nuss: Was wir da immer hören, ist Bürokratieabbau, die Lohnkosten sollen runter,
Sabine Nuss: weniger Geld für Sozialausgaben. Und wir wollen uns mit der Frage beschäftigen,
Sabine Nuss: sind es wirklich die richtigen Antworten?
Sabine Nuss: Das werden wir in einem ersten Teil machen und in einem zweiten Teil wollen
Sabine Nuss: wir uns damit beschäftigen, ob es vielleicht nicht andere Antworten geben könnte.
Sabine Nuss: Zum Beispiel kurz nach der Wahl von Trump gab es die Ökonomin Isabella Weber,
Sabine Nuss: die gesagt hat, was wir jetzt brauchen ist eine antifaschistische Wirtschaftspolitik.
Sabine Nuss: Damit wollen wir uns auseinandersetzen in einem zweiten Teil.
Sabine Nuss: Was ist das eigentlich und wieso könnten sich dahinter bessere und richtigere
Sabine Nuss: Antworten verbergen, die möglicherweise wirklich dem Interesse aller dienen?
Sabine Nuss: Eva, du hast dazu einiges mitgebracht und ich freue mich sehr,
Sabine Nuss: dass ich dich jetzt da löchern darf und dass wir dir zuhören dürfen,
Sabine Nuss: was du da mitgebracht hast.
Sabine Nuss: Und vorweg möchte ich noch kurz sagen, wir hatten angesichts dieser Ereignisse
Sabine Nuss: auch eine kleine Planänderung.
Sabine Nuss: Wir wollten eigentlich was ganz anderes machen. Sag mal kurz, Eva.
Eva Völpel : Na, eigentlich wollten wir jetzt in der Folge reden über Klima und Ungleichheit.
Eva Völpel : Und das haben wir aber schon mal geschoben und werden das zu einem späteren
Eva Völpel : Zeitpunkt machen. Und dann haben wir aber nochmal was umgebaut.
Sabine Nuss: Stimmt.
Eva Völpel : Nämlich, wir hatten eigentlich vor, in dieser Folge auch noch über das Thema
Eva Völpel : Umverteilung und Steuerpolitik zu sprechen.
Eva Völpel : Und dazu habe ich ein Interview geführt mit Julia Jiermann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit.
Eva Völpel : Aber ich habe dann festgestellt, wir haben jetzt schon so viel Stoff,
Eva Völpel : wenn wir auf die Krise oder die wirtschaftliche Schwäche gucken und auf die
Eva Völpel : antifaschistische Wirtschaftspolitik. Wir müssen das schieben.
Sabine Nuss: Genau.
Eva Völpel : Aber das Gute daran ist, eigentlich hatten wir gedacht, wir machen im Januar
Eva Völpel : eine kleine Winterpause und senden gar keinen Podcast ab.
Eva Völpel : Aber jetzt, wir müssen uns mal ein bisschen erholen.
Eva Völpel : Aber jetzt haben wir dann gesagt, okay, dann senden wir das Interview eben in
Eva Völpel : einer Januar-Folge ab und darauf könnt ihr euch dann schon mal freuen.
Eva Völpel : Da konzentrieren wir uns dann ganz auf die Steuerpolitik.
Eva Völpel : Und die wichtige Frage nach Umverteilung, das spielt ja auch oder sollte zumindest
Eva Völpel : im Wahlkampf auch von uns aus eine ganz zentrale Rolle spielen.
Sabine Nuss: Genau und das ist aber auch der Grund, warum wir in dieser Folge keinen Interviewgast haben.
Sabine Nuss: So, jetzt genug der Vorrede. Eva, steig einfach mal ein mit dem Thema Krisenursachen.
Eva Völpel : Genau, wir bekommen es ja irgendwie alle mit. Irgendwas läuft in Deutschland
Eva Völpel : gerade nicht so richtig rund mit der Wirtschaft.
Eva Völpel : Da kann man zum einen mal ganz kurz zwei Zahlen nennen.
Eva Völpel : Seit Ende 2022 steckt Deutschland oder die deutsche Wirtschaft eben in der Rezession.
Eva Völpel : Das heißt, die Wirtschaft schrumpft.
Eva Völpel : In 2023, auf das ganze Jahr berechnet, ging das Bruttoinlandsprodukt um 0,3
Eva Völpel : Prozent zurück und in 2024 sollen es wahrscheinlich am Ende 0,2 Prozent Schrumpfung sein.
Eva Völpel : Und das Interessante daran ist, dass Deutschland da im Moment mit dieser Wachstumsschwäche
Eva Völpel : so ein bisschen das Schlusslicht aller wirtschaftsstarken Länder darstellt.
Eva Völpel : Das auch schon so ein bisschen länger und das wird auch noch etwas anhalten, denn die OECD,
Eva Völpel : die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
Eva Völpel : also quasi so der Club der 38 wirtschaftsstärksten Nationen,
Eva Völpel : die haben jetzt gerade nochmal prognostiziert, auch in 25 wird Deutschland eben
Eva Völpel : Wachstumsschlusslicht sein.
Eva Völpel : Und das ist insofern interessant, als dass man daran einerseits so ein bisschen sieht,
Eva Völpel : das ist jetzt keine globale Krise, die hier auch dieses Land oder diese Wirtschaft
Eva Völpel : erfasst, sondern es ist eher gerade wirklich eine spezifische deutsche Wachstumsschwäche
Eva Völpel : und vielleicht auch interessant für den einen oder die andere,
Eva Völpel : dass zweimal hintereinander die Wirtschaft schrumpft, das kommt eben auch nicht so häufig vor.
Eva Völpel : Aber das sind jetzt erstmal sehr abstrakte Zahlen. Ich glaube,
Eva Völpel : vor allen Dingen sehen wir es ja gerade so in der Nachrichtenlage, was hier gerade los ist.
Eva Völpel : Also wir haben die Ankündigung, dass VW mindestens drei Standorte dicht machen
Eva Völpel : will und tausende von Beschäftigten entlassen will.
Eva Völpel : Wir hatten jetzt vor kurzem die Nachricht, dass Thyssenkrupp,
Eva Völpel : der Stahlproduzent, hier am Standort in Deutschland 11.000 Leute rauswerfen will.
Eva Völpel : Und ich weiß nicht, wie dir es da geht, aber ich habe das Gefühl,
Eva Völpel : wir hören jeden Tag das Klagen darüber, dass Deutschland sich deindustrialisiere,
Eva Völpel : dass es Standortverlagerungen gibt, dass diese Gefahr sehr groß sei.
Eva Völpel : Und ich habe mir deswegen auch mal ein paar Zahlen dazu angeguckt.
Eva Völpel : Das ist jetzt nur so ein ganz kurzer Blick darauf.
Eva Völpel : Es gab im August eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer und
Eva Völpel : die hat herausgefunden, dass mittlerweile 37 Prozent der Industriebetriebe in
Eva Völpel : Deutschland darüber nachdenken, die Produktion einzuschränken oder ins Ausland abzuwandern.
Eva Völpel : Das ist deutlich gestiegen. Im Jahr 2022 waren das 21 Prozent.
Eva Völpel : Und dieser Wert steigt doch nochmal ziemlich an, wenn es um Unternehmen mit
Eva Völpel : 500 oder mehr Beschäftigten geht.
Eva Völpel : Also die wirklich großen Unternehmen, da sagen mehr als die Hälfte mittlerweile,
Eva Völpel : dass sie darüber nachdenken, hier Produktion einzuschränken oder Produktion zu verlagern.
Eva Völpel : Und ich sage mal so, bei solchen Zahlen geht es mir immer so,
Eva Völpel : ich weiß nicht, wie es dir geht, ich ziehe immer so einen Faktor Panikmacher
Eva Völpel : ab. Weil ich meine, mit solchen Zahlen wird einfach auch Politik gemacht.
Eva Völpel : Aber es bleibt halt doch ein Befund übrig. Das sind schon ganz ordentliche Zahlen, die was aussagen.
Eva Völpel : Also die zeigen, irgendwas läuft hier mit der Kapitalverwertung gerade für die
Eva Völpel : Unternehmen aus ihrer Sicht nicht so richtig rund.
Sabine Nuss: Ja, wenn ich ganz kurz mal reingrätschen darf. Ich war neulich am Hauptbahnhof
Sabine Nuss: in Berlin und da hing ein riesiges Transparent und da stand drauf,
Sabine Nuss: also das war von der Initiative für neue soziale Marktwirtschaft und da war
Sabine Nuss: ein riesiger Schriftzug SOS.
Sabine Nuss: Wir müssen die deutsche Wirtschaft retten oder die deutsche Wirtschaft,
Sabine Nuss: weiß ich nicht, jetzt habe ich es nicht mehr ganz genau auf dem Schirm,
Sabine Nuss: was es hieß. Auf jeden Fall ein unglaublicher Alarmismus.
Sabine Nuss: Und das ist auch eine Kampagne von der Initiative Neue Sozialmarktwirtschaft,
Sabine Nuss: die eine akute Notlage der deutschen Wirtschaft konstatiert und die sagt und
Sabine Nuss: aufruft zur Rettung des Wirtschaftsstandorts Deutschlands.
Sabine Nuss: Also von wegen Panikmache, ich habe auch ein bisschen den Eindruck,
Sabine Nuss: da wird ganz schön Alarm geschlagen, um bestimmte Interessen durchzusetzen.
Sabine Nuss: Und sie haben auch einen sogenannten SOS Bad News Ticker, wo genau das,
Sabine Nuss: was du auch gerade angesprochen hast, jeden Tag diese Horrornachrichten verkündet
Sabine Nuss: werden, welcher Standort geschlossen werden soll und so weiter und so fort.
Sabine Nuss: Ich bin immer so ein bisschen am Zweifeln, weil natürlich betrifft es die Industrie.
Sabine Nuss: Also das sind ja immer nur Industrieunternehmen, die da zitiert werden oder
Sabine Nuss: über die berichtet wird. Aber wir haben ja auch einen riesigen Dienstleistungssektor.
Sabine Nuss: Ich glaube so 70 Prozent arbeiten im Dienstleistungssektor.
Sabine Nuss: Aber wenn der Industriestandort schwächelt, da wird dann immer ein mega Alarm geschlagen.
Sabine Nuss: Deshalb bin ich da immer ein bisschen am Zweifeln, ob das nicht auch ein Teil
Sabine Nuss: einer bestimmten Kampagne ist.
Eva Völpel : Naja, es ist auf jeden Fall ein Teil einer bestimmten Kampagne und du hast völlig
Eva Völpel : recht, der Dienstleistungssektor ist ja in Deutschland sehr groß,
Eva Völpel : auch von den Beschäftigten, die da arbeiten und der tritt ja immer so ein bisschen in den Hintergrund.
Eva Völpel : Und da ist es aber so, wir sehen gerade, dass im Dienstleistungssektor eher
Eva Völpel : Beschäftigung noch aufgebaut wird, während man im verarbeiteten Gewerbe in den
Eva Völpel : unterschiedlichen Branchen schon vielfach sieht, da wird eben Beschäftigung
Eva Völpel : gerade tatsächlich abgebaut.
Eva Völpel : Also da gibt es tatsächlich unterschiedliche Tendenzen und ich würde sagen, ja,
Eva Völpel : es ist halt so, weil Deutschland diese Exportnation ist, darüber sprechen wir
Eva Völpel : später auch nochmal, die vor allem auch immer noch einen relativ hohen Anteil
Eva Völpel : von Industrie und verarbeitendem Gewerbe hat, also höher als auch in anderen europäischen Ländern,
Eva Völpel : ist das natürlich hier nochmal mehr ein Thema,
Eva Völpel : weil das Wirtschaftswachstum sehr deutlich auch an dieser Exportindustrie dranhängt,
Eva Völpel : was auch durchaus problematisch ist. Da kommen wir heute auch noch zu.
Sabine Nuss: Es stand drauf auf dem Transparent, die deutsche Wirtschaft ist in Gefahr.
Eva Völpel : Genau, ich meine bei dieser Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, INSM,
Eva Völpel : muss man auf jeden Fall nochmal dazu sagen, die werden finanziert vom Arbeitgeberverband
Eva Völpel : Gesamtmetall und die sind sowieso ja schon seit Jahren dafür bekannt,
Eva Völpel : dass sie so die Speerspitze der Propagandatruppe sind, wenn es jetzt hier um
Eva Völpel : Deregulierung und Kürzungsvorschläge geht und mehr um Entfesselung des Marktes.
Eva Völpel : Und diese SOS-Kampagne, die du da erwähnt hast, die habe ich mir auch angeguckt,
Eva Völpel : also was die da in 25 Punkten eigentlich so fordern.
Eva Völpel : Und das Interessante ist, dass da zum Beispiel die Energiekostenfrage,
Eva Völpel : die für die Unternehmen gerade ganz zentral auch im Zentrum steht,
Eva Völpel : dass sie sagen, sie haben nach wie vor zu hohe Energiekosten,
Eva Völpel : dass das da eigentlich gar nicht so richtig drin vorkommt.
Eva Völpel : Das wird schon auch erwähnt, aber eigentlich ist es halt tatsächlich vor allem
Eva Völpel : so der Angriff auf die Löhne, der Angriff auf den Sozialstaat,
Eva Völpel : Rente und Bürgergeld steht da besonders im Fokus.
Eva Völpel : Und klar, Deregulierung, Bürokratie abbauen, was ja immer auch heißt,
Eva Völpel : zum Beispiel Klimaziele verwässern, bessere Rechte für Arbeitnehmer nicht durchsetzen
Eva Völpel : oder verwässern, das Tariftreuegesetz und so weiter.
Eva Völpel : Und ich fand es aber interessant, diese Kluft zu sehen, dass diese Energiekostenfrage
Eva Völpel : da so runtergedimmt wird bei denen, weil bei der erwähnten Umfrage der Deutschen
Eva Völpel : Industrie- und Handelskammer, da steht es ganz zentral im Fokus.
Eva Völpel : Also die sagen, die werden wahrscheinlich auch an anderen Stellen andere Dinge
Eva Völpel : sagen, also auch über die Lohnkosten klagen, aber die sagen wirklich.
Eva Völpel : Einer der zentralsten Gründe, die den Unternehmen gerade Probleme bereiten,
Eva Völpel : sind die Energiekosten und darauf kommen wir im Laufe der Sendung auch nochmal zu sprechen.
Sabine Nuss: Mhm.
Eva Völpel : Es ist ja nicht nur so, dass es diese Kampagne gibt, diese Marktschreierische vom INSM,
Eva Völpel : sondern es gibt ja eben auch, und das will ich nur mal kurz antippen hier,
Eva Völpel : die entsprechenden Pläne und Vorschläge aus der FDP oder der Union,
Eva Völpel : was wir jetzt machen sollten.
Eva Völpel : Und die gehen alle in die gleiche Richtung, mit Abstufung natürlich.
Eva Völpel : Also ihr erinnert euch sicher an das Wirtschaftswendepapier des Finanzministers,
Eva Völpel : ehemaligen Finanzministers.
Sabine Nuss: Ja, ja.
Eva Völpel : Christian Lindner, wer hat sich nicht ein bisschen gefreut, als er rausgeworfen
Eva Völpel : wurde und dieses Papier hat ja so ein bisschen diese Ampel,
Eva Völpel : also sozusagen das Ende der Ampel mit nochmal so befeuert und da kann man eigentlich sagen,
Eva Völpel : der fordert mehr oder weniger fast das Gleiche, was diese SOS-Kampagne fordert,
Eva Völpel : aber auch bei der Union geht es natürlich mit Abstufungen in sehr,
Eva Völpel : sehr ähnliche Richtungen.
Eva Völpel : Also die Antworten, die die geben, heißen deregulieren, kürzen,
Eva Völpel : Marktkräfte, entfesseln.
Eva Völpel : Und das macht jetzt für uns auch nochmal so ganz gut die Anknüpfung an unsere
Eva Völpel : letzten beiden Doppelfolgen, als ob wir es gewusst hätten.
Eva Völpel : Warum fordern die das? Die sagen natürlich ganz zentral, es geht bei all dieser
Eva Völpel : Politik, die die jetzt umsetzen wollen,
Eva Völpel : also ich würde sagen einer Politik der rechten Wirtschaftswende,
Eva Völpel : geht es darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern,
Eva Völpel : also verbesserte Konkurrenzbedingungen auf dem Weltmarkt für die deutschen Unternehmen herzustellen.
Sabine Nuss: Gut, dass du darauf hinweist, nochmal auf die letzten beiden Folgen,
Sabine Nuss: die ja genau das Thema internationale Wettbewerbsfähigkeit zum Inhalt hatten.
Sabine Nuss: Wir erleben das ja im Moment gerade, dass Christian Lindner überall auf allen
Sabine Nuss: Kanälen sendet und zwar wie so eine Aufziehpuppe.
Sabine Nuss: Er sagt immer das Gleiche.
Sabine Nuss: Die Ampelkoalition ist gescheitert, weil man nicht auf seine großartigen Vorschläge hören wollte.
Sabine Nuss: Und da sagt er immer Bürokratieabbau, Sozialkosten runter und so weiter.
Sabine Nuss: Und erwähnt eben auch immer, dass Deutschland in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
Sabine Nuss: im Ranking abgestiegen ist.
Sabine Nuss: Und auch bei Michael Hüther, der Chef vom Institut der deutschen Wirtschaft,
Sabine Nuss: auch der vergleicht das gerne mit der Fußball-WM und stellt Deutschland quasi
Sabine Nuss: da wie eine Fußballmannschaft, eine nationale,
Sabine Nuss: die eben in der Konkurrenz gewinnen muss.
Sabine Nuss: Und das ist der Hintergrund, wie du jetzt auch schon gesagt hast,
Sabine Nuss: warum in diesem Vergleich Deutschland jetzt wieder aufholen soll.
Eva Völpel : Genau und damit die deutsche Fußballmannschaft sich auch ordentlich anstrengt,
Eva Völpel : hört man jetzt auch überall immer dieses ewige Mantra.
Eva Völpel : Also wir müssen Verzicht üben, wir müssen den Gürtel enger schnallen,
Eva Völpel : wir müssen so die Ansprüche runterfahren, wir müssen mehr arbeiten.
Eva Völpel : Und ich denke dann immer so, ja dieses schöne Wir, das sind diese Verzichtsanrufungen,
Eva Völpel : aber gemeint sind dann natürlich nicht die Eigentümer oder Anteilseignerinnen
Eva Völpel : von Unternehmen in diesem Land oder die Managerklasse, sondern es sind eben die Beschäftigten.
Eva Völpel : Siehe die harten Auseinandersetzungen jetzt bei VW oder natürlich auch,
Eva Völpel : wenn man dann auf die Bürgergeldempfängerinnen blickt oder, oder, oder.
Eva Völpel : Ist also immer eine sehr, sehr einseitige Veranstaltung. Und ich muss sagen,
Eva Völpel : auch wenn man jetzt so die Tageszeitung liest, da findet man derzeit auch wieder
Eva Völpel : so skurrile Anrufungen, wie wir hier alle so ein bisschen an unserer inneren
Eva Völpel : Einstellung arbeiten müssen, damit so der Wirtschaftsstandort wieder läuft.
Sabine Nuss: Genau, und gerade weil du VW ansprichst, Das finde ich auch mal so unglaublich.
Sabine Nuss: Es ist ja gar nicht so, dass VW jetzt sagt, wir müssen Standorte schließen,
Sabine Nuss: weil wir keine Profite mehr machen.
Sabine Nuss: Sie machen einfach ein bisschen weniger.
Sabine Nuss: Das ist das Problem und nicht gar keine. Und ich habe lustigerweise gerade heute
Sabine Nuss: Morgen im Radio gehört, dass so ein Branchenexperte zum Thema Autoindustrie
Sabine Nuss: gesagt hat, so schlecht steht VW gar nicht da.
Sabine Nuss: Es geht einfach darum, die Rentabilität noch mehr zu erhöhen und deshalb müssen
Sabine Nuss: die Standorte geschlossen werden.
Eva Völpel : Genau, auf VW kommen wir sicher nachher auch nochmal zu sprechen.
Eva Völpel : Wir wollen aber jetzt erstmal auf die Krisenursachen schauen,
Eva Völpel : denn ich meine die Antworten von Union und FDP, das kann man ja überall leicht nachlesen.
Eva Völpel : Und wenn man sich das anguckt, dann wird einem ziemlich schnell klar,
Eva Völpel : dass die Antworten nicht nur völlig unpassend sind, sondern dass die einfach
Eva Völpel : auch das Zeug dazu haben, eine Krise zu verschärfen, eine soziale Krise,
Eva Völpel : eine Krise der Demokratie würde ich letztendlich sagen.
Sabine Nuss: Ja, wobei das ist ja genau der Punkt, dass die teilweise,
Sabine Nuss: also in den, wie soll ich das jetzt sagen, in den eher wirtschaftswissenschaftlich
Sabine Nuss: orientierten Talks, da hört man eher von Rezession oder von Konjunkturschwäche
Sabine Nuss: und von Krise wird da eigentlich gar nicht geredet, sondern tatsächlich,
Sabine Nuss: wenn man zwei Jahre hintereinander diesen leichten Wirtschaftsabschwung hat,
Sabine Nuss: ist es erstmal nur eine Rezession.
Sabine Nuss: Und Krise ist dann, Wirtschaftskrise würde jetzt von meinem Verständnis eher
Sabine Nuss: das sein, was wir 2008 erlebt haben.
Sabine Nuss: Also quasi der komplette wirtschaftliche Zusammenbruch. Und ich würde auch denken,
Sabine Nuss: auch dieses Wort Krise ist dann so ein bisschen Teil der Kampagne zu sagen,
Sabine Nuss: hier Anrufung an die Nation, wir sind in einer schweren Krise.
Sabine Nuss: Und das ist, glaube ich, noch nicht so.
Sabine Nuss: Aber du hast natürlich recht. Im Grunde genommen ist immer die Frage,
Sabine Nuss: wessen Krise ist das eigentlich? Und im Grunde genommen ist es eine Krise derjenigen,
Sabine Nuss: denen es sowieso nicht gut geht, wenn sie dann noch mehr gestrichen kriegen.
Sabine Nuss: Das erleben wir ja gerade in Berlin, diese Kürzungsarie.
Sabine Nuss: Das ist so ein kleiner Vorgeschmack auf das, was kommen wird,
Sabine Nuss: wenn sich die marktliberalen Antworten durchsetzen werden. Aber jetzt habe ich dich unterbrochen.
Eva Völpel : Nee, aber du hast völlig recht. Mit dem Krisenbegriff muss man vorsichtig umgehen
Eva Völpel : und klar machen, aus welcher Warte man den benutzt.
Eva Völpel : Und ich finde auch, es ist natürlich jetzt in dieser Debatte,
Eva Völpel : ja, es ist ein Kampfbegriff.
Eva Völpel : Ich entschuldige mich also schon mal, wenn ich hier manchmal so ein bisschen
Eva Völpel : sprachlich unsauber bin, wenn es mit mir davon galoppiert.
Sabine Nuss: Wir entschuldigen dich.
Eva Völpel : Ja, sehr gut, sehr gut. Nee, aber es ist ein wichtiger Punkt.
Eva Völpel : Ja, und wenn wir auf die Krisenursachen gucken, dann müssen wir auf so zwei
Eva Völpel : verschiedene Ebenen gucken.
Eva Völpel : Die eine Ebene sind die politischen Reaktionen oder vielmehr Versäumnisse.
Eva Völpel : Und da schauen wir jetzt mal ein bisschen zurück auf die Energiepreiskrise,
Eva Völpel : also nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine.
Eva Völpel : Und wenn ich da im Folgenden über so ein paar wichtige Punkte daraus spreche,
Eva Völpel : dann beziehe ich mich in Teilen immer mal wieder auf die Analysen des Ökonomen Tom Krebs.
Eva Völpel : Der hat vor kurzem ein Buch herausgebracht, das heißt Fehldiagnose,
Eva Völpel : wie Ökonomen die Wirtschaft ruinieren und die Gesellschaft spalten.
Eva Völpel : Und ich finde, das ist eine sehr interessante, genauere politökonomische Analyse
Eva Völpel : der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Ampel in der Krise.
Eva Völpel : Und er übt da auch eine sehr deutliche Kritik und das werde ich auf der einen
Eva Völpel : oder anderen Stelle immer mal wieder einfließen lassen.
Eva Völpel : Also, wir steigen gedanklich nochmal ein in eine Zeit, ich weiß nicht,
Eva Völpel : wie es dir da geht, Sabine, die fühlt sich für mich schon an,
Eva Völpel : als wäre die irgendwie schon so seltsam weit zurück.
Eva Völpel : Energiepreiskrise, das Gerede über die Inflation und wie krass die Preise gestiegen
Eva Völpel : sind und vor allem das Diskutieren darüber, ob wir nicht dringend Entlastungspakete
Eva Völpel : und konjunkturpolitische Maßnahmen brauchen.
Eva Völpel : Ich habe so das Gefühl, das liegt schon Jahre zurück.
Sabine Nuss: Geht mir ganz genauso. Ich habe auch ehrlich gesagt in der Vorbereitung noch
Sabine Nuss: mal kurz gegoogelt, warte mal, wann war denn das jetzt noch mal?
Sabine Nuss: Und wann war noch mal diese komische Energiepreisbremse? Das ging aber gar nicht
Sabine Nuss: so krass durch die Medien.
Sabine Nuss: Zumindest könnte das ein Grund sein, warum ich mich da auch nicht mehr so richtig
Sabine Nuss: erinnere, wie das bei Corona war. Da war das ein riesiges, viel größeres Thema.
Eva Völpel : Ja, genau. Und ich würde sagen, daran, dass das scheinbar schon so weit zurückliegt
Eva Völpel : und jetzt alles wieder angeblich so normal ist, sieht man schon das erste Problem,
Eva Völpel : Nämlich diesen Normalisierungsdiskurs,
Eva Völpel : weil Tom Krebs in dem Buch sehr schön nachweist, wir sind mitnichten wieder
Eva Völpel : in einer normalen Zeit gelandet, wenn man jetzt auch auf die Sorgen der Menschen
Eva Völpel : einerseits guckt in diesem Land, aber auch auf die Bedingungen für die Industrie.
Eva Völpel : Und da schauen wir jetzt mal ein bisschen rein. Also vielleicht nochmal ganz
Eva Völpel : kurz zur Erinnerung, Energiepreiskrise, was ist da passiert?
Eva Völpel : Im Zuge des Krieges Russlands gegen die Ukraine sind ja die Energiepreise in
Eva Völpel : extreme Höhen geschossen, also für Gas und Öl und daran gekoppelt dann auch für den Strom.
Eva Völpel : Und das hat vor allem in Deutschland den Privathaushalten, aber auch der Wirtschaft
Eva Völpel : zugesetzt, weil dieses Land extrem abhängig war von den billigen fossilen Energielieferungen,
Eva Völpel : also Gas und Öl aus Russland.
Eva Völpel : Das heißt, die Energiekosten stiegen deutlich an und wurden auch unberechenbarer,
Eva Völpel : weil es größere Schwankungen gab, als der Krieg dann losgegangen war.
Eva Völpel : Und damit stiegen ja auch unsere aller Kosten so nach und nach.
Eva Völpel : Denn der Energiepreisschock, der hat ja die Inflation in seit zehnten nie dagewesen
Eva Völpel : Rekordhöhen getrieben, weil eben die hohen Energiepreise dann sozusagen peu
Eva Völpel : à peu auf alles durchschlugen.
Eva Völpel : Alle Güter des täglichen Gebrauchs wurden deutlich teurer.
Eva Völpel : Innerhalb von zwei Jahren zogen zum Beispiel die Preise von Energie um 50 Prozent
Eva Völpel : an, die für Lebensmittel um 30 Prozent.
Eva Völpel : Und das hat wirklich dann für vierköpfige Familien, habe ich mir gestern nochmal
Eva Völpel : angeschaut, das hat Mehrausgaben von mehreren hundert Euro im Monat bedeutet.
Eva Völpel : Und ein großer Unterschied zu den vorangegangenen Krisen, also zu der großen
Eva Völpel : Finanz- und Wirtschaftskrise 2008, 2009 oder auch die Pandemie,
Eva Völpel : war jetzt bei dieser Energiepreiskrise, dass zwar der Wirtschaftseinbruch nicht
Eva Völpel : ganz, aber ähnlich hoch ausfiel, also das Minus.
Eva Völpel : Aber in den anderen zurückliegenden Krisen gab es eben keine so drastisch gestiegene
Eva Völpel : Inflation, wie wir das jetzt gesehen haben in der Energiepreiskrise.
Eva Völpel : Das ist schon mal so ein wichtiger Krisenunterschied gewesen.
Eva Völpel : Und trotzdem kann man dann feststellen, während der Pandemie sind noch riesige
Eva Völpel : Entlastungspakete und auch Konjunkturpakete geschnürt worden.
Eva Völpel : Ich habe mir das gestern nochmal rausgesucht.
Eva Völpel : Da gab es große Schutzschirme insgesamt in Höhe von 750 Milliarden Euro,
Eva Völpel : die die Bundesregierung damals mobilisiert hat.
Eva Völpel : Und es gab dazu noch Konjunkturpakete in Höhe von 130 Milliarden Euro.
Eva Völpel : Und jetzt bei der Energiepreiskrise aber hat die Ampel viel,
Eva Völpel : viel weniger finanzielle Ressourcen dagegen mobilisiert.
Eva Völpel : Also es gab Entlastungsmaßnahmen, wir erinnern uns alle noch an die zum Teil
Eva Völpel : auch total absurden Maßnahmen, dass auch sehr gut verdienende Menschen entlastet wurden.
Eva Völpel : Aber es gab ja so Dinge wie zum Beispiel das 9-Euro-Ticket oder Energiepreispauschalen,
Eva Völpel : die ausgezahlt wurden und so weiter und so fort.
Eva Völpel : Aber für all das waren so rund 100 Milliarden Euro übrig.
Eva Völpel : Und dann gab es nochmal rund 200 Milliarden Euro, die wurden für die Energiepreisbremsen
Eva Völpel : zur Verfügung gestellt. Auf die kommen wir noch zu sprechen.
Eva Völpel : Aber davon ist längst nicht alles Geld abgerufen worden.
Eva Völpel : Das heißt, ein Problem war, wir haben eine riesenfette Krise.
Eva Völpel : Und zwar vor allem auch geblickt auf die Reallöhne der Menschen,
Eva Völpel : die eingebrochen sind durch die hohe Inflation.
Eva Völpel : Aber auch was die Energiekosten für die Unternehmen angeht.
Eva Völpel : Aber die Bundesregierung, die Ampel, hat sehr viel weniger mobilisiert, um dagegen zu halten.
Eva Völpel : Die Ampel hat dann längere Zeit über Energiepreisbremsen diskutiert und wollte
Eva Völpel : da erstmal nicht so richtig ran.
Eva Völpel : Da sagt zum Beispiel Tom Krebs auch in seinem Buch, das ist interessant zu sehen,
Eva Völpel : dass in dieser Zeit großer Unsicherheit, die Preise sind gestiegen und gestiegen,
Eva Völpel : gab es dann zwar so die ersten Entlastungsmaßnahmen für die BürgerInnen,
Eva Völpel : Aber diese Energiepreisbremsen kamen nicht und es gab ein Hin und Her in der
Eva Völpel : Politik. Was macht man jetzt?
Eva Völpel : Und es gab viel Streit auch innerhalb der Ampel.
Eva Völpel : Und Tom Kripps verknüpft das nochmal so ein bisschen mit so einer Darstellung,
Eva Völpel : wie die AfD in diesen Monaten von Sommer bis Herbst 2022 dann auch ganz deutlich
Eva Völpel : einen Sprung nach oben gemacht hat in Umfragewerten.
Eva Völpel : Wo er nochmal sagt, auch da sehen wir, dass wenn eine Regierung so kopflos agiert
Eva Völpel : in der Krise und irgendwie nicht klar macht, Leute, wir fangen das jetzt hier irgendwie auf,
Eva Völpel : dass das eben in diesem Fall rechten Parteien massiv in die Hände gespielt hat, also der AfD.
Eva Völpel : Das ist vielleicht schon mal so ein kleiner Hint auch zu unserem zweiten Teil,
Eva Völpel : wo wir auch noch über die antifaschistische Wirtschaft sprechen.
Eva Völpel : Reden wollen.
Sabine Nuss: Es gab jetzt auch vor einer Woche oder vor zwei wieder eine neue Studie vom,
Sabine Nuss: ich glaube es war ein arbeitgebernahes Wirtschaftsinstitut, ich habe jetzt den
Sabine Nuss: Namen vergessen, aber ich bin mir ziemlich sicher, die das auch nochmal gesagt haben, dass Inflation,
Sabine Nuss: und rechtes Wählen sozusagen in einem sehr engen Zusammenhang steht.
Eva Völpel : Genau, da kommen wir später nochmal drauf. Aber wir schauen jetzt nochmal auf
Eva Völpel : die Energiepreisbremsen, die ich gerade erwähnt habe.
Eva Völpel : Da ist das Problem Irgendwann hat sich die Ampelregierung zu diesen Energiepreisbremsen
Eva Völpel : durchgerungen, aber Tom Krebs nennt das Pseudopreisbremsen und mir war das jetzt
Eva Völpel : in der Form auch gar nicht so klar.
Eva Völpel : Ich will da jetzt gar nicht so in die Details einsteigen, weil da wird es jetzt
Eva Völpel : sehr spezialistisch, wie haben diese Energiepreisbremse, wie wurde die konstruiert und so weiter.
Eva Völpel : Aber er sagt, es war eine Pseudopreisbremse, weil letztlich gar nicht in das
Eva Völpel : Preissystem eingegriffen worden ist. Es ist vielmehr so gelaufen,
Eva Völpel : dass über staatliche Subventionen die Unternehmen sozusagen im Nachgang entlastet wurden.
Eva Völpel : Und das hat aber ein Problem mit sich gebracht.
Eva Völpel : Eigentlich war das Ziel dieser Energiepreisbremsen, dass man den Unternehmen
Eva Völpel : Anreize setzt, dass sie die Produktion eben nicht zu doll drosseln und damit
Eva Völpel : natürlich auch irgendwie Arbeitsplätze erhalten werden und so weiter und so fort.
Eva Völpel : Und durch diese absurde Konstruktion, wie gesagt, in dem Buch kann man das auch
Eva Völpel : nochmal genauer nachlesen, durch diese absurde Konstruktion dieser Preisbremse
Eva Völpel : ist dieses Ziel geschehen.
Eva Völpel : In einem größeren Maßstab eben nicht erreicht worden und die Produktion ist
Eva Völpel : deutlicher zurückgefahren, als man das mit einer richtigen Preisbremse hätte erreichen können.
Eva Völpel : Tom Krebs sagt, diese Pseudopreisbremse, die ihm überhaupt nicht viel brachte,
Eva Völpel : die geht vor allem zurück auf den Einfluss der marktliberal gestrickten Ökonominnen,
Eva Völpel : die nämlich in der Mehrheit damals in diesem Expertengremium saßen,
Eva Völpel : das die Bundesregierung beraten hat.
Eva Völpel : Und die einzige, die damals dagegen gestimmt hat und ein Minderheitenvotum abgegeben
Eva Völpel : hat, ist nämlich die schon von uns erwähnte Ökonomin Isabella Weber gewesen.
Eva Völpel : Also die hat eine richtige Preisbremse vorgeschlagen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
Sabine Nuss: War das auch die Zeit, wo, also da ging es um diesen Gaspreisdeckel,
Sabine Nuss: wo sie ziemlich einen Shitstorm abgekriegt hat in den Social Media?
Eva Völpel : Das war aber noch vorher, weil sie hat ja, ich glaube, im Dezember 2021,
Eva Völpel : als die Energiepreise ja schon anzogen,
Eva Völpel : weil sozusagen russisches Gas nicht so geliefert wurde, dass die Gasspeicher
Eva Völpel : hier vollgemacht werden konnten wie sonst, da hat sie ja schon sehr früh gesagt,
Eva Völpel : wir brauchen, um dieser Inflation schnell entgegenzutreten,
Eva Völpel : Preisbremsen, unter anderem eine Gaspreisbremse.
Eva Völpel : Und da hat sie einen irren Shitstorm,
Eva Völpel : übrigens auch vor allem von den männlichen Ökonominnen geerntet.
Sabine Nuss: Männlichen Ökonomen? Ja, entschuldige.
Eva Völpel : So weit kommt es schon, genau. Und gut, man kann sagen, diese Idee einer Bremse
Eva Völpel : ist ja dann zumindest trotzdem breiter diskutiert worden und irgendwas kam dann auch.
Eva Völpel : Es war halt nicht die Bremse, die man sich als wirkliche Preisbremse gewünscht
Eva Völpel : hätte. Aber für die Verbraucherinnen, Privathaushaltebürgerinnen hat es so ein
Eva Völpel : bisschen Entlastung gebracht, aber auch natürlich nicht genügend.
Eva Völpel : Aber bei den Unternehmen hat die Preisbremse halt nicht so gewirkt,
Eva Völpel : wie sie eigentlich sollte.
Eva Völpel : Das heißt, die haben deutlicher die Produktion gedrosselt, als eigentlich sozusagen beabsichtigt war.
Eva Völpel : Da sagt dann der Ökonom Tom Krebs auch, diese schlechte Preisbremse,
Eva Völpel : das ist eben einer von mehreren Gründen, warum die Wirtschaft,
Eva Völpel : anders als in den vorherigen Krisen, wie etwa jetzt nach der großen Finanz-
Eva Völpel : und Wirtschaftskrise ab 2008, 2009,
Eva Völpel : jetzt längst nicht wieder so kräftig angesprungen ist.
Eva Völpel : Also die dümpelt jetzt so ein bisschen vor sich hin und je länger das dauert,
Eva Völpel : desto schwieriger wird es aber auch, weil das dazu führt, dass Unternehmen natürlich
Eva Völpel : irgendwie noch länger Investitionen zurückhalten oder dass irgendwie doch Leute
Eva Völpel : entlassen werden, dass es alles also nicht mehr so richtig in den Tritt kommt.
Eva Völpel : Und ich meine, ich muss es jetzt hier vielleicht doch nochmal einfügen.
Eva Völpel : Ich bin jetzt keine Wachstumsfetischistin.
Eva Völpel : Also es geht jetzt nicht darum, hier zu sagen, Wachstum, Wachstum,
Eva Völpel : das brauchen wir, sondern es geht jetzt erstmal um eine Analyse dessen,
Eva Völpel : was hier passiert ist. Und klar ist, über die Wachstumsfrage müssen wir sowieso
Eva Völpel : noch mal gesondert in der Folge sprechen.
Eva Völpel : Ich glaube, es wird immer sehr schön klar, was das Problem ist,
Eva Völpel : wenn man angesprochen wird, hier willst du jetzt irgendwie Wachstum um jeden Preis?
Eva Völpel : Nein, will ich nicht. Aber das, was man sieht und was dann passiert,
Eva Völpel : wenn es so passiert wie jetzt, das ist natürlich, ich sage mal,
Eva Völpel : degrowth by disaster and not by design.
Sabine Nuss: Also Schrumpfung mehr oder weniger ungeplant und ungesteuert und eruptiv und nicht.
Sabine Nuss: Klug und maßvoll.
Eva Völpel : Nicht klug und maßvoll und vor allen Dingen ist natürlich die Verteilung der
Eva Völpel : Lasten dann immer ganz klar.
Eva Völpel : Es geht immer zu Lasten von Beschäftigten, von den Sozialsystemen und so weiter.
Eva Völpel : Kommen wir nochmal zurück auf die Krisenbearbeitung der Ampel,
Eva Völpel : denn da ist dann nochmal so ein richtiger Einschnitt passiert im Frühjahr 2023
Eva Völpel : und der ist auch wirklich bemerkenswert, denn da schwenkt dann die gesamte Ampel,
Eva Völpel : vor allem auf Betreiben der Liberalen, also der FDP in der Regierung und natürlich
Eva Völpel : vieler marktliberaler ÖkonomInnen auf die Erzählung ein, die Krise ist vorbei.
Eva Völpel : Man kann jetzt die Unterstützungsmaßnahmen beenden, wir brauchen auch kein Konjunkturpaket
Eva Völpel : mehr und das ist ja eine Ansicht, die uns eigentlich bis heute begleitet.
Eva Völpel : Also ich finde das schon wirklich sehr, sehr absurd, wenn man sich die Zahlen
Eva Völpel : anguckt und da gucke ich jetzt erstmal auf auch die Privathaushalte hier in diesem Land.
Eva Völpel : Also ich meine, natürlich ist die Inflation gesunken, aber das heißt ja erstmal
Eva Völpel : nur, die Preise steigen nicht mehr so schnell und rasant an wie zu den Hochzeiten der Inflation.
Sabine Nuss: Die Preise werden nicht mehr so schnell erhöht.
Sabine Nuss: Ich höre ja immer und ich sage das ja auch immer, Preise steigen nicht, Preise werden erhöht.
Eva Völpel : Ja, da hast du völlig recht. Völlig recht.
Sabine Nuss: Das Mantra. Genau.
Eva Völpel : Und es ist ja nach wie vor so, dass Dinge des alltäglichen Lebens,
Eva Völpel : andere Dinge, aber auch Energie, dass die nach wie vor teurer sind als vor der Krise.
Eva Völpel : Und wir haben, was die Einkommensverluste der Menschen angeht,
Eva Völpel : wenn man das jetzt mit dem Vorkrisenniveau vergleicht, also wenn man jetzt guckt,
Eva Völpel : wie waren eigentlich die Entwicklungen der Reallöhne vor der Krise und dann
Eva Völpel : nehme ich jetzt mal diese Doppelkrise,
Eva Völpel : Pandemie und Energiepreiskrise.
Eva Völpel : Dann sagt auch Tom Krebs in diesem Buch, das hat er dann schön irgendwie aufgefächert,
Eva Völpel : dass wenn man dieses Vorkrisenniveau nimmt, lagen die Reallöhne Ende 2023 10
Eva Völpel : Prozent unter diesem Vorkrisenniveau.
Eva Völpel : Und das ist ein Reallohnverlust, der ist so groß wie seit dem Zweiten Weltkrieg
Eva Völpel : nicht mehr. Aber ausgenommen Wiedervereinigung und die heftigen Reallohnverluste,
Eva Völpel : die Menschen aus Ostdeutschland da schlucken mussten.
Eva Völpel : Und wenn man sich das anguckt, dann kann man natürlich sagen,
Eva Völpel : ja, es ist jetzt irgendwie, die Tariflöhne sind jetzt in der jüngeren Zeit so
Eva Völpel : ein bisschen stärker wieder gestiegen.
Eva Völpel : Da ist so ein bisschen was wieder gut gemacht worden, aber natürlich längst nicht alles.
Sabine Nuss: Und auch diese Einmalzahlungen, die es da teilweise gab, dass man so einen Inflationsausgleich
Sabine Nuss: gekriegt hat, das hat das auch nicht aufgenommen.
Eva Völpel : Ne, das hat das überhaupt nicht aufgefangen. Also es ist glasklar,
Eva Völpel : die Krise ist bei vielen im Geldbeutel überhaupt nicht vorbei und sie ist auch
Eva Völpel : bei den Unternehmen mit Blick auf die Energiepreise nicht vorbei.
Eva Völpel : Die sind nicht mehr so hoch wie zu Spitzenzeiten, aber sie sind immer noch höher
Eva Völpel : als vor dem Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine.
Eva Völpel : Und ein Versagen der Ampel, manche werden das vielleicht nicht als Versagen
Eva Völpel : bezeichnen, aber ich denke schon, dass man das sagen kann, das ist eben,
Eva Völpel : dass die Ampel bis heute nicht, ich meine jetzt gibt es ja in der alten Form
Eva Völpel : nicht mehr als Regierung,
Eva Völpel : dass sie keinen Brückenstrompreis oder Transformationsstrompreis eingeführt hat.
Sabine Nuss: Was ist das?
Eva Völpel : Das ist eine Forderung, die auch von den Gewerkschaften schon länger erhoben
Eva Völpel : wird, dass sie nämlich sagen, im Zuge der jetzt viel höheren Energiepreise müssen
Eva Völpel : wir eigentlich was dafür tun, dass Unternehmen hier nicht noch mehr die Produktion
Eva Völpel : drosseln oder verlagern.
Eva Völpel : Wir müssen die Arbeitsplätze erhalten und deswegen müssen wir den Strompreis
Eva Völpel : für die Unternehmen runterdrücken.
Eva Völpel : Und das ist vielleicht keine so ganz unumstrittene Maßnahme,
Eva Völpel : weil es wird sicher auch Stimmen aus der Klimabewegung geben,
Eva Völpel : die sagen, das ist aber kontraproduktiv, wenn wir eigentlich fossile Energie einsparen wollen.
Eva Völpel : Aber ich denke, das Problem ist natürlich, da sind wir wieder bei Design oder bei Desaster,
Eva Völpel : dass man natürlich erstmal einen vernünftigen Umbau und eine Dekarbonisierung
Eva Völpel : der Wirtschaft hinkriegen muss und nicht jetzt einfach sagen muss,
Eva Völpel : naja, dann haben die halt Pech, Energiepreise sind hoch, Produktion wandert
Eva Völpel : halt ab und am Ende zahlen die Zeche halt auch die Beschäftigten.
Eva Völpel : Ich weiß, das ist eine schwierige Debatte, aber ich bin durchaus der Meinung,
Eva Völpel : dass es eigentlich so einen gedeckelten Strompreis, Brückenstrompreis für eine Zeit lang bräuchte.
Sabine Nuss: Ach, deshalb Brücke.
Eva Völpel : Ja, eine Brücke in eine andere Zeit oder auch Transformationsstrompreis wird es genannt.
Eva Völpel : Der sollte natürlich konditioniert sein, also auch an Bedingungen gebunden sein,
Eva Völpel : wie gute Arbeitsbedingungen, Tariflöhne, pipapo und eben auch an Garantien,
Eva Völpel : dass eben nicht die Produktion gedrosselt wird.
Sabine Nuss: Aber was du da jetzt angesprochen hast, dass da die Menschen,
Sabine Nuss: die interessiert sind am Klima, da ein Problem mit haben, das ist ja ein Ausdruck
Sabine Nuss: von einem ganz, ganz grundsätzlichen systemischen Problem.
Sabine Nuss: Also, dass du einerseits Leute hast, die sagen, wie kann ich am besten klimaschonend
Sabine Nuss: konsumieren, dann ist die Antwort gar kein Konsum, ist das Beste, was man machen kann.
Sabine Nuss: Und dann hast du auf der anderen Seite die Leute, ja, wenn wir gar nicht konsumieren,
Sabine Nuss: wie sollen wir dann noch irgendwas verkaufen?
Sabine Nuss: Dann geht die Wirtschaft zugrunde. Das ist so ein systemischer Widerspruch,
Sabine Nuss: der dieser Marktwirtschaft inneliegt, die man dann bei diesen Debatten immer wieder hört.
Eva Völpel : Auf jeden Fall, genau. Und ich glaube, das ist nochmal ein Hinweis darauf,
Eva Völpel : dass wir unbedingt diese Wachstumsfolge mal machen müssen.
Sabine Nuss: Und die alternativen Folgen. Und die alternativen Folgen.
Eva Völpel : Um das auseinanderzudröseln. Also ein Problem der Ampel und bis heute,
Eva Völpel : Es gibt diesen Brückenstrompreis nicht.
Eva Völpel : Ein anderes Problem, da will ich jetzt mal so einen kleinen Einschub noch machen,
Eva Völpel : weil es ist natürlich nicht alles ein Problem der Ampel gewesen und wie sie
Eva Völpel : in der Krise reagiert hat,
Eva Völpel : sondern die Krise bringt halt hervor, dass es auch andere Versäumnisse gab und
Eva Völpel : das ist zum Beispiel der schleppende Ausbau der Stromnetzinfrastruktur,
Eva Völpel : also der Verteil- und Übertragungsnetze, die wir ganz dringend brauchen im Zuge
Eva Völpel : des Umbaus auf erneuerbare Energien, die Wind- und Sonnenenergie in alle Ecken
Eva Völpel : des Landes zu transportieren.
Eva Völpel : Und diese Übertragungsnetze und Leitungen, da gibt es zu wenige von.
Eva Völpel : Und dieser Ausbau, der kommt halt viel zu langsam voran und das bremst natürlich die Energiewende aus.
Eva Völpel : Und dann sieht man natürlich in so einer Krise, wo es eigentlich jetzt wichtig
Eva Völpel : wäre, dass man sehr viel billige Energie aus den Erneuerbaren bereitstellen kann.
Eva Völpel : Dass das ausgebremst wird, wenn eben diese Grundinfrastruktur der Netze nicht
Eva Völpel : in ausreichender Art und Weise vorhanden ist.
Eva Völpel : Das heißt, wir sehen hier versäumte Klimatransformation.
Eva Völpel : Die schlägt mittlerweile auch in der Tat zu Buche, wenn es dann um solche Wirtschaftsfragen geht.
Eva Völpel : Und die Liste kannst du beliebig erweitern. Also es ist mittlerweile auch so,
Eva Völpel : dass in der Forschung gesagt wird, durch die verrottene Infrastruktur,
Eva Völpel : Brücken, die man nicht befahren kann mit LKWs, Straßen, die kaputt sind,
Eva Völpel : die Bahn, die so schlecht funktioniert, auch im Güterverkehr.
Eva Völpel : Auch das ist ein Kostentreiber für die Unternehmen, der jetzt irgendwie nicht
Eva Völpel : mehr nur so unter ferner Liefen eine Rolle spielt.
Eva Völpel : Aber nochmal zurück zur Politik der Ampel in der Energiepreiskrise. Bis zum nächsten Mal.
Eva Völpel : Es war ja nicht nur so, dass nicht nur keine Konjunkturpakete oder weitere Entlastungsmaßnahmen
Eva Völpel : auch für die Bürgerinnen aufgelegt wurden,
Eva Völpel : sondern der Finanzminister, der hat ja dann im Frühjahr-Sommer 2023 die sogenannte
Eva Völpel : finanzpolitische Normalisierung ausgerufen.
Eva Völpel : Also der hat ganz klar gesagt, jetzt läuft ja hier alles wieder ganz normal
Eva Völpel : und jetzt müssen wir auf jeden Fall einen Sparhaushalt verabschieden,
Eva Völpel : damit wir wieder zurückkommen auf den Pfad der Konsolidierung,
Eva Völpel : das heißt der Einsparung und die Schuldenbremse, die ja noch 2022 ausgesetzt
Eva Völpel : war, die muss unbedingt wieder eingehalten werden und damit hat er sich leider durchgesetzt.
Eva Völpel : Und das war natürlich auch nochmal ein Treiber dafür, dass die Konjunktur nicht
Eva Völpel : in Schwung kam, sondern das hat ja durchaus dann auch Effekte,
Eva Völpel : dass es eher abgebremst wird und man hätte eigentlich dringend und ich würde
Eva Völpel : sagen, man braucht es bis heute,
Eva Völpel : man bräuchte ein vernünftiges Konjunkturpaket, was dann vernünftig ist,
Eva Völpel : müsste man hinlänglich ausdiskutieren, wenn es wirklich um eine sozial-ökologische
Eva Völpel : Transformation geht, aber das ist nicht gekommen und das ist ein Riesenproblem.
Sabine Nuss: Und das Verrückte ist, dass Christian Lindner ja relativ alleine damit steht.
Sabine Nuss: Also es gibt ja auch konservative Ökonomen, auch das Arbeitgehernahe Institut
Sabine Nuss: sagt, nein, das ist genau richtig mit dem Verrotten.
Sabine Nuss: Die letzten Jahre sagen die sogar auch und dass das auch dem Kapital schadet
Sabine Nuss: und dass man die Schuldenbremse in irgendeiner Form reformieren muss.
Sabine Nuss: Das sagen mittlerweile alle.
Sabine Nuss: Nur Christian Lindner, der steht damit relativ alleine, habe ich den Eindruck.
Eva Völpel : Steht damit relativ alleine. Ich glaube, es wird aber spannend und problematisch
Eva Völpel : zu sehen, wie die Union das Thema handhaben wird, wenn sie dann vermutlich die
Eva Völpel : Bundestagswahl gewinnt.
Eva Völpel : Aber ich glaube, da kommen wir im zweiten Teil auch nochmal drauf zu sprechen.
Eva Völpel : Also Resümee des Ganzen. Wir haben eine Situation, der ist in den unteren Einkommensschichten
Eva Völpel : bis hin zur Mittelschicht.
Eva Völpel : Weiterhin extrem hohe Kaufkraftverluste gibt, die sind nicht abgetragen worden
Eva Völpel : und wir haben eine Wirtschaft,
Eva Völpel : die wegen der Ampelpolitik spätestens ab dem Frühjahr 2023 auch Steine in den
Eva Völpel : Weg gelegt bekam und das ist eben irgendwie jetzt gerade problematisch,
Eva Völpel : das ist jetzt eben eine fortgesetzte Schwächephase, die es so nicht hätte geben müssen.
Eva Völpel : Und das war jetzt die Ebene der politischen Reaktionen und Versäumnisse.
Eva Völpel : Aber es gibt ja noch eine zweite Ebene und die ist auch sehr, sehr wichtig da drin.
Eva Völpel : Und da gucken wir jetzt etwas genauer auf die globalen wirtschaftlichen und
Eva Völpel : geopolitischen Umbrüche, die die deutsche Wirtschaft und damit vor allem dieses
Eva Völpel : exportorientierte Wachstumsmodell treffen.
Eva Völpel : Vielleicht vorweg auch nochmal so zur Einordnung. Wir hatten das ja auch ein
Eva Völpel : bisschen so die Industrialisierung. Das ist auch manchmal Propaganda,
Eva Völpel : übertriebenes Geschrei.
Eva Völpel : Deswegen will ich hier auch nochmal sagen, wenn wir jetzt über die Krise in
Eva Völpel : diesem exportorientierten Wachstumsmodell gleich ein bisschen genauer sprechen.
Eva Völpel : Da muss man vielleicht schon nochmal sagen, natürlich hat Deutschland weiterhin
Eva Völpel : eine relativ starke industrielle Basis, auch im Vergleich zu anderen Ländern,
Eva Völpel : eine deutlich höhere industrielle Basis und eine Wirtschaft,
Eva Völpel : wo die Industrie sehr diversifiziert ist, wo es sehr viel technologisches Know-how
Eva Völpel : gibt, sehr viel Fertigungstiefe, sehr viel Patentanmeldung ja auch noch immer in vielen Bereichen.
Eva Völpel : Nur, dass man das einmal so ein bisschen kontextualisiert hat.
Eva Völpel : Aber wir sehen eben auch, würde ich sagen, wichtige Stützpfeiler,
Eva Völpel : wie zum Beispiel die Automobilindustrie, die eben ganz wichtig ist in diesem
Eva Völpel : exportorientierten Modell.
Eva Völpel : Die kommt aus verschiedenen Gründen
Eva Völpel : in die Krise und wir sehen auch zum Beispiel ja die Krise beim Stahl,
Eva Völpel : die natürlich auch damit zu tun hat, dass die Energiekosten so hoch sind,
Eva Völpel : aber auch damit, dass eine sehr, sehr teure Transformation der Stahlproduktion ansteht.
Eva Völpel : Das, glaube ich, sollten wir erst mal kurz erläutern, was ist eigentlich ein
Eva Völpel : exportorientiertes Wachstumsmodell.
Eva Völpel : Da habe ich mir mal kurz so drei, wie ich finde, charakteristische Punkte rausgesucht.
Eva Völpel : Also es ist ein Modell, das vor allem auf den Außenhandel setzt und darauf,
Eva Völpel : dass die Produktionskapazitäten einer Wirtschaft vor allem dafür genutzt oder
Eva Völpel : auch ausgeweitet werden, um Güter zu produzieren, die man ins Ausland absetzt, also exportiert.
Eva Völpel : Im Gegensatz dazu stünde dann also vor allem ein Wachstumsmodell,
Eva Völpel : das seine Kapazitäten auf den Binnenmarkt, auf den inländischen Markt hier konzentriert
Eva Völpel : und wo dann der Konsum hierzulande auch eine größere Wichtigkeit hätte.
Eva Völpel : Man kann feststellen, dass das exportorientierte Wachstum in der Industrie beziehungsweise
Eva Völpel : im verarbeitenden Gewerbe,
Eva Völpel : das hat in Deutschland eine lange, lange Tradition und das war nach dem Zweiten
Eva Völpel : Weltkrieg eigentlich durchgängig prägend für diese Wirtschaft und auch für den politischen Kurs,
Eva Völpel : die viele Bundesregierungen eingeschlagen haben, dass sie gesagt haben, das müssen sie fördern.
Sabine Nuss: Das ist doch auch der Hintergrund von diesem berühmten Label Made in Germany,
Sabine Nuss: was so einen hohen Stellenwert hat angeblich weltweit, dass Deutschland unglaublich
Sabine Nuss: viel verkauft von seinen Gütern und die deutsche Ingenieurskunst.
Eva Völpel : Das stimmt, genau. Und man kann natürlich sagen, natürlich hat sich dieses Modell
Eva Völpel : auch über die Jahre und Jahrzehnte verändert.
Eva Völpel : Es gab zum Beispiel eine deutliche Vertiefung im Rahmen der Globalisierung,
Eva Völpel : also eine deutliche Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung.
Eva Völpel : Also das ist jetzt nicht alles immer nur so weiter fortgeschrieben worden,
Eva Völpel : aber die Details, das ist für uns jetzt nicht so interessant hier.
Eva Völpel : Interessant ist vielmehr, es gab immer einen Trend und der ist der Trend,
Eva Völpel : dass die Exportquoten immer weiter angestiegen sind.
Eva Völpel : Also 2022 betrug der Anteil der gesellschaftlichen Produktion,
Eva Völpel : der exportiert wurde, sogar schon mehr als 50 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Sabine Nuss: Okay, dass der Anteil dessen, was in Deutschland produziert wurde,
Sabine Nuss: davon die Hälfte wurde fürs Ausland produziert.
Eva Völpel : Genau.
Sabine Nuss: Habe ich das richtig verstanden?
Eva Völpel : Genau. Das ist ein enorm hoher Wert. Ja, also wir alle kennen ja da so Schlagwörter, die oft fallen.
Eva Völpel : Deutschland ist eine Exportnation oder Exportweltmeister. Wobei letzteres stimmt
Eva Völpel : nicht mehr so ganz, denn mittlerweile steht Deutschland nur noch,
Eva Völpel : dicke Anführungszeichen, an dritter Stelle hinter China und den USA,
Eva Völpel : wenn man auf die Exporte von Waren und Dienstleistungen in Billionen US-Dollar schaut.
Eva Völpel : Aber es schwingt da eben immer mit in diesen tollen Ausrufungen,
Eva Völpel : wir sind Exportweltmeister, dass da angeblich halt unser aller Wohlstand drauf
Eva Völpel : basieren würde. Und da kann man halt ein großes Fragezeichen hinter machen.
Eva Völpel : Das ist einfach schon wieder diese alte Trickle-Down-Behauptung.
Eva Völpel : Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es allen gut.
Eva Völpel : Und das, denke ich, haben wir in den letzten Jahren, Jahrzehnten zur Genüge
Eva Völpel : gesehen. Die Ungleichheit ist extrem angewachsen.
Eva Völpel : Da zeigt sich schon, dass das ein Märchen ist.
Eva Völpel : Aber das exportorientierte Modell hat noch etliche andere Probleme.
Eva Völpel : Und da möchte ich auch noch mal ein paar wenige kurz anreißen.
Eva Völpel : Also ich meine, die Überschrift kann man vielleicht sagen, bei diesem Modell
Eva Völpel : steht die Lebensqualität von uns allen sicher nicht im Zentrum.
Sabine Nuss: Genau, deshalb, Entschuldigung Eva, aber ich muss es nochmal sagen,
Sabine Nuss: meine persönliche kleine Propaganda, die Wirtschaft,
Sabine Nuss: Uns, wir. Ich sag's, du hast es gerade eben schon mal so gesagt,
Sabine Nuss: da muss man immer genau hingucken, wer ist denn jetzt hier eigentlich genau
Sabine Nuss: gemeint mit die Wirtschaft. So, jetzt darfst du wieder.
Eva Völpel : Okay, genau. Denn dieses exportorientierte Modell, das basiert ganz maßgeblich
Eva Völpel : auf einer Abwertung im Inneren.
Eva Völpel : Das ist auch so ein Fachbegriff. Was heißt das?
Eva Völpel : Dieses Modell braucht Preisstabilität und vor allen Dingen auch niedrige Löhne
Eva Völpel : und Sozialabgaben, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu sein.
Eva Völpel : Ich meine, das sind nicht die einzigen Standortbedingungen, aber das ist das,
Eva Völpel : wovon dieses Modell auch ganz maßgeblich lebt.
Sabine Nuss: Also jetzt muss ich mal nachfragen, du meinst die Tatsache,
Sabine Nuss: dass Deutschland weiterhin möglichst viele Produkte, Güter, Dienstleistungen
Sabine Nuss: ins Ausland verkaufen kann,
Sabine Nuss: braucht das auch systemisch, also niedrigere Löhne, also Lohnstückkosten und
Sabine Nuss: stabile Preise und was war das dritte? Nee, das.
Eva Völpel : Und niedrige Sozialabgaben.
Sabine Nuss: Und niedrige Sozialabgaben. Also das braucht es quasi auch perspektivisch,
Sabine Nuss: um weiterhin dieses Modell fahren zu können.
Sabine Nuss: Oder das ist sozusagen genau der Grund, warum das in der Vergangenheit sich
Sabine Nuss: halten konnte, dass Deutschland Export Weltmeister war.
Eva Völpel : Beides. Es ist eine Charakteristik. Also es gibt viele andere Gründe,
Eva Völpel : weshalb Deutschland jetzt im verarbeitenden Gewerbe mit Produkten auch gut dasteht
Eva Völpel : durchaus. Aber es ist natürlich ein maßgebliches Charakteristikum.
Eva Völpel : Das heißt, man kann das nochmal so zusammenfassen, so ein bisschen überspitzt,
Eva Völpel : statt eben ein Modell zu haben, das vor allem auf den Binnenkonsum setzt und
Eva Völpel : dafür ja aber auch hohe oder höhere Löhne bräuchte,
Eva Völpel : damit die Waren auch hier gekauft werden können, arbeiten wir alle,
Eva Völpel : in Anführungszeichen, mit niedrigeren Löhnen dafür, dass wir vor allem Waren exportieren.
Sabine Nuss: Aber wenn jetzt in dem Ranking, was wir in der letzten und vorletzten Folge
Sabine Nuss: hatten, Deutschland verglichen wird mit anderen Ländern, dann heißt es immer,
Sabine Nuss: die Arbeitskosten sind zu hoch.
Eva Völpel : Aber gut, da würde ich jetzt nicht im Detail drauf eingehen,
Eva Völpel : aber da muss man sich auch die Rankings ein bisschen angucken und muss sich
Eva Völpel : auch angucken, stimmt das denn so überhaupt, wie das dargestellt wird.
Eva Völpel : Also steigt da überhaupt massiv was an? Das ist nämlich oft gar nicht so der
Eva Völpel : Fall. Okay, alles Propaganda.
Eva Völpel : Ein zweites zentrales Problem dieses Modells ist, dass es eben die wirtschaftlichen
Eva Völpel : Spaltungen zwischen den Ländern vertieft.
Eva Völpel : Das sieht man auch ganz deutlich in der EU.
Eva Völpel : Denn wenn man in Deutschland ständig mehr Waren produziert, als im Inland konsumiert
Eva Völpel : werden, dann braucht es ja irgendwie Abnehmer für diese Waren.
Eva Völpel : Also irgendwer muss die ja kaufen und die braucht es dann halt im Ausland.
Eva Völpel : Aber andere Nationen, die selber gar nicht so viel exportieren und dauernd,
Eva Völpel : darüber dann gar nicht so viel Einkommen generieren, die haben dann eben gar
Eva Völpel : nicht das Geld, um diese Waren aus Deutschland alle zu kaufen.
Eva Völpel : Das heißt, was wir sehen ist, dass mit dem Exportmodell auch einhergeht,
Eva Völpel : dass die vermögende Klasse hier in Deutschland seit Jahrzehnten gleich auch
Eva Völpel : noch im großen Stil das Kapital mit dazu exportiert, nämlich unter anderem,
Eva Völpel : um Kredite zu vergeben, damit andere Länder sich verschulden können,
Eva Völpel : um dann diese deutschen Waren alle zu kaufen.
Eva Völpel : Und das ist zwar toll für die Kapitalbesitzerinnen, die von den Zinskosten profitieren
Eva Völpel : und natürlich für die Unternehmen, die ihre Waren absetzen, aber es vertieft
Eva Völpel : eben eine wirtschaftliche Kluft innerhalb der EU-Länder,
Eva Völpel : denn es gibt viele Länder,
Eva Völpel : die extrem verschuldet sind oder deutlich verschuldet sind, weil sie unter anderem
Eva Völpel : eben auch so viel aus dem Ausland importieren.
Sabine Nuss: Aber das wird ja auch immer angemahnt, oder? Es heißt doch immer in allen möglichen
Sabine Nuss: Richtungen, global, das geht so nicht weiter, was Deutschland da macht und es schadet und spaltet.
Sabine Nuss: Und ich habe neulich auch gelesen, dass das, was Deutschland jetzt passiert,
Sabine Nuss: geschieht den Deutschen gerade mal recht.
Sabine Nuss: Die haben jahrelang profitiert von diesen Ungleichgewichten und das ist jetzt
Sabine Nuss: nur die gerechte Strafe.
Eva Völpel : Ja, ich meine nur die gerechte Strafe, klar, ich kann den Blick von außen total
Eva Völpel : verstehen, weil genau diese Warnungen sind ja von allen deutschen Bundesregierungen
Eva Völpel : eigentlich immer total ignoriert worden.
Eva Völpel : Also da hat man ja irgendwie nicht viel drauf gegeben.
Eva Völpel : Und gleichzeitig sage ich halt immer
Eva Völpel : so, ja, aber wir haben halt auch eine Klassenspaltung in diesem Land.
Eva Völpel : Also wem geschieht hier was recht? Am Ende sind es halt immer irgendwie Beschäftigte
Eva Völpel : oder Leute in den Sozialsystemen, die dafür dann bezahlen.
Sabine Nuss: Die Lohnabhängigen.
Eva Völpel : Die Lohnabhängigen.
Sabine Nuss: Genau, aber da drin spiegelt sich auch wieder dieser übliche Blick wieder,
Sabine Nuss: eben eine Nation immer als eine gemeinsame Einheit zu betrachten.
Sabine Nuss: Als gäbe es nicht in jeder einzelnen Nation ein Oben und ein Unten. Ja.
Eva Völpel : Ja und noch ein drittes Problem, das kann man beobachten, dass das mit diesem
Eva Völpel : Modell einhergeht und zwar seit etlichen Jahren und das ist,
Eva Völpel : dass sowohl die öffentlichen Investitionen wegen einer rigiden Ausgabenpolitik
Eva Völpel : und der Schuldenbremse seit Jahren zu niedrig sind, aber eben auch die privaten
Eva Völpel : Investitionen, weil Unternehmen,
Eva Völpel : UnternehmenseignerInnen lieber Kapital eben exportieren, ob jetzt für Kreditvergaben,
Eva Völpel : aber natürlich auch für Investitionen in ausländische Beteiligungen,
Eva Völpel : in ausländische Standorte und so weiter.
Eva Völpel : Das bringt dann oft mehr Profit und ist damit lukrativer.
Eva Völpel : Das sind jetzt mal so drei Grundprobleme gewesen, die mit dem Modell an sich einhergehen.
Eva Völpel : Und da möchte ich auch nochmal ganz doll einen Text empfehlen,
Eva Völpel : nämlich von meinem Kollegen Thomas Sablowski, Krise mit Folgen,
Eva Völpel : der da eine Kritik des Exportfetischismus aufschreibt.
Eva Völpel : Und da habe ich mich einfach auch ein bisschen dran orientiert.
Eva Völpel : Das verlinken wir auch nochmal in den Shownotes.
Eva Völpel : Und jetzt kommen wir aber zu den aktuellen Entwicklungen.
Eva Völpel : Dieses exportorientierte Wachstumsmodell, das ist halt eh schon problematisch,
Eva Völpel : aber aus vielen anderen Gründen kommt es jetzt hier dazu, dass sozusagen die
Eva Völpel : Verwundbarkeit, nenne ich es jetzt mal, dieses Modells wächst.
Eva Völpel : Zum einen muss man sich klar machen, das ist ein Modell, was sowieso immer sehr
Eva Völpel : stark von externen Krisen abhängt.
Eva Völpel : Also wenn jetzt eine große Krise ist, Pandemie, die ganzen Lieferketten brechen
Eva Völpel : zusammen, da konnte man beobachten, dass vor allem die deutsche Wirtschaft sehr
Eva Völpel : stark im Wachstum getroffen wird, weil die Exporte natürlich auch eingebrochen sind.
Eva Völpel : Aber wir sehen ja jetzt vor allen Dingen auch die wachsenden geopolitischen
Eva Völpel : Konkurrenzen und Konflikte.
Eva Völpel : Und da hatten wir es ja auch schon so ein bisschen davon. Deutschland hat nicht
Eva Völpel : mehr den Zugriff auf das billige fossile Gas und Öl.
Eva Völpel : Das heißt, da merkt man schon, die Abhängigkeiten von Energielieferungen spielen
Eva Völpel : auch eine Rolle für dieses Exportmodell.
Eva Völpel : Und neu, oder was heißt neu, aber es nehmen ja jetzt auch die Spannungen zu,
Eva Völpel : jetzt mit Blick zum Beispiel auf den Konflikt USA-China oder auch die EU und China.
Eva Völpel : Da haben wir ja in den letzten beiden Doppelfolgen 9 und 10 zur internationalen
Eva Völpel : Wettbewerbsfähigkeit auch ausführlich darüber gesprochen und darauf geguckt.
Eva Völpel : Wie eben diese Konkurrenzen und Konflikte mit China sich immer weiter zuspitzen.
Eva Völpel : Das heißt, die deutsche Wirtschaft gerät einfach stärker in diese Konfrontation und das hat Folgen.
Eva Völpel : Man ist einerseits jetzt viel abhängiger auch von so Entwicklungen wie Zöllen
Eva Völpel : und sozusagen damit vom Goodwill der Handelspartner.
Eva Völpel : Das heißt, Zölle machen ja Produkte, die man in ein anderes Land exportieren
Eva Völpel : will, deutlich teurer, je nachdem wie hoch die Zölle sind und damit kann man
Eva Völpel : sie natürlich auf den ausländischen Märkten nicht mehr so gut verkaufen.
Eva Völpel : Das ist zum einen ein Problem und das andere ist natürlich auch ein sehr interessantes Problem,
Eva Völpel : dass Deutschland quasi so ein bisschen, ich sag mal, abgehängt wird mit Blick
Eva Völpel : auf die deutlich staatsinterventionistischeren Politiken, die schon lange in
Eva Völpel : China, aber jetzt auch in den USA gefahren werden. Was bedeutet das?
Eva Völpel : Also ich meine, in China haben wir ja lange in der letzten Doppelfolge darüber gesprochen.
Eva Völpel : Da wird sehr gezielt und geplant die Wirtschaft aufgebaut im Bereich grüne Technologien.
Eva Völpel : Batteriezellproduktion, Photovoltaik, E-Automobilität.
Eva Völpel : Und da haben wir auch drüber gesprochen und gesehen, dass China da zum Teil
Eva Völpel : wirklich schon Marktführer ist und global solche Produkte exportiert.
Sabine Nuss: In ganz vielen Bereichen. In ganz vielen Bereichen. Genau, was ja eigentlich toll ist.
Sabine Nuss: Also für den Wandel hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaftsweise ist das
Sabine Nuss: doch die beste Voraussetzung.
Eva Völpel : Genau und da galoppiert China sozusagen auf wichtigen Feldern davon und das
Eva Völpel : greift ja auch mehr und mehr, das hatte deine Interviewpartnerin ja auch gesagt,
Eva Völpel : das greift auch mehr und mehr in diesem Bereich Anlagen- und Maschinenbau ein.
Eva Völpel : Oder auch da wird China mittlerweile zu einem sehr ernstzunehmenden,
Eva Völpel : ich sage mal dieses blöde Wort, globalen Konkurrenten.
Eva Völpel : Und da kann man sich auch Umfragen ansehen. Da geht im Verband der deutschen
Eva Völpel : Maschinenbauer und Anlagenbauer auch wirklich so ein bisschen die Angst um.
Eva Völpel : Die merken, da schwimmen ihnen irgendwie die Fälle davon.
Eva Völpel : Und wenn man jetzt auf die USA guckt, da ist aber auch sehr interessant,
Eva Völpel : dass quasi in einem der sehr kapitalistischen Länder dieser Welt unter Joe Biden
Eva Völpel : da ein ziemlicher Turn hingelegt wurde.
Eva Völpel : Denn der hat riesige Investitionspakete geschnürt oder die Demokraten in ihrer Regierungszeit,
Eva Völpel : um ganz gezielt die Industrie, also die Wirtschaft zu dekarbonisieren,
Eva Völpel : umzubauen, weg von den fossilen Energien und auch um insgesamt strategisch wichtige
Eva Völpel : Zukunftsindustrien aus jedweden
Eva Völpel : Bereichen zu fördern, also die man als strategisch wichtig erachtet.
Eva Völpel : Und da gab es eben mehrere Konjunktur- bzw. Transformationspakete in Höhe von
Eva Völpel : insgesamt rund 2 Billionen US-Dollar.
Eva Völpel : Das ist eine irre Summe, unter anderem den hier auch viel zitierten Inflation
Eva Völpel : Reduction Act vom August 2022, wo die USA ganz klar sagen,
Eva Völpel : wir gehen jetzt hier strategisch in bestimmte Bereiche und stoßen von der staatlichen
Eva Völpel : Seite aus den Umbau der Wirtschaft an und wir koppeln es auch damit,
Eva Völpel : dass gute Arbeitsbedingungen geschaffen werden sollen.
Eva Völpel : Ob das dann immer in allen Bereichen so gut klappt, keine Ahnung.
Eva Völpel : Die Reformpakete sind auch so ein bisschen zurechtgestutzt worden durch die
Eva Völpel : Republikaner, aber da hat sich einfach wirklich ein Turn ereignet,
Eva Völpel : ja, also dass man da deutlich mehr auf diesen Staatsinterventionismus setzt.
Eva Völpel : Muss man jetzt gucken, wie das unter Trump aktuell natürlich auch zurückgedreht
Eva Völpel : wird, aber für die deutsche Exportindustrie ist das ein Problem.
Eva Völpel : Das aber nicht dadurch bearbeitet wird, dass man jetzt auch hier vielleicht
Eva Völpel : umschwenkt und sagt, wir brauchen eine staatlich gesteuerte oder angeregte Industriepolitik,
Eva Völpel : sondern es ist ja vor allen Dingen eher doch ein Lamentieren darüber,
Eva Völpel : dass man so unfair ist und in den USA solche Pakete auf den Weg bringt.
Eva Völpel : Und man diskutiert hier über so ein paar strategisch wichtige Industrien,
Eva Völpel : die man hier ansiedeln will.
Eva Völpel : Die Chip-Industrie, das geht
Eva Völpel : ja dann auch nicht immer gut, wie wir dann irgendwie mitverfolgen können.
Eva Völpel : Aber man ringt sich nicht dazu durch, dass man hier eine strategisch geplantere
Eva Völpel : Industriepolitik irgendwie anstrengen will.
Eva Völpel : Oder ganz zu schweigen, dass man die Dekarbonisierung der Wirtschaft jetzt wirklich
Eva Völpel : mal anders vorantreibt.
Eva Völpel : Und von daher muss man wirklich festhalten, ich würde sagen,
Eva Völpel : dieses exportorientierte Wachstumsmodell, das erlebt deutliche Schleifspuren.
Eva Völpel : Das kriegt stärkere Probleme.
Eva Völpel : Und deswegen glaube ich, dass es einerseits natürlich jetzt in den aktuellen
Eva Völpel : Konflikten, zum Beispiel in der Automobilindustrie, total wichtig ist,
Eva Völpel : an der Seite der Beschäftigten zu stehen.
Eva Völpel : So schwer das bisweilen vielleicht auch fällt, gerade Leuten aus der Klimabewegung,
Eva Völpel : weil wir reden natürlich über eine Industrie, die jetzt quasi erstmal dafür
Eva Völpel : kämpft, Arbeitsplätze in der Industrie zu erhalten, wo es vor allen Dingen immer
Eva Völpel : noch um die Verbrennerproduktion geht.
Sabine Nuss: Und vor allen Dingen um den Individualverkehr.
Eva Völpel : Ja, genau. Aber ich glaube, es führt keinen Weg daran vorbei,
Eva Völpel : solidarisch an der Seite der Belegschaften zu stehen.
Eva Völpel : Und ich habe da oft drüber nachgedacht und glaube, es müsste eigentlich jetzt
Eva Völpel : die Chance genutzt werden, ähnlich wie bei diesem Projekt von Wir fahren zusammen,
Eva Völpel : wo die Klimabewegung zusammen mit den Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr
Eva Völpel : gestreikt hat oder sich solidarisch erklärt hat.
Eva Völpel : Müsste es jetzt auch hier darum gehen, natürlich durchaus schwierigere Allianzen
Eva Völpel : zu schmieden mit den Belegschaften in der Automobilindustrie,
Eva Völpel : weil ich glaube, was der einzige Ausweg,
Eva Völpel : um sozusagen diese Krise tatsächlich anders zu bearbeiten, als uns jetzt die
Eva Völpel : herrschenden Vorschläge irgendwie weismachen wollen, ist tatsächlich zu sagen,
Eva Völpel : wir müssen an diesen Umbau der Automobilproduktion ran, in einer demokratisch
Eva Völpel : geplanten Art und Weise,
Eva Völpel : wo die Beschäftigten und nicht nur die auch maßgeblich mitzureden haben und
Eva Völpel : wo es darum gehen muss, natürlich diese Frage des Umbaus in der Automobilindustrie
Eva Völpel : ganz zentral zu verknüpfen mit einem Gesamtumbau des Mobilitätssektors.
Sabine Nuss: Da möchte ich ganz kurz hinweisen auf einen Artikel, der gerade jetzt am Wochenende
Sabine Nuss: erschienen ist in ND die Woche und zwar von Stefan Krull,
Sabine Nuss: der früher mal Lackierer war bei VW in Wolfsburg und der hat das wirklich genau
Sabine Nuss: so, wie du es jetzt gerade gesagt hast, auch auf den Punkt gebracht.
Sabine Nuss: Er sagt also, es braucht dringend eine strategische Industriepolitik,
Sabine Nuss: ein sozial-ökologisches Umbauprogramm und zwar, und das ist das Wichtige,
Sabine Nuss: was ich finde, worauf er da den
Sabine Nuss: Punkt gelegt hat, auf Basis einer bedarfsorientierten Investitionsplanung,
Sabine Nuss: Also nach dem Bedarf der Menschen und nicht nach dem Profit der Unternehmenseigner.
Sabine Nuss: Und dann hat er noch darauf hingewiesen, dass Folgendes dazugehört.
Sabine Nuss: Nämlich, er hat am 2. Dezember war in Wolfsburg so eine Warnstreik-Demo und
Sabine Nuss: da hing ein Transparent.
Sabine Nuss: Da stand drauf, lieber Vorstand statt Krise und mit Gier, wenn ihr nicht könnt, übernehmen wir.
Eva Völpel : Genau, das ist sehr schön auf den Punkt gebracht und ich finde allein schon
Eva Völpel : die Tatsache, was aus VW noch rausgezogen worden ist und an die Aktionäre ausgeschüttet worden ist,
Eva Völpel : die reicht bei mir immer schon aus, um zu sagen, das kann man nicht irgendwie
Eva Völpel : einfach so hinnehmen, denn das sind ja irre Zahlen.
Eva Völpel : VW hat zwischen 2021 und 2023 noch etwa 22 Milliarden Euro an seine Aktionäre
Eva Völpel : ausgeschüttet und allein für das vergangenen Geschäftsjahr waren es noch 4,5 Milliarden Euro,
Eva Völpel : die sind im Sommer ausgeschüttet worden und im Herbst erreichten uns dann die Krisennachrichten.
Eva Völpel : Also ich meine, das ist so absurd, das war ja lange Meter vorher klar, was sich da abzeichnet.
Sabine Nuss: Er meint auch, um das noch kurz zu ergänzen, was Stefan Krölder übrigens nicht
Sabine Nuss: nur Lackierer war bei VW, sondern auch einige Jahre Mitglied im Betriebsrat dort.
Sabine Nuss: Und er sagt eben auch, alles zusammengedacht, was er da vorschlägt,
Sabine Nuss: die Mitbestimmung unter Bedingungen sozial-ökologischen Umbaus,
Sabine Nuss: wäre dann eine Abkopplung vom Wachstumszwang und ein Ausstieg aus der globalen Konkurrenz.
Sabine Nuss: Also er sieht es eben auch als eins der wichtigen Probleme, dass wir aus der
Sabine Nuss: globalen Konkurrenz raus müssen und aus dem Wachstumszwang.
Eva Völpel : Ja und da fällt mir wiederum jetzt auch noch ein anderer Podcast ein,
Eva Völpel : den ich ganz wärmstens auch nochmal vor allen Dingen jetzt auch zu der VW-Krise
Eva Völpel : empfehlen möchte, nämlich von Hans-Jürgen Urban.
Eva Völpel : Der war in dem Podcast Was tun und ist da interviewt worden und genau an dem
Eva Völpel : Punkt hat er ja auch gesagt,
Eva Völpel : ja wir müssten eigentlich darüber reden, dass wir im globalen Maßstab die Automobilindustrie
Eva Völpel : schrumpfen und uns darauf sozusagen verständigen, wie viel hier überhaupt noch
Eva Völpel : produziert werden darf.
Eva Völpel : Also so viel zu der Frage, dass man eigentlich aus dieser Konkurrenz rauskommen muss.
Sabine Nuss: Super, sehr gut.
Eva Völpel : Also das verlinken wir auch nochmal. Ich hoffe, es ist jetzt so ein bisschen
Eva Völpel : klarer geworden, wo all die Probleme dieses exportorientierten Modells liegen.
Eva Völpel : Und ich glaube, dass wir eben neben solchen Interventionen in solche Krisen,
Eva Völpel : wie jetzt aktuell bei VW, dass wir wirklich ganz dringend darüber reden müssen,
Eva Völpel : in was für einer Gesellschaft wollen wir eigentlich leben.
Eva Völpel : Und ich würde sagen, es muss auf jeden Fall eine Wirtschaftsweise dann auch
Eva Völpel : sein, die sich vielmehr am Binnenmarkt
Eva Völpel : orientiert und produziert für den Binnenmarkt und für uns alle hier.
Eva Völpel : Und das natürlich unter der Maßgabe, dass wir hier wirklich einen Umbau hinbekommen,
Eva Völpel : hin zu einer grünen Produktions- und Lebensweise und zwar bei Design und not by Disaster.
Eva Völpel : Und dass es da tatsächlich darum geht, die Frage der Bedürfnisse der vielen
Eva Völpel : in diesem Land ins Zentrum zu rücken.
Eva Völpel : Ja und damit kommen wir nochmal ganz zum Anfang zurück. Stichwort rechte Wirtschaftswende.
Eva Völpel : Ich hoffe, dass jetzt so ein bisschen der Blick auf die Ursachen dieser Krise
Eva Völpel : und die Schwierigkeiten des Exportmodells ein Stück weit gezeigt haben,
Eva Völpel : womit wir es zu tun haben und damit auch klar wird, die Antworten,
Eva Völpel : die wir ja gerade aus der Politik bekommen,
Eva Völpel : die sind überhaupt nicht dazu gemacht, dass hier irgendwas besser laufen wird.
Eva Völpel : Ganz im Gegenteil, das wird uns weiter in die Probleme stürzen.
Sabine Nuss: Genau und mit uns ist jetzt vor allen Dingen erstmal die, die am unteren Ende
Sabine Nuss: der Nahrungskette stehen gemeint, sehr viele und wir haben jetzt,
Sabine Nuss: danke Eva für diese wirklich für mich auch total spannende Analyse nochmal,
Sabine Nuss: wir wollen ja aber nicht nur bei der Analyse stehen bleiben,
Sabine Nuss: wir hatten ja auch schon angekündigt,
Sabine Nuss: es gibt durchaus andere Antworten und eine der möglichen anderen Antworten hat
Sabine Nuss: die Ökonomin Isabella Weber gegeben, indem sie eben kurz nach der Trump-Wahl ausgerufen hat,
Sabine Nuss: es braucht jetzt eine antifaschistische Wirtschaftspolitik.
Sabine Nuss: Eva, wer ist Isabella Weber und was genau meint sie mit antifaschistischer Wirtschaftspolitik?
Eva Völpel : Ja, Isabella Weber ist eine deutsche Ökonomin. Sie lehrt in den USA,
Eva Völpel : ist dort mittlerweile Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Universität
Eva Völpel : von Massachusetts in Amherst.
Eva Völpel : Und sie erforscht eigentlich schon seit längerem das Inflationsgeschehen.
Eva Völpel : Und auf ihr Team gehen auch ganz wichtige Forschungen zurück,
Eva Völpel : was jetzt die aktuelle Inflationsentwicklung anging.
Eva Völpel : Sie hat nämlich sehr früh darauf hingewiesen,
Eva Völpel : dass diese Inflation eine bekäufergetriebene Inflation auch ist.
Eva Völpel : Das heißt, sie hat beschrieben, durch diesen Energiepreisschock haben sich dann
Eva Völpel : auch Waren in anderen Bereichen verteuert.
Eva Völpel : Das hat also durchgeschlagen auf ganz viele Sektoren, aber sie hat vor allen
Eva Völpel : Dingen herausgearbeitet, dass auch viele Unternehmen dann die Preise erhöht
Eva Völpel : haben, obwohl sie gar keine höheren Kosten hatten.
Eva Völpel : Und sie beschreibt dann so ein bisschen die Mechanismen, über die das funktioniert
Eva Völpel : und hat den Finger in die Wunde gelegt. Und dieses Inflationsgeschehen ist eben,
Eva Völpel : sie nennt es Verkäuferinflation, man kann auch sagen Gewinn getrieben an vielen Stellen gewesen.
Eva Völpel : Und sagt natürlich ganz klar, deswegen auch, die Inflation ist eine Umverteilung von unten nach oben.
Eva Völpel : Und eine ihrer ganz wichtigen Schlussfolgerungen aus dieser ja plötzlich eingetretenen,
Eva Völpel : schockartigen Energiepreiskrise ist eben, dass sie sagt, wir brauchen auch angesichts
Eva Völpel : weiterer Krisen, die da kommen,
Eva Völpel : sei es jetzt geopolitisch oder wegen der Zuspitzung der Klimakrise,
Eva Völpel : wir brauchen eine sogenannte Emergency Economics.
Eva Völpel : Also man könnte es übersetzen mit, wir brauchen einen wirtschaftspolitischen Katastrophenschutz.
Eva Völpel : Und da sagt sie, ganz zentral darin ist eben, dass wir beim nächsten Mal besser vorbereitet sind,
Eva Völpel : um wieder so Inflationsspitzen abzufangen, die sich von so ganz grundlegenden
Eva Völpel : Bereichen wie der Energie oder dem Transportsektor dann eben sehr schnell ausbreiten
Eva Völpel : in alle anderen Bereiche.
Eva Völpel : Und deswegen wirbt sie unter anderem für strategisch eingesetzte Preiskontrollen
Eva Völpel : oder auch Preisdeckel oder auch für das Anlegen von großen Vorräten.
Eva Völpel : Also Vorräte für Energie, Ölspeicher, aber auch für Nahrungsmittelspeicher.
Eva Völpel : Und sie sagt aber ganz klar, das ist jetzt kein Allheilmittel,
Eva Völpel : das sind Notfallmaßnahmen, um Zeit zu gewinnen für eine weitergehende Krisenbekämpfung.
Eva Völpel : Und all diese Arbeit, die sie da schon geleistet hat, das hat sie auch dazu
Eva Völpel : bewogen, nach der Trump-Wahl diese Forderung aufzustellen, wir brauchen eine
Eva Völpel : antifaschistische Wirtschaftspolitik, vor allem jetzt für Deutschland angesichts
Eva Völpel : der Wahlerfolge der AfD.
Eva Völpel : Denn sie hat sehr genau gesehen und direkt kommentiert nach den Wahlen und ich
Eva Völpel : glaube auch schon vorher sicherlich, dass das Inflationsgeschehen in den USA
Eva Völpel : sehr, sehr wahlentscheidend war.
Eva Völpel : Also, dass man schon so ungefähr ein Jahr vorher sehen konnte,
Eva Völpel : dass das zentrale Thema, was die Leute umtreibt, die Inflation ist und das wenigere
Eva Völpel : Geld, das man eben zur Verfügung hat.
Eva Völpel : Und sie kritisiert dann auch ein Stück weit die Demokraten, die das nicht gesehen
Eva Völpel : haben, sondern die vor allen Dingen auf diese makroökonomische Erzählung so viel gesetzt haben.
Eva Völpel : Also Mensch, die Arbeitslosigkeit geht doch leicht zurück und das Wirtschaftswachstum
Eva Völpel : springt wieder ein bisschen an und so weiter.
Eva Völpel : Und sie sagt halt, das reicht halt nicht, weil das kommt halt bei den Leuten so nicht an.
Eva Völpel : Was bei den Leuten ankommt, ist ihre gestiegene Armut. Das sind Lebensmitteltafeln,
Eva Völpel : die kaum noch hinterherkommen.
Eva Völpel : Das ist die Ernährungsarmut, die angestiegen ist. Das ist die Obdachlosigkeit,
Eva Völpel : die angestiegen ist. Und deswegen sagt sie...
Eva Völpel : Das sind Situationen, in denen immer die Rechte gewinnt und wenn wir dem was
Eva Völpel : entgegensetzen wollen, dann brauchen wir eine antifaschistische Wirtschaftspolitik,
Eva Völpel : die die wirtschaftlichen Sorgen und Bedürfnisse der vielen ins Zentrum stellt
Eva Völpel : und sich um deren Lage kümmert.
Eva Völpel : Und für Deutschland hat sie da zum Beispiel eine Mietendeckel ins Spiel gebracht.
Eva Völpel : Das ist ja übrigens auch eine Forderung, die die Partei Die Linke als einzige
Eva Völpel : in diesem Wahlkampf sehr zentral fordert und das finde ich auch absolut richtig und wichtig.
Eva Völpel : Aber da kommen wir sicher nochmal auch drauf zu sprechen, was kann das alles sein?
Eva Völpel : Ich würde dich gerne erstmal fragen, Sabine, was hältst du eigentlich von diesem
Eva Völpel : Label antifaschistische Wirtschaftspolitik?
Sabine Nuss: Also erstmal wollte ich nochmal ganz kurz erwähnen, was ich in Erinnerung habe, ist,
Sabine Nuss: dass Isabella sich auch darauf bezieht, dass in den Staaten bei einer Umfrage
Sabine Nuss: Leute, die gefragt worden sind, wie sehr sind sie betroffen von der Inflation?
Sabine Nuss: Und von denen, die alle gesagt haben, sehr betroffen, haben 70 Prozent Trump gewählt.
Sabine Nuss: Und das ist, das hatten wir vorhin ja auch schon erwähnt, jetzt gibt es ja nochmal
Sabine Nuss: noch eine aktuellere Studie, die diesen Zusammenhang so klar macht.
Sabine Nuss: Und es gibt diesen Zusammenhang tatsächlich, aber was, finde ich,
Sabine Nuss: nicht beantwortet wird, ist, warum diese Menschen dann rechts wählen und nicht links.
Sabine Nuss: Weil es ist eigentlich ein bisschen absurd, weil eigentlich sind die Linken
Sabine Nuss: diejenigen, die soziale Sicherheit versprechen und anbieten.
Sabine Nuss: Denn weltweit, würde ich jetzt sagen, steht die Linke am ehesten noch nach soziale
Sabine Nuss: Gleichheit und so weiter und so fort, soziale Sicherheit.
Sabine Nuss: Trotzdem wählen die Leute rechts
Sabine Nuss: und nicht links. Und das ist darin nicht beantwortet, warum das so ist.
Sabine Nuss: Das ist aber jetzt keine Kritik an dem Label antifaschistische Wirtschaftspolitik,
Sabine Nuss: sondern da ist nur die zugrunde liegende Analyse ist mir da noch zu kurz gegriffen,
Sabine Nuss: weil sie genau die Frage nicht beantwortet, warum dann eher rechts und nicht links gewählt wird.
Sabine Nuss: Ansonsten finde ich das eigentlich natürlich einen guten Move zu sagen,
Sabine Nuss: hey Leute, aufgrund dieses Zusammenhangs, also ich finde, es gibt auch genügend
Sabine Nuss: andere Gründe, warum man für soziale Gleichheit und soziale Sicherheit für alle eintreten sollte.
Sabine Nuss: Aber wenn das tatsächlich dann so ist, wie es ist, ist es natürlich umso wichtiger
Sabine Nuss: und damit vielleicht nochmal ein Appell an alle, die irgendwas zu sagen haben,
Sabine Nuss: eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die eben nicht die Leute dazu bringt, rechts zu wählen.
Sabine Nuss: Insofern finde ich das eigentlich kein schlechtes Label.
Sabine Nuss: Nur muss man eben, wie gesagt, nochmal kurz sich die Analyse angucken und wenn
Sabine Nuss: ich dazu gleich was sagen kann, ich vermute mal, das hängt damit zusammen,
Sabine Nuss: dass das rechte Gedankengut sehr nahe legt, im Rahmen von Nationalismus zu denken.
Sabine Nuss: Also andersrum. Die Bundesregierung und der herrschende Diskurs,
Sabine Nuss: das ist ja das, was wir hier rauf und runter kritisieren, der spricht ja immer
Sabine Nuss: von wir und unsere Wirtschaft.
Sabine Nuss: Also wenn ich mich erinnere, die deutsche Wirtschaft ist in Gefahr,
Sabine Nuss: dieses große Transparent da am Hauptbahnhof, das ist ja ein mega krasser alarmistischer
Sabine Nuss: Appell an die deutsche Wirtschaft. Und da geht ja das oben und unten,
Sabine Nuss: wird ja komplett ausgeblendet.
Sabine Nuss: Und in diesem nationalen Wir, das ist so vertraut und das ist uns so eingegeben,
Sabine Nuss: dass wir im nationalen Wir denken, dass das rechte Gedankengut,
Sabine Nuss: was es dann nur noch zuspitzt und nur noch sagt, wenn wir in die Macht kommen,
Sabine Nuss: gucken wir, dass es uns und wir und Deutschland wirklich gut geht.
Sabine Nuss: Die machen dann nochmal diesen Sprung, dass die anderen draußen bleiben,
Sabine Nuss: wobei die mittlerweile ja sogar auch einschränken und sagen,
Sabine Nuss: nee, nee, die, die fleißig sind, die dürfen hier schon bleiben und die hier arbeiten.
Sabine Nuss: Aber ich glaube, das ist einer der Gründe, warum die Leute eher rechts als links
Sabine Nuss: wählen, weil sie an ein vertrautes, tiefsitzendes, nationalistisches Bewusstsein appellieren.
Sabine Nuss: Und das würde für mich bedeuten, dass dann eine wirkliche antifaschistische
Sabine Nuss: Wirtschaftspolitik nicht national sein darf und nicht wir und unsere Wirtschaft denken darf,
Sabine Nuss: sondern dass die dann voranschreiten müsste mit globalen Kooperationen und mit
Sabine Nuss: einem globalen Bewusstsein.
Sabine Nuss: Ich will jetzt nicht sagen die internationalistische, was es ja in der Geschichte
Sabine Nuss: schon mal gab, aber in die Richtung müsste es schon gehen.
Sabine Nuss: Und um ein Beispiel zu nennen, es muss nicht nur sein, dass die Arbeiterinnen
Sabine Nuss: und die Lohnarbeitenden sich international da vernetzen, sondern sich endlich
Sabine Nuss: mal als jenseits von ihren jeweiligen nationalen Regierungen als was Gemeinsames
Sabine Nuss: unten gegen oben, um es mal so platt zu sagen, verstehen.
Sabine Nuss: Es ist ja auch schon von oben möglich und es wird ja auch schon gemacht.
Sabine Nuss: Jetzt hat ja bei der G20, bei dem G20-Treffen neulich wurde ja tatsächlich gesagt,
Sabine Nuss: wir müssen gemeinsam versuchen, die Vermögenssteuer global einzutreiben,
Sabine Nuss: wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
Sabine Nuss: Also es würde sogar von oben gehen, dass man diese ganzen internationalen Treffen,
Sabine Nuss: die es immer gibt, angefangen von den Klimakonferenzen bis hin zu allen möglichen
Sabine Nuss: G-D-D-D-Treffen von links, bei
Sabine Nuss: manchen jetzt zum Beispiel im Europäischen Parlament sind ja auch Linke,
Sabine Nuss: dass man auch von links den Nationalismus, den Wirtschaftsnationalismus in Frage
Sabine Nuss: stellt und sagt, wir brauchen Mindeststandards, Sozialstandards,
Sabine Nuss: Umweltstandards und zwar global.
Sabine Nuss: Wenn es jetzt erstmal nicht global geht, wesenseuropaweit, das gibt es ja auch
Sabine Nuss: schon teilweise in Ansätzen.
Sabine Nuss: Aber das wäre für mich ein ganz zentraler Bestandteil einer antifaschistischen Wirtschaftspolitik.
Eva Völpel : Verstehe ich total den Punkt. Du hast ja da auch im ND mit Michael Heinrich
Eva Völpel : zusammen einen Text geschrieben und ich glaube klar, man muss sich deutlich
Eva Völpel : machen, dass wenn das nicht internationalistisch gedacht wird,
Eva Völpel : dass es dann immer an Grenzen gerät.
Eva Völpel : Und trotzdem haben wir jetzt ja die Situation hier, dass wir jetzt erstmal auf
Eva Völpel : diesen Wahlkampf gucken und uns fragen, was kann uns da dieses Konzept bringen
Eva Völpel : und ich finde an dem Konzept eigentlich charmant.
Eva Völpel : Also ich verstehe, wenn Leute sagen, hä, wie antifaschistische Wirtschaftspolitik,
Eva Völpel : warum soll das jetzt antifaschistisch sein, Mietendeckel und so.
Eva Völpel : Ich glaube aber, dass es so ein bisschen vor allem seine Wirkung entfalten soll
Eva Völpel : in der Richtung von dem Publikum,
Eva Völpel : Was sich auch vielleicht über so ein linksliberales Spektrum hinaus Sorgen macht
Eva Völpel : über das Erstarken der AfD.
Eva Völpel : Und wenn man da diese Verbindung hergestellt bekommt, den Leuten nochmal klarer
Eva Völpel : zu machen, dass Leute rechts wählen, hat nicht nur, das ist völlig klar,
Eva Völpel : es hat nicht nur mit irgendwie sozialem Abstieg oder Abstiegsängsten zu tun,
Eva Völpel : das will ich hier damit gar nicht sagen, da gibt es viele andere Gründe.
Eva Völpel : Es gibt ein verfestigtes rassistisches Weltbild und so weiter.
Eva Völpel : Aber wir sehen diese Tendenz und wenn mehr Leute dafür sensibilisiert werden,
Eva Völpel : dass sie verstehen, okay, diese Schuldenbremse und diese schlechte Investitionspolitik
Eva Völpel : und das hier alles verrottet und dass die Leute irgendwie nicht mehr genug Geld in der Tasche haben,
Eva Völpel : das ist ein Treiber und ein Nährboden für einen Erstarken der extremen Rechten und des Faschismus.
Eva Völpel : Und das finde ich, ist eigentlich in diesem Label gut gefasst.
Eva Völpel : Das kann es zumindest vielleicht in der Debatte anregen und deswegen fände ich
Eva Völpel : das auch total wichtig, dass diese Debatte von uns durchaus irgendwie weitergeführt und gepusht wird.
Sabine Nuss: Also ja, dass man überhaupt diese Debatte führt, finde ich auch gut,
Sabine Nuss: weil darin ja dann auch thematisiert wird, wie dieser Zusammenhang ist zwischen
Sabine Nuss: Abstiegsängsten und dann die Hinwendung zu rechts.
Sabine Nuss: Nur auch eine marktliberale Politik könnte sich hinter antifaschistische Wirtschaftspolitik
Sabine Nuss: stellen, indem sie sagt,
Sabine Nuss: wir brauchen Arbeitskräfte hier fürs Wachstum im Inland und zwar aus dem Ausland
Sabine Nuss: und wir brauchen hier einfach eine geregelte Arbeitsmigration,
Sabine Nuss: was ja auch gefordert wird.
Sabine Nuss: Und das könnte man ja auch verstehen.
Sabine Nuss: Wir sind überhaupt nicht ausländerfeindlich. Wir brauchen Wachstum und wir brauchen Wirtschaft.
Sabine Nuss: Und das brauchen wir unter anderem mit Leuten, die aus dem Ausland kommen.
Sabine Nuss: Das könnte man auch als antifaschistische Wirtschaftspolitik sehen,
Sabine Nuss: wenn man an diesen Trickle-Down-Effekt glaubt.
Sabine Nuss: Also dass man quasi durch Wachstum, Wirtschaftswachstum, es rieselt dann irgendwie auf alle runter.
Sabine Nuss: Und je mehr ausländische Arbeitskräfte wir haben, die dann fleißig sind und
Sabine Nuss: hier ganz brav arbeiten und so weiter und so fort, das ist doch eigentlich die
Sabine Nuss: antifaschistische Wirtschaftspolitik. Davon müsste man sich dann abgrenzen.
Eva Völpel : Naja klar, aber ich sehe das auch nicht. Also ich sehe nicht,
Eva Völpel : dass dieses Label jetzt von irgendwie den Marktliberalen oder so gekapert wird.
Eva Völpel : Ich glaube, man muss ganz, ganz stark machen, dass es ja tatsächlich,
Eva Völpel : so hat es Isabella Weber ja auch ausgedrückt, es muss um eine Wirtschaftspolitik
Eva Völpel : gehen, die die Bedürfnisse und die Sorgen der vielen ins Zentrum steht.
Eva Völpel : Und das sind wirklich andere Menschen, als die, über die die FDP oder die Union
Eva Völpel : auch gerade ständig reden.
Eva Völpel : Und ich finde jetzt vielleicht nochmal ganz interessant, sich anzugucken,
Eva Völpel : was kann es denn für uns und den Wahlkampf, der uns ja jetzt noch bevorsteht.
Eva Völpel : Was kann das denn heißen?
Eva Völpel : Weil ich meine Isabella Weber, sie sagt Mietendeckel und so oder sie macht sich insgesamt stark.
Eva Völpel : Dafür, dass wir uns mal mit Preisbremsen und Preisdeckeln auseinandersetzen,
Eva Völpel : das finde ich auch total wichtig.
Eva Völpel : Aber was kann das jetzt hier für den
Eva Völpel : deutschen Kontext und den Kampf einer gesellschaftlichen Linken bedeuten?
Eva Völpel : Was würde für dich zum Beispiel noch zu einer antifaschistischen Wirtschaftspolitik gehören?
Sabine Nuss: Also unter antifaschistischer Wirtschaftspolitik, im Grunde genommen ist es
Sabine Nuss: aus meiner Perspektive ein Label, was eher so ein Diskursstrategiemoment in
Sabine Nuss: sich trägt, aber nicht unbedingt jetzt komplett neue Ideen, weil das,
Sabine Nuss: was da von Isabella vorgeschlagen wurde, wie jetzt zum Beispiel Mietenbeschränkungen
Sabine Nuss: in der Form von Mietendeckel zum Beispiel,
Sabine Nuss: das hat ja die Linke in Berlin sogar schon versucht.
Sabine Nuss: Das wurde dann vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen, weil es keine Ländersache sei.
Sabine Nuss: Das heißt aber, es ist auf Bundesebene möglich.
Sabine Nuss: Das wäre ein zentrales Instrument und soweit ich das in Erinnerung habe,
Sabine Nuss: ist die Partei Die Linke die einzige, die das nach vorne trägt und die das auch
Sabine Nuss: tatsächlich angehen wollen würde dann.
Sabine Nuss: Dann kann man aber auch noch ganz viele andere Instrumente, die zu sozialer
Sabine Nuss: Gleichheit, zu mehr sozialer Gleichheit führen würden, nennen.
Sabine Nuss: Und ich finde ein ganz zentrales sind natürlich die rauf und runter diskutierte
Sabine Nuss: Vermögensteuer, die Erbschaftssteuer.
Sabine Nuss: Also ganz grob, dass man den Klassencharakter von der Steuerpolitik mal ein
Sabine Nuss: bisschen aushebelnd, ganz aushebelnd wird man ihn nicht können,
Sabine Nuss: weil dann hätten wir keinen Kapitalismus mehr.
Sabine Nuss: Aber dass man da doch zumindest für ein bisschen mehr Gleichheit in der Steuerpolitik
Sabine Nuss: sorgt, worüber wir ja bei der Januar-Folge sprechen werden.
Sabine Nuss: Und was ich auch ganz wichtig finden würde, dass man tatsächlich gezielt und
Sabine Nuss: bei einzelnen ausgewählten Produkten, wo es auch leicht kontrollierbar ist.
Sabine Nuss: Preisbremsen einführt.
Sabine Nuss: Also bei Energie zum Beispiel auch.
Sabine Nuss: Also ich meine, das mit der Miete wäre ja auch eine Art Preisbremse.
Sabine Nuss: Nicht zu verwechseln mit der Mietpreisbremse, die nicht wirkungsvoll ist, wie wir ja wissen.
Sabine Nuss: Und insofern, finde ich, liegt ja da schon relativ viel vor.
Sabine Nuss: Man könnte das jetzt zusammengefasst unter antifaschistische Wirtschaftspolitik
Sabine Nuss: als dieses Konzept sehen.
Eva Völpel : Ja, da würde ich dir auf jeden Fall zustimmen. Ich meine, ich finde auch,
Eva Völpel : genau, du hast die Preisbremsenfrage angesprochen insgesamt.
Eva Völpel : Das finde ich auch, da müssen wir darüber diskutieren. Also ich finde auch für
Eva Völpel : den Bereich der Nahrungsmittel, auch wenn es schwierig ist, in so einem Feld
Eva Völpel : Preisbremsen durchzusetzen, aber ich finde, damit muss man sich beschäftigen.
Eva Völpel : Und die Linke zumindest geht ja jetzt den Weg, in diesem Wahlkampf sowas zu
Eva Völpel : fordern, das ist nicht genau das Gleiche, überhaupt nicht.
Eva Völpel : Aber die sagt, wir müssen eben, wenn wir jetzt schnell für Veränderungen sorgen
Eva Völpel : wollen, müssen wir an bestimmte Sachen ran.
Eva Völpel : Nämlich unter anderem sagen die, dass die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel-
Eva Völpel : und Hygieneartikel gesenkt werden soll, um einfach mal so einen Punkt zu setzen,
Eva Völpel : was man jetzt schnell tun könnte.
Eva Völpel : Ich weiß, da gibt es auch Kritik dran aus verschiedenen Richtungen,
Eva Völpel : ob das denn so gut wirkt und so weiter.
Eva Völpel : Muss man sich angucken, aber ich finde so dieses, danach zu gucken,
Eva Völpel : wie kann man tatsächlich Erleichterung bringen für die finanziellen Sorgen der
Eva Völpel : vielen, das ist extrem wichtig.
Eva Völpel : Und für mich würde da auf jeden Fall auch eine Investitionsoffensive dazu gehören, aber eben eine,
Eva Völpel : die tatsächlich in die wirkliche Richtung eines sozial-ökologischen Umbaus zielt
Eva Völpel : und dafür würde für mich ganz, ganz maßgeblich dazu gehören,
Eva Völpel : dass man natürlich die soziale Daseinsvorsorge und die sozialen Infrastrukturen ausbaut.
Eva Völpel : Denn das gehört auf jeden Fall dazu.
Eva Völpel : Das muss ineinander greifen, in diesem Bereich auszubauen. Und das hat natürlich
Eva Völpel : ja auch eine Wirkung, die Ungleichheit vermindert, wenn mehr Menschen auf ein
Eva Völpel : größeres Netz an sozialen Infrastrukturen zugreifen können. Das ist ein extrem wichtiger Punkt.
Sabine Nuss: Auf jeden Fall, das ist so eine Art Grundeinkommen in Naturalienform, könnte man sagen.
Eva Völpel : Ja, in Naturalienform und Dienstleistung, auf die man zurückgreifen kann.
Eva Völpel : Das nimmt Druck von den einzelnen Haushalten.
Eva Völpel : Ja und dann natürlich auch, klar, die Lohnfrage ist natürlich auch extrem wichtig.
Eva Völpel : Ein deutlich höherer Mindestlohn, höhere Tarifbindung, die gefördert werden muss.
Eva Völpel : Und was jetzt die Investitionen angeht, da finde ich es nochmal wichtig,
Eva Völpel : dass wir mittlerweile so einen leichten Shift mitbekommen.
Eva Völpel : Also die CDU lehnt jetzt nicht mehr komplett ab, die Schuldenbremse zu reformieren,
Eva Völpel : will aber wenn, dann erst nach der Wahl dran gehen.
Eva Völpel : Und da finde ich es halt ganz wichtig, dass wir jetzt eigentlich nicht mehr
Eva Völpel : nur dafür streiten, diese Schuldenbremse muss weg, sondern dass wir viel deutlicher
Eva Völpel : machen, welche Reform soll denn da unserer Meinung nach kommen.
Eva Völpel : Denn ich sehe die Gefahr, dass wir eine Minimalreform bekommen,
Eva Völpel : vielleicht kriegen auch die Länder ein bisschen höheren Verschuldungsspielraum
Eva Völpel : und dass aber dieser Spielraum, der da kommen wird, der soll vor allen Dingen
Eva Völpel : genutzt werden, um die Verteidigungsausgaben besser finanzieren zu können,
Eva Völpel : um sicher auch was bei der Infrastruktur zu machen.
Eva Völpel : Aber eher dann so im Betoninfrastrukturbereich, Brückenbau, Straßenbau.
Eva Völpel : Für die Bahn wird es sicher dann auch nochmal mehr Mittel geben.
Eva Völpel : Und in der Bildung soll sich auch was tun, hört man auf aus Unionskreisen.
Eva Völpel : Aber auch da ist ja die Frage, wird da in den Beton investiert,
Eva Völpel : also Schulbauten und so weiter.
Eva Völpel : Oder reden wir endlich mal darüber, dass wir hier auch ganz massiv in mehr Personal
Eva Völpel : und bessere Löhne investieren müssen.
Eva Völpel : Also das fände ich auch einfach noch ein wichtiger Punkt, um eine Zukunft zu
Eva Völpel : entwerfen, die für die vielen wirklich lebenswerter ist.
Sabine Nuss: Ja, vor allen Dingen auch, weil du von Investitionen gesprochen hast,
Sabine Nuss: dass wenn man mehr Investitionen fordert, dann ist da ja auch unterschiedliches gemeint.
Sabine Nuss: Entweder der Staat investiert selbst und baut selbst, egal was,
Sabine Nuss: oder aber der Staat gibt Subventionen an Unternehmen, damit die investieren.
Sabine Nuss: Und im letzten Fall würde ich halt sagen, dass diese Investitionen dann nicht
Sabine Nuss: renditeorientiert eingesetzt werden dürfen,
Sabine Nuss: sondern wie du auch gesagt hast, gebunden an Konditionen wie Arbeitsbedingungen,
Sabine Nuss: Naturverbrauch, Klima und sozialökologischer
Sabine Nuss: Umbau, wenn es jetzt in die Industrie geht zum Beispiel.
Sabine Nuss: Und was ich aber auch noch sagen möchte, ist, dass wir ja einen großen Anteil
Sabine Nuss: von Menschen in dieser Gesellschaft haben, die nicht erwerbstätig sind,
Sabine Nuss: aus verschiedensten Gründen,
Sabine Nuss: oftmals unfreiwillig, weil sie jemanden pflegen müssen, weil sie Kinder großziehen
Sabine Nuss: müssen, weil sie Care-Arbeit machen müssen.
Sabine Nuss: Und die würden sehr davon profitieren, wenn man dieses ganze Feld der Daseinsvorsorge
Sabine Nuss: sehr viel stärker ausbauen würde, damit man die auch mal zur Wirtschaft zählt,
Sabine Nuss: die ja immer rausdividiert werden.
Sabine Nuss: Das ist mir jetzt auch nochmal wichtig, diesen Aspekt reinzubringen.
Sabine Nuss: Als letzter Punkt jetzt von meiner Seite nochmal, ich finde du hast jetzt alles
Sabine Nuss: Wichtige dann auch schon gesagt, man kann ja auch einfach mal das Programm der
Sabine Nuss: Partei Die Linke angucken, wenn ich jetzt hier mal so ganz blöd Werbung machen
Sabine Nuss: darf und nicht immer diesen blöden Wahl-O-Mat, Entschuldigung,
Sabine Nuss: aber dieser Wahl-O-Mat,
Sabine Nuss: alle die ich kenne, die keine Zeit und keine Lust haben,
Sabine Nuss: Programme anzugucken, machen den Wahl-O-Mat und der ist wirklich extrem verkürzt.
Sabine Nuss: Also ich finde den gar nicht so toll, wie alle immer sagen.
Sabine Nuss: Also Programme lesen bitte, ist ja jetzt auch nicht so wahnsinnig viel,
Sabine Nuss: aber worauf ich nochmal hinaus möchte ist.
Sabine Nuss: Der öffentliche Diskurs, die Ideologie, die ist so wirkmächtig,
Sabine Nuss: also nur das Privates effizient, wir müssen das freie Unternehmertum fördern
Sabine Nuss: und der Staat ist schlecht und muss sich raushalten.
Sabine Nuss: Das ist so wahnsinnig verankert, dass das für mich noch ein extra Feld ist auf
Sabine Nuss: dem, was passieren muss.
Sabine Nuss: Also ich betrachte das genauso wie in der Praxis Dinge zu machen oder von der
Sabine Nuss: Politik Dinge zu fordern, ein
Sabine Nuss: Reframing des öffentlichen Diskurses und der Ideologie als ganz wichtig.
Sabine Nuss: Und da würde ich nur ein Beispiel nennen wollen.
Sabine Nuss: Es gilt ja eigentlich, glaube ich, mehr oder weniger würden da alle zustimmen,
Sabine Nuss: so ein Freiheitsbegriff, der bedeutet, die Freiheit der einen endet da,
Sabine Nuss: wo sie die Freiheit des anderen einschränkt.
Sabine Nuss: Und da würde ich mal sagen, haben wir so, dass dieses berühmte freie Unternehmertum
Sabine Nuss: und die Freiheit des Marktes und so weiter die Freiheit von so vielen Menschen einschränkt,
Sabine Nuss: dass man das immer mitsagen muss, dass nämlich der eigentlich hochgehaltene
Sabine Nuss: Freiheitsbegriff hierzulande überhaupt nicht gilt.
Sabine Nuss: Und das ist nur ein Punkt von so einem Reframing, den man als eigenes Feld,
Sabine Nuss: auf dem man besser und lauter werden muss, auch noch mitnennen muss,
Sabine Nuss: wenn wir über antifaschistische Wirtschaftspolitik sprechen.
Sabine Nuss: Weil nämlich, ihr habt das jetzt bestimmt auch mitgekriegt, ich spreche jetzt
Sabine Nuss: von ihr, weil ich hier noch Andreas, unseren tollen Tontechniker,
Sabine Nuss: mit adressiere, der auch immer interessiert hier mit zuhört,
Sabine Nuss: dass Christian Lindner sich gerade positiv bezogen hat auf diesen crazy Clown
Sabine Nuss: in Argentinien, diesen Präsidenten dort und zugleich auf Elon Musk.
Sabine Nuss: Also die zwei schlimmsten Karikaturen der neoliberalen Ideologie hat er sich
Sabine Nuss: positiv darauf bezogen, wegen ihrer disruptiven,
Sabine Nuss: sehr stark und krass verändernden und des Strukturen zerstörenden Wesens.
Sabine Nuss: Und wenn man sich mal anguckt, was in Argentinien passiert, natürlich wird da
Sabine Nuss: alles zurückgefahren, was der Staat da macht.
Sabine Nuss: Also Investitionen hat er irgendwie eingestellt und Bedienstete entlassen und, und, und, und.
Sabine Nuss: Und die Armutsquote ist massiv gestiegen, soweit ich das verfolgt habe.
Sabine Nuss: Und was wir von Elon Musk zu erwarten haben, da will ich gar nicht drüber nachdenken.
Sabine Nuss: Das ist aber, da drüber steht die Freiheit. Auch Twitter haben sie unter dem
Sabine Nuss: Label der Rede Freiheit.
Sabine Nuss: Freiheit, Freiheit, Freiheit ist sozusagen das Mega-Argument,
Sabine Nuss: was glaube ich total zieht bei vielen, vielen Menschen.
Sabine Nuss: Und deshalb müssen wir diesen Freiheitsbegriff komplett hinterfragen als Teil
Sabine Nuss: der antifaschistischen Wirtschaftspolitik.
Eva Völpel : Ja, da gebe ich dir auf jeden Fall recht und das finde ich ist auch nochmal
Eva Völpel : ein schöner Aspekt zum Abschied, ein wichtiger Aspekt, denn wir sind jetzt am
Eva Völpel : Ende dieser Folge des Wirtschafts-Podcasts des Armutszeugnisses angekommen.
Eva Völpel : Sabine, ich muss dich fragen, hast du noch ein Mitbringsel? Ich habe keins.
Sabine Nuss: Ich habe eins. Also ich habe mir ein Mitmach-Mitbringsel überlegt.
Sabine Nuss: Und zwar habe ich gedacht, es steht ja Weihnachten vor der Türe und ihr,
Sabine Nuss: die ihr uns jetzt hier gerade lauscht, dürft euch Themen wünschen.
Sabine Nuss: Wir können jetzt nicht versprechen, dass wir alle Themen dann tatsächlich umsetzen,
Sabine Nuss: wenn es jetzt Massen sind, die ihr uns schickt.
Sabine Nuss: Vielleicht guckt ihr auch noch nochmal genauer an, was wir in der Vergangenheit schon gemacht haben.
Sabine Nuss: Dann werden Eva und ich das im neuen Jahr sondieren oder sortieren und dann
Sabine Nuss: im Februar euch nochmal davon berichten, was davon wir umsetzen wollen.
Sabine Nuss: Also sozusagen unser Weihnachtsgeschenk an euch.
Eva Völpel : Und das könnt ihr uns alle schicken unter der E-Mail-Adresse armutszeugnis-at-rosalux.org.
Eva Völpel : Mir bleibt jetzt eigentlich nur noch zu sagen, macht es gut und habt hoffentlich
Eva Völpel : dann auch ein paar erholsame Weihnachtsfeiertage. Bis bald.
Sabine Nuss: Tschüss.
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